Berlin. . Peer Steinbrück setzt auf die Kraft der SPD-Länder: Der Kanzlerkandidat der Sozialdemokraten stellt mit neun Ministerpräsidenten ein milliardenschweres Investitionspakt vor. Die SPD-Länder machen im Bundesrat Druck für Mindestlohn und die Begrenzung von Leiharbeit.

Kanzlerkandidat Peer Steinbrück und die SPD-Spitze setzen im Vorwahlkampf jetzt massiv auf die Stärke der Sozialdemokraten in den Ländern: Steinbrück stellte am Donnerstag zusammen mit den SPD-Ministerpräsidenten einen Plan für einen milliardenschweren Investitionspakt vor. Mit ihrer Mehrheit im Bundesrat macht die SPD am Freitag gemeinsam mit den Grünen Druck für umfassende Arbeitsmarktreformen, sie wollen so die Bundesregierung treiben.

Steinbrück traf sich mit den neun SPD-Länderchefs demonstrativ zu einer Ministerpräsidentenkonferenz, zu der sonst eigentlich die Kanzlerin einlädt. Danach legte er gemeinsam mit Ministerpräsidentin Hannelore Kraft ein Konzept vor, wie im Falle neuer Mehrheiten der Investitionsstau bei Infrastruktur, Bildung und in den Kommunen abgebaut werden soll: „Die Regierung Merkel lebt seit Jahren von der Substanz“, klagte Steinbrück, die Hinterlassenschaft unterbliebener Investitionen werde künftige Regierungen noch viele Jahre beschäftigen.

Zehn Milliarden Euro für Bildung

Allein zwei Milliarden Euro zusätzlich soll der Bund nach dem SPD-Plan in den Aus- und Neubau von Verkehrswegen investieren, vorrangig in die Beseitigung von Engpässen. Mehr Geld soll es auch für die Städtebauförderung geben, die Kommunen würden zudem um mindestens vier Milliarden Euro jährlich entlastet und von einem neuen Infrastruktur-Kreditprogramm profitieren. Zehn Milliarden Euro zusätzlich würde der Bund unter Steinbrücks Führung in den Bildungsbereich stecken, etwa in den Ausbau von Ganztagsschulen, Gebührenfreiheit von der Kita bis zur Uni oder ein höheres Bafög.

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Von Daniel Freudenreich und Christian Kerl

Mit dem Vorstoß will die SPD auch die Kritik an den von ihr geplanten Steuererhöhungen entkräften, denn die auf 20 bis 25 Milliarden Euro geschätzten Steuermehreinnahmen sollen diese Investitionen maßgeblich finanzieren.

Ein Zehn-Punkte-Plan für „Gute Arbeit“ soll unterdessen auch im Bundesrat den Gestaltungsanspruch der SPD und der von ihr geführten Landesregierungen markieren: Den Vorstoß unter anderem für einen gesetzlichen Mindestlohn und strengere Auflagen bei Leiharbeit und Minijobs wird die Länderkammer heute mit ihrer rot-rot-grünen Mehrheit beschließen, eine spätere Ablehnung im Bundestag ist allerdings sicher.

1,4 Millionen Aufstocker

NRW-Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD) sagte der WAZ Mediengruppe: „Mit dieser Initiative wollen wir prekäre Beschäftigung zurückschrauben.“ Es sei ein „Skandal“, dass Deutschland zwar reich sei, aber mit den höchsten Anteil an Niedriglohnbeschäftigung habe.

In dem Konzept fordern die Länder einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von mindestens 8,50 Euro brutto. Binnen zehn Jahren habe sich die Zahl der Niedriglohnbeschäftigten verdoppelt. Rund 1,4 Millionen Arbeitnehmer müssten aufstocken, weil ihr Gehalt nicht reiche. „Das sind unfaire Arbeitsbedingungen, Menschen müssen von ihrer Arbeit leben können“, sagte Schneider.

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Zu den Schwerpunkten der Initiative zählt außerdem die gleiche Entlohnung von Leiharbeitern und Festangestellten nach einer „kurzen Einarbeitungszeit“. Künftig sollen Arbeitnehmer von außen nur noch in Vertretung oder bei Auftragsspitzen hinzugeholt werden, damit sie keine regulären Jobs verdrängen. Der Bundesrat wird auch dazu auffordern, den Missbrauch von Werkverträgen zu verhindern. Arbeitnehmer erhielten hier zum Teil nur sechs Euro in der Stunde, die Arbeitgeber umgingen so die Lohnuntergrenzen in der Leiharbeit.

Mit dem Vorstoß bekräftigen die Länder die Forderung nach gleichen Löhnen für Männer und Frauen. Der Antrag sieht auch vor, das Kurzarbeitergeld auf zwölf Monate zu erhöhen und die Regelungen für Minijobs zu verschärfen: Auch für sie müsse der Mindestlohn gelten, Arbeitnehmerrechte etwa auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall sollen durchgesetzt werden.