Athen. Finanzminister Wolfgang Schäuble und Außenminister Guido Westerwelle verlieren die Geduld mit Griechenland. Beide fordern von der griechischen Regierung, mit dem Reden aufzuhören und mit dem Handeln zu beginnen. Dabei zeichnet sich ab, dass die Griechenland-Rettung teurer wird.
Die Einigung mit den Banken auf einen Schuldenerlass für Griechenland ist am Freitag zwar näher gerückt. Doch neben dem Verzicht des Privatsektors wird auch mehr öffentliches Geld gebraucht, um die Hellenen vor der baldigen Pleite zu bewahren. Das festgelegte Ziel, den Schuldenstand Athens bis 2020 auf die erträglichen 120 Prozent zu senken, sei in den Verhandlungen mit den Banken "nicht ganz zu erreichen", sagte Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker der österreichischen Zeitung "Der Standard". EU-Währungskommissar Olli Rehn hatte schon am Donnerstag in Davos gewarnt, dass eine Lücke klaffe. Laut Medienberichten fehlen zwölf Milliarden Euro.
Berlin reagierte genervt auf die neuen Forderungen, ohne die Tür jedoch ganz zuzuschlagen. Derartige Spekulationen hätten derzeit keinen Sinn, weil der Bericht der Troika noch nicht vorläge, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. Zudem müsse erst der Abschluss der Verhandlungen der Griechen mit den Privatgläubigern abgewartet werden. Die Regierung sei "zuversichtlich", dass sich der bislang gesteckte Rahmen herbeiführen lasse. Der sieht vor, dass Banken und Versicherungen 100 Milliarden Euro beisteuern und die solventen Euroländer 130 Milliarden Euro.
Schäuble reißt der Geduldsfaden
Auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle warnte mit Blick auf den Gipfel am Montag davor, "auf jeder Veranstaltung neue Milliarden ins Schaufenster zu stellen". Zwar sei Deutschland solidarisch, "entscheidend aber ist, dass die Länder, die nach Solidarität nachfragen, ihre Reformprogramme erledigen müssen".
Und dabei hakt es in Athen noch immer gewaltig. Die Troika-Experten von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds prüfen seit zwei Wochen die griechischen Fortschritte und ihre bisherigen Signale sind verheerend. "Ankündigungen haben wir genug, jetzt muss die Regierung in Athen handeln", sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble der "Stuttgarter Zeitung". "Die Regierung strengt sich zwar an, doch die Strukturreformen kommen zu langsam voran", konstatierte auch Eurogruppenchef Juncker im "Handelsblatt". Und doch will der Luxemburger den Hellenen mehr Zeit geben und bringt deswegen einen Schuldenschnitt auch der Europäischen Zentralbank oder der Eurostaaten ins Gespräch. Das halte er "nicht für völlig absurd".
Banken wollen Zins unter vier Prozent akzeptieren
Die Privatgläubiger sind anscheinend bereit, einen durchschnittlichen Zinssatz von unter vier Prozent für neue Staatsanleihen zu akzeptieren. Das meldete die Finanznachrichtenagentur Dow Jones am Freitag unter Berufung auf eine mit den Verhandlungen vertraute Person. Das jüngste Angebot sehe einen Durchschnittszins von 3,7 bis 3,8 Prozent vor.
Bislang hatte der internationale Bankenverband IIF, der die Interessen der meisten privaten Gläubiger vertritt, auf einer Untergrenze von vier Prozent bestanden. Ein Sprecher von IIF-Chef Charles Dallara bestätigte den neuen Vorschlag auf Nachfrage nicht. Die Verhandlungen sollten am Abend in Athen fortgesetzt werden. EU-Währungskommissar Rehn sagte in Davos, er hoffe auf einen Deal "wenn nicht heute, dann vielleicht am Wochenende".