München. . Erstmals ist in Deutschland ein Kind Opfer der aktuellen Ehec-Epidemie geworden. In Niedersachsen starb ein zweijähriger Junge. Derweil ebbt die Ehec-Erkrankungswelle aber ab.

Zum ersten Mal ist in Deutschland ein Kind an den Folgen einer Ehec-Infektion gestorben. Ein zweijähriger Junge aus dem niedersächsischen Landkreis Celle starb in der Nacht zum Dienstag in Hannover, wie ein Sprecher des Landkreises auf Anfrage bestätigte. Der Junge war demnach bereits seit mehreren Tagen intensivmedizinisch betreut worden. Damit erhöhte sich bundesweit die Zahl der Todesopfer infolge EHEC auf mindestens 36. Der bisher jüngste Todesfall im Zusammenhang mit dem derzeit grassierenden EHEC-Erregertyp war nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) eine 20-jährige Frau.

Ansonsten ist die Zahl der Ehec-Neuerkrankungen dem Robert-Koch-Institut (RKI) zufolge deutlich zurückgegangen. Die Ehec-Welle ebbe bundesweit ab, bestätigte auch Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder, der am Dienstag gemeinsam mit Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner (beide CSU) einen Gemüseanbaubetrieb in Nürnberg besuchte. Diese sicherte den Bauern, die wegen der Ehec-Krise ihre Produkte nicht verkaufen konnten, rasche Hilfe zu.

Höhepunkt der Erkrankungswelle Ende Mai

Seit einigen Tagen würden Erkrankungen am Hämolytisch-Urämischen Syndrom (HUS) oder Ehec auf deutlich niedrigerem Niveau übermittelt, teilte das RKI in Berlin mit. Drei Viertel der gut 3200 Ehec/HUS-Fälle stammten aus Schleswig-Holstein- Hamburg, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Betroffen seien aber alle Bundesländer. Die höchste Zahl an Ehec/HUS-Fällen registrierte die Behörde im Zeitraum vom 21. bis 23. Mai. Seitdem sei ein kontinuierlicher Rückgang zu beobachten. In NRW kamen von Montag auf Dienstag drei neue Ehec-Fälle hinzu.

Söder sagte, es könne Entwarnung gegeben werden, was den Anstieg der Erkrankungen angehe. In Bezug auf den Ehec-Erreger, der jüngst auf einem Salat in Fürth gefunden worden war, sagte er, es sei "äußerst unwahrscheinlich", dass es sich dabei um den gefährlichen Typ des Bakteriums handele. Von den mehr als 600 Lebensmittelproben, die in Bayern gezogen worden seien, sei nur diese eine positiv gewesen.

Befragung der Mitarbeiter in Bienenbüttel geht weiter

Der Verdacht konkretisierte sich, dass der gefährliche Erreger des Stamms O104:H4 über Sprossen eines niedersächsischen Betriebes verbreitet wurde. Unklar ist noch, wie das Bakterium auf den Hof gelangte. Möglicherweise war das Saatgut verunreinigt.

Die Behörden setzten am Dienstag die Befragung der Mitarbeiter des Betriebes in Bienenbüttel fort. Sie sollten über ihre Ernährungsgewohnheiten Auskunft geben, sagte der Sprecher des Gesundheitsministeriums in Hannover, Thomas Spieker. Nach der Befragung von neun der mehr als 20 Beschäftigten hatte sich ergeben, dass die Ehec-Welle möglicherweise auf den Genuss von Brokkoli-, Bockshorn- oder Knoblauchsprossen zurückgeht.

Die drei Arten wurden bevorzugt von fünf Mitarbeiterinnen des Betriebes verzehrt, die an Durchfall erkrankten oder positiv auf Ehec getestet waren. Dies deutet darauf hin, dass das Saatgut verunreinigt gewesen sein könnte. Das Bundesinstitut für Risikobewertung hielt die Warnung aufrecht, wonach vorsichtshalber auch keine selbstgezogenen Sprossen mehr verzehrt werden sollen.

Aigner verspricht Bauern rasche Hilfe

Wegen der anfänglichen Warnung vor bestimmten Produkten und der Angst der Verbraucher vor rohem Gemüse haben die Bauern teils massive wirtschaftliche Einbußen erlitten. Aigner, die am Nachmittag auch einen Landwirtschaftsbetrieb in Schleswig-Holstein besuchen wollte, versprach ihnen deshalb rasche Hilfe. Auf Landes-, Bundes- und europäischer Ebene werde darüber beraten, wie man möglichst schnell helfen könne, sagte die CSU-Politikerin in Nürnberg. Von der Landwirtschaftlichen Rentenbank sollten den Betroffenen zinsgünstige Kredite zur Verfügung gestellt werden. (dapd)