Witten. . Er habe die Situation wohl falsch eingeschätzt. Das gab jetzt ein Polizist im Prozess um die beinahe tödliche Messerattacke in einer Wittener Werkstatt zu. Der Angeklagte habe wohl im Vorfeld der Tat Todesdrohungen gegen seine Ex-Frau und ihren neuen Freund, den Werkstatt-Mitarbeiter, ausgesprochen.
Im Prozess um die beinahe tödliche Messerattacke in einer Wittener Werkstatt hat ein Polizist am Montag vor dem Bochumer Landgericht Fehler eingeräumt. Er kannte die vorausgegangenen Bedrohungen des Angeklagten gegen das spätere Opfer. Die Situation habe er „wohl falsch eingeschätzt, das muss ich eingestehen“.
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Es gab im Vorfeld der Tat Hinweise auf Todesdrohungen durch den Angeklagten gegen seine Ex-Frau und ihren neuen Freund, den Werkstatt-Mitarbeiter - wohl aus Eifersucht. Mehrmals bekam er von der Polizei Warnungen, die Sache könne ein Fall für den Staatsanwalt werden, der Mann, der von seiner Betreuerin als ruhig und zurückhaltend beschrieben wird. Seine Ex-Frau bekam zunächst Polizeischutz, letztlich kam sie ins Frauenhaus - ihr später niedergestochener neuer Freund wurde offenbar nicht als so stark gefährdet eingestuft. Ein Fehler?
Keine Ermittlungen gegen Polizist
Zumindest der zuständige Polizeibeamte sprach in diesem Zusammenhang selbstkritisch von der Fehleinschätzung. Er hatte mehrfach mit dem 38-jährigen Bochumer zu tun, hielt zwei sogenannte Gefährderansprachen, konfrontative Gespräche mit jemandem, der als gefährlich eingestuft wird, um eine mögliche Tat zu verhindern. Die Staatsanwaltschaft sah keine hinreichenden Gründe, um ein Ermittlungsverfahren gegen den Polizisten einzuleiten, was bei grober Fahrlässigkeit möglich wäre.
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Indes wurde die angebliche Auseinandersetzung zwischen dem 38-Jährigen und seinem Opfer in der Werkstatt durch Verlesung protokollierter Aussagen des Angeklagten konkreter. Er habe den „Nebenbuhler“ zur Rede stellen wollen, sei dann von diesem mit einer Pistole bedroht worden und habe sich dann hinter einem Auto versteckt, wo er ein Messer gefunden habe. „Ich bring dich um“, soll der Werkstatt-Mitarbeiter gedroht haben. Beide Männer sollen sich kurz darauf gegenüber gestanden haben, nachdem die Waffe eine Ladehemmung hatte, stach der Bochumer fünfmal zu.
Notwehr?
Diese Situation könnte prozessentscheidend werden. War die Messerattacke Notwehr? Noch lassen sich die Prozessbeteiligten nicht in die Karten schauen. Möglicherweise war das Notwehrrecht des mutmaßlichen Messerstechers auch eingeschränkt, da er zuvor ja selbst Todesdrohungen ausgesprochen habe, heißt es nur. Juristische Feinheiten, die den 38-Jährigen am Ende bis zu elf Jahre hinter Gitter bringen könnten - oder eben nicht.
Das Opfer, auch das wurde am Montag bekannt, arbeitete hauptberuflich in Dortmund, nur zeitweise in der Wittener Werkstatt. Dass der mutmaßliche Täter sein Opfer dort vorfand, war wohl letztlich ein trauriger Zufall. Der Prozess wird am Dienstag am Bochumer Landgericht fortgesetzt. Zu Wort kommen soll der Kfz-Mechaniker. Er könnte weiteres Licht ins Dunkel des 26. Oktober 2013 bringen.