Witten. . Der Prozess um den Wittener “Macheten-Mann“, der mehrere Menschen im Wahn angegriffen haben soll, erweist sich als knifflig. Jetzt hat das Bochumer Landgericht die Sachverständigen und ihre Diagnosen kritisiert - ein neues Gutachten soll den schwierigen Fall klären.

Es ist ein Paukenschlag im Prozess um den „Macheten-Mann“: Die Erste Strafkammer des Bochumer Landgerichts kritisierte am Mittwoch offen die bisher beauftragten Sachverständigen und deren Diagnosen. Nun sollen zwei neue Experten ein weiteres Gutachten erstellen, um herauszufinden, wie gefährlich der 32-Jährige für die Allgemeinheit ist. Es steht zu viel auf den Spiel.

In dem sogenannten Sicherungsverfahren, das schon seit dem 9. Dezember läuft, geht es darum, ob der Wittener gemeingefährlich ist und in eine geschlossene Psychiatrie muss oder nicht. Der Mann leidet unter einer Schizophrenie, hört Stimmen und fühlt sich verfolgt.

Er gilt als schuldunfähig, eine Freiheitsstrafe scheidet daher aus, falls die neuen Gutachter nichts Gegenteiliges feststellen. Im Wahn hatte er einen Fußgänger auf dem Rheinischen Esel mit einer Machete angegriffen, einen Pfleger durch eine Tür gerammt und war mit einem Beil in eine Wohnung eingestiegen.

Mehr Aufklärung erhofft

Die bisher beauftragten Gutachter sollten herausfinden, ob der 32-Jährige in Zukunft „mit überwiegender Wahrscheinlichkeit weitere schwere Straftaten“ begehen wird oder nicht. Einer von ihnen hatte am vergangenen Prozesstag erklärt, dass er wieder zu Machete oder Beil greifen könnte, „möglicherweise in gesteigerter Form“. Für Richter Dr. Michael Rottkemper ist diese Aussage zu schwammig.

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Die entscheidende Frage, was vom Angeklagten in Zukunft zu erwarten ist, hätte das erfahrene Sachverständigen-Duo nicht beantwortet, so Rottkemper. Mehr noch: Sie hätten auf Nachfragen „mimosenhaft“ reagiert. Tatsächlich kam es zu teils lauten Diskussionen zwischen Gericht und den Experten.

Richter muss über komplizierten Fall entscheiden

„Der Fall ist nicht so leicht, dass man schnell entscheiden könnte“, sagte der Richter. Die Kammer will ausschließen, dass ein gefährlicher Mann frei herum läuft, aber auch, dass der Wittener womöglich ungerechtfertigt in die geschlossene Psychiatrie eingewiesen wird. Eine Gratwanderung.

Mehr Aufklärung erhofft sich das Gericht von den neuen Gutachtern aus Mönchengladbach beziehungsweise Waltrop. Sie müssen sich einen Eindruck vom Angeklagten verschaffen, bergeweise ärztliche Akten wälzen, rund 50 Seiten Prozessdokumente mit sämtlichen Zeugenaussagen studieren – kurz: eine Mammut-Aufgabe. Der Prozess, dessen Ende eigentlich für gestern angedacht war, verschiebt sich um Wochen. Möglicherweise müssen mehrere Opfer vor Gericht nochmals aussagen.

Morddrohungen gegen Pfleger

Der 32-Jährige ist derzeit in einer Psychiatrie in Lippstadt untergebracht. Ein ehemaliger Arzt des Witteners berichtete von Morddrohungen gegenüber Pflegern, einmal war er in Rage nur mit 13 Angestellten unter Kontrolle zu bringen.

Dagegen beschreiben Leute, die den Vater einer Tochter kennen, als zuvorkommend. Vor Gericht wirkt er ruhig, er scherzt sogar zwischendurch. Für die neuen Gutachter gilt es, seine zwei Gesichter richtig zu deuten.