Witten. Mit dem Rollator über den Spezialparcours und dann auf die Straße: Unsere Zeitung schickte einen Reporter auf Probefahrt. Natürlich erst, nachdem er sich bei Betroffenen kundig gemacht hat. Anlass ist der “Deutsche Rollatortag“ am Freitag.

Einen 52-Jährigen mit gesunden Beinen auf eine Rollator-Testfahrt zu schicken, ist das nicht Hohn gegenüber Menschen, die auf so ein Gefährt angewiesen sind? Nicht, wenn ich mich erst bei Betroffenen kundig mache. Zweitens kann es helfen, die Wägelchen zu „entstigmatisieren“ – ein Ziel des „Deutschen Rollatortags“ am Freitag. Denn: Immer mehr Menschen sind drauf angewiesen, aber viele genieren sich noch.

Die Experten

„Man darf einfach nicht zu eitel sein“, sagt meine Schwiegermutter. „Ich habe Freundinnen, die humpeln lieber, als mit so einem Ding herumzufahren“, verrät die 72-Jährige. Sie selbst fühlt sich mit dem Rollator „total sicher, viel besser als mit dem Stock“. Sie hat aber auch schon den zweiten: Das erste Modell war zu schwer und ließ sich nicht zusammenklappen.

Meine Mutter (94), die ich als zweite Expertin hinzuziehe, warnt mich vor allem vor den Stolperfallen. Eine alte Schulkameradin ist an einer Verkehrsinsel böse gestrauchelt. „Sie wollte mit Tempo hinauf, und ist über ihr eigenes Fahrzeug gefallen.“ Und die Höhe muss stimmen: „Wir alten Menschen neigen ja dazu, immer krümmer zu gehen. Aber der Rollator darf nicht zu niedrig sein, sonst fällt man auch.“

Auf die Piste

Grau ist alle Theorie. Es hilft nichts: Ich muss auf die Piste! Für die Runde auf dem Rollator-Parcours am Sanitätshaus Kaiser lasse ich mir bewusst ein „Steinzeit-Modell“ geben: 12 Kilo schwer, starrer Korb, keine Extras. Und damit’s nicht zu einfach wird, stecke ich mir noch zwei große Kieselsteine in jeden Schuh. Die Höhe der Griffe stellt Michael Kaiser („schön aufrecht stehen“) noch optimal ein, dann geht’s los. Beim Slalom um die ersten Hütchen eiere ich etwas um die Kurve (die Steine!), ansonsten kein Problem. Wägelchen abstellen und auf den Stuhl setzen, auch das krieg ich hin, weiß ich doch von meiner Mutter: „Und immer die Bremse feststellen!“ Für den „Rollator-Führerschein“ kriege ich hier einen kleinen Abzug: Vor dem Hinsetzen muss man den Rollator möglichst nah zu sich heranziehen. Das macht’s einfacher, wenn man wieder aufstehen will.

Wo der Rollator gerade steht, kann man sich ja mal draufsetzen. Die Geräte würden im Alltag zusehends als „rollende Parkbank“ eingesetzt, sagt der Vertreter des Herstellers. Sitzt sich bequem, die Bank, rollen darf sie jetzt natürlich nicht.

Reise mit Hindernissen

Jetzt soll ich den Rollator zusammenklappen. Es hakt ein wenig. Und beim Hochheben geht das blöde Ding von alleine wieder auf. Die aktuellen Produkte, sehe ich später, lassen sich mit einem kleinen Ruck schließen und öffnen, einfach wie ein Regenschirm.

Der Mini-Parcours ist fast geschafft. Es geht über drei flache Fußmatten, da rüttelt’s nur ein bisschen. Das Ziel schon vor Augen muss ich nur noch drei höhere Schaumstoffplatten meistern – die symbolische Bordsteinkante. Schon passiert’s: Plumps, der Wagen kippt vornüber, der Rucksack fliegt aus dem Korb, ich liege auf den Knien!

Freie Wildbahn

Ich rappele mich auf, jetzt will ich’s aber richtig wissen. Ich verlasse die Teststrecke und begebe mich in die freie Wildbahn. Ich holpere über das Kopfsteinpflaster von Drei Könige, dann zur Staßenbahnhalte­stelle: Peng, jetzt bleibe ich am richtigen Bordstein hängen, der Rucksack macht wieder den Abflug.

Ich schiebe ratlos zum Sanitätshaus zurück. „Muss man den Wagen über jede Kante tragen, oder wie geht der Trick?“, frage ich die Fachleute. Sie zeigen mit die Fußraste an den neuen Modellen. Auf den „Entenschnabel“ muss man nur leicht drauftreten, schon kippt der Rollator zurück. Ganz einfach, wenn man’s weiß.

Fazit

Auch beim Rollatorfahren ist noch kein Meister vom Himmel gefallen. Mit einer guten Einweisung und etwas Übung klappt das schon. Und jetzt: Nichts wie Schuhe aus und weg mit den Steinen!