Witten. .

„Dies ist ein kleiner Hilferuf, weil uns das Wasser bis zum Hals steht“, sagt Hartmut Claes (54). Der Geschäftsführer des Caritasverbands Witten fordert die Politiker auf, „die Vergütung der Betreuungsvereine auf ein auskömmliches Niveau anzupassen“.

Claes tut dies nicht zum ersten Mal. Bereits im Herbst 2010 nahm er die Diätenerhöhung der NRW-Landespolitiker zum Anlass, darauf hinzuweisen, dass seit dem Inkrafttreten des Gesetzes über die Vergütung von Betreuern im Jahr 2005 die Sätze nicht ein Mal angehoben worden seien. 44 Euro beträgt seitdem die Stundenpauschale, die das Land zahlt. Gestiegen, so Claes, seien für den Betreuungsverein allerdings Personalkosten sowie Kosten für Miete, Energie und Sachausgaben. Mittlerweile betrage das Defizit rund 22 000 Euro pro Jahr. Zum Vergleich nennt Claes das ambulant betreute Wohnen für Suchtkranke: Dort betrage die Stundenpauschale 51 Euro. „Damit“, sagt Claes, „kämen wir ja aus.“

Helen Hornung (49) und Heike Terhorst (41) betreuen 70 Menschen ab 18, die etwa aufgrund psychischer Probleme oder geistiger Behinderung auf Hilfe angewiesen sind. Eine dritte Betreuerin, Eva Nixdorf-Markowski (40), ist gerade im Erziehungsurlaub. „Dafür haben wir eine Hilfe vom Jobcenter bekommen, die uns zeitaufwendige Wege abnimmt“, sagt Helen Hornung.

Weil sich auch nach dem letzten Appell an die Politiker nichts tat, hat Claes vor Weihnachten Briefe an die Bundestagsabgeordneten Ralf Brauksiepe (CDU) und Christel Humme (SPD) verschickt. Nur von Brauksiepe erhielt er eine Antwort: Zum Thema gebe es seit 2009 eine Arbeitsgemeinschaft, die aber bislang zu keinem Ergebnis gekommen sei.

Claes versteht die Welt nicht mehr: „Bei Diätenerhöhungen sind sich die Politiker doch auch parteiübergreifend schnell einig.“ Er vermutet, dass „die Klientel, die wir da vertreten, einfach unattraktiv für die Politiker ist“. Wenn jene allerdings in Sachen Pflege tatsächlich ernst machen wollen mit dem Motto „ambulant vor stationär“, dann, so Claes, sollten sie sich Gedanken machen, „wie wir lebensfähig bleiben“. Denn, so schlimm sich das anhöre und so wenig das von den Betreuerinnen gewollt sei: Ein Heimbewohner sei versorgt und mache deutlich weniger Arbeit.

Während die anderen drei Betreuungsvereine im EN-Kreis (Lebenshilfe Schwelm, Johanniter Ennepetal, Diakonie Witten) mittlerweile aufgegeben haben, kann der Verein der Caritas nur überleben, weil „wir massiv abgespeckt haben“: Verwaltungskraft, Azubi und Zivi gibt’s längst nicht mehr. „Wir machen das alles alleine“, sagt Helen Hornung. Aber sie sagt auch: „Viel mehr geht nicht.“