Witten-Annen. Müll, Urinpfützen, kaputte Schaukästen und eine schlecht beleuchtete Unterführung - Annens Bahnhof ist wahrlich kein Prachtexemplar, viele Bürger empfinden ihn als Zumutung. Die Bahn hingegen sieht keinen Handlungsbedarf, eine Sanierung sei jedenfalls nicht geplant.

Volle Müllsäcke auf den Gleisen, Schaukästen ohne Glasscheiben und ohne Inhalt. Annens Bahnhof ist wahrlich kein Prachtexemplar, doch die Unterführung, die jeder Reisende durchqueren muss um zum Bahnsteig zu gelangen, empfinden viele hier als Zumutung.

Beschmierte Wände, bröckelnder Putz, auf dem Boden eine Wasserlache, die man trockenen Fußes kaum überqueren kann, in der Luft der beißende Geruch von Urin. So zeigt sich die Unterführung an einem ganz gewöhnlichen Wochentag. Zwei Neonröhren des ohnehin schon dunklen Durchgangs scheinen defekt zu sein, auf Nachfrage teilt die Bahn mit, manche Röhren seien tagsüber ausgeschaltet. Gegen Mitternacht ist es hier dann tatsächlich heller als tagsüber, doch die „ausgeschalteten“ Röhren bleiben auch jetzt dunkel. Ansonsten: dichte Spinnenweben, Löcher im Mauerwerk, auf dem Handlauf der Treppe prangen Aufkleber, Kritzeleien bedecken Wände, Treppenstufen, Lampen.

Alle zwei Wochen werde „intensiv“ gereinigt

Martina Jensch fährt fast täglich mit dem Zug. „Sehr dunkel und dreckig“ findet sie den Annener Bahnhof, und relativiert schulterzuckend: „wie viele andere kleine Bahnhöfe auch“. Dass die Unterführung regelmäßig gereinigt wird, kann sie sich allerdings nicht vorstellen. Und doch: Von Seiten der Bahn heißt es, man fege dort alle zwei Tage und führe alle zwei Wochen eine Intensivreinigung durch.

Despina Löpke hat zwar schon einmal eine solche „Intensivreinigung“ beobachten können, den Zustand der Unterführung findet sie dennoch „schrecklich“. Am schlimmsten sehe es sonntags aus, erzählt sie, „Erbrochenes, Essensreste, Fäkalien, zerbrochene Flaschen, das ist dann wirklich schlimm.“

Auch die siebenjährige Leonie ist der Meinung: „hier stinkt’s“. Sonst nähmen sie immer das Auto, doch heute hätte die Kleine so gern einmal Zug fahren wollen, erzählt ihr Vater Johann Schlundt. Die Unterführung hält er für „zu dunkel und gefährlich“.

Unterführung sei in keinster Weise gefährlich

Was die Gefährlichkeit angeht, kann Andreas Grewe von der Bundespolizei Entwarnung geben: „Der Bahnhof in Witten Annen ist garantiert nicht kriminell auffällig – in keinster Weise!“ Natürlich empfänden Bürger Unterführungen oft als bedrohlich, „da stellt sich schnell ein ungutes Gefühl ein“, doch statistisch gesehen sei das vollkommen unbegründet. Trotzdem meiden viele Bahnreisende den Durchgang mittlerweile ganz. „Wenn ich abends spät von der Arbeit komme, habe ich da einfach Angst!“ erklärt ein Mann. Er nutzt die verbotene Abkürzung über die Gleise, viele andere tun es ihm gleich.

Das hält Polizeisprecher Volker Schütte für „immens gefährlich“. Er appelliert an die Bürger: „Wenn man glaubt, dass in der Unterführung eine Gefährdung bestehen könnte – direkt die Polizei rufen!“ Vor dem Überqueren der Schienen könne er nur warnen, 2011 erst hatte es am Annener Bahnhof einen Unfall mit tödlichem Ausgang gegeben.

Telefonisch ist bei der Bahn keine Auskunft zu bekommen, schriftlich lässt man indes vermelden, man halte die Beleuchtung der Unterführung für „ausreichend“, Kritzeleien würden regelmäßig entfernt, eine Sanierung sei nicht geplant. Lediglich die Schaukästen am Bahnsteig sollen im Laufe des Jahres erneuert werden.