Witten. . Ende 2014 rollen neue Züge auf der S-Bahnlinie 5. Sie haben ein niedrigeres Einstiegsniveau im Vergleich zur Bahnsteigkante.
Reinhard Mikulski nutzt öfter die S-Bahn. Mit der Linie 5 fährt er gern nach Dortmund. Der 74-Jährige freut sich, dass er mit seinem Rollstuhl problemlos in den Zug kommt. Denn Bahnsteigkante und Türschwelle liegen auf einer Ebene – noch. Ende 2014 werden Wagen auf der Strecke rollen, die zwar eine Toilette, aber einen niedrigeren Einstieg haben.
Ende 2014 läuft der Vertrag des Verkehrsverbundes Rhein Ruhr (VRR) mit der Deutschen Bahn aus. Der alte wird auch der neue Vertragspartner sein. Bei der europaweiten Ausschreibung setzte sich die Deutsche Bahn durch, wie VRR-Sprecherin Sabine Tkatzik (40) inoffiziell bestätigt. Noch laufe allerdings die zehntägige Einspruchsfrist, erst am 5. Februar werde der Vertrag abgeschlossen. Zum Dezember 2014 sollen dann die neuen Wagen in Betrieb gehen. Und deren niedrige Einstiegshöhe sei letztlich unabhängig vom zukünftigen Vertragspartner. Denn bestellt werden sie vom VRR, so Bahnsprecher Jürgen Kugelmann.
Seit 2007 gibt es in den S-Bahnen des Verkehrsverbundes keine Toiletten mehr. „Der Regelfall ist, dass die Leute aus den Vororten nur kurze Strecken in die Städte fahren“, sagt VRR-Sprecherin Sabine Tkatzik. Außerdem hätten die Toiletten oft für Ärger gesorgt, weil sie nicht funktionstüchtig oder verschmutzt gewesen seien. Nun lege aber die S 5, die von Dortmund nach Hagen und dort weiter als S 8 nach Mönchengladbach fährt, eine besonders lange Strecke zurück – maximal gut anderthalb Stunden dauert eine Fahrt. Deshalb hätten die Fahrgäste sich ausdrücklich wieder Toiletten gewünscht.
Das Problem mit den niedrigeren Einstiegshöhen – der Unterschied kann bis zu 15 cm betragen – haben dann acht Bahnhöfe rund um Dortmund, Wuppertal und Witten. Auch der Halt in Annen gehört dazu. „Wir werden mit den Anrainerkommunen besprechen, welche Lösungen es gibt“, so die VRR-Sprecherin. Man könne etwa per Hand eine Rampe anlegen. Für den Wittener Behindertenbeauftragten Heinz Göbeler (61) ist das ein Schlag ins Gesicht.
„Da bemühen wir uns als Stadt, bessere Voraussetzungen für Menschen mit Behinderungen zu schaffen“, sagt er und meint etwa den neuen Busbahnhof oder den endlich funktionierenden Fahrstuhl am Bahnhof, „und dann werden wir vor fast vollendete Tatsachen gestellt“. Erst kurz vor Weihnachten habe der VRR die Stadt in einer Sitzung über das anstehende Problem informiert. Göbeler: „Man sollte die neuen Wagen erst anschaffen, wenn überall die Infrastruktur dafür vorhanden ist.“
Solch ein Bemühen könne er nicht im Ansatz erkennen, sagt der Behindertenbeauftragte. Für Witten jedenfalls bedeuteten die niedrigeren Züge „eine Verschlechterung“ in Sachen Barrierefreiheit. Wobei der Aufschrei in Wetter noch lauter sei: „Dort wurden die Bahnsteige extra erhöht.“
Die Lösung mit der Rampe – sie wird in Witten übrigens schon praktiziert: An Gleis 2 betrage der Unterschied zwischen Regionalbahn und Bahnsteig 20 cm, erklärt Marina Pohl (27) vom Betreiber Abellio, dessen Wagen alle mit WC ausgestattet sind. Sehen Kundenbetreuer oder Fahrzeugführer einen Fahrgast mit Gehbehinderung auf dem Bahnsteig, holen sie einfach die Rampe raus. Und schon könnte auch Reinhard Mikulski bequem in den Zug rollen.