Witten. Eigentlich drohte ihr eine Gefängnisstrafe. Doch die Wittenerin (33) erhielt ein milderes Urteil - nicht nur dank des neuen Cannabisgesetzes.

Aufatmen für eine zweifache Mutter aus Witten: Nach einer Berufung der Staatsanwaltschaft gegen ein weiteres Bewährungsurteil wegen Drogenbesitzes drohte der 33-Jährigen am Bochumer Landgericht eigentlich der Gang ins Gefängnis. Doch ein Mix aus guter Entwicklung und dem Cannabisgesetz (CanG) sorgte am Ende für eine Kehrtwende.

Am späten Silvesterabend 2022 war die Wittenerin im Beisein ihrer zwei Kinder stark alkoholisiert (1,66 Promille) auf offener Straße angetroffen worden. Polizisten hatten nach der Mutter gesucht, weil sie zuvor zu einem Lärm-Einsatz an die Familienwohnung an der Sprockhöveler Straße gerufen worden waren, von der 33-Jährigen dort aber jede Spur fehlte.

Wittenerin besaß ein Tütchen Marihuana

Was die Beamten allerdings vor der Wohnungstür entdeckt hatten, war eine Tragetasche, auf der ein Tütchen mit Marihuana (2,24 Gramm) lag. Als eine Beamtin die zwei Kinder zur Seite genommen hatte, um die Frau zu befragen, hatte die Wittenerin rotgesehen, die Polizisten beschimpft („Bastarde“), um sich getreten und sogar versucht, ihnen in die Arme zu beißen.

Das Wittener Amtsgericht hatte die Mutter in der Angelegenheit am 26. Oktober vergangenen Jahres zu neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Gestützt war das Urteil auf unerlaubten Drogenbesitz, tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte sowie Beleidigung. Weil die Bochumer Staatsanwaltschaft eine dritte Bewährungschance nach zwei bereits laufenden Bewährungen aus vorherigen Verurteilungen aber keinesfalls akzeptieren wollte, kam es nun am Donnerstag, 11. April, zu einem Berufungsprozess.

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Vor allem durch ihre positive Entwicklung konnte die Wittenerin am Bochumer Landgericht Pluspunkte für sich verbuchen. Betreuer und Bewährungshelfer bescheinigten ihr unisono Zuverlässigkeit, Stabilität und die erkennbare Bereitschaft, ihre Probleme in den Griff zu kriegen. „Sie ist meine beste Klientin“, lobte der Betreuer. Auch die Arbeitsstelle, wo die 33-Jährige zurzeit einen Mini-Job absolviert, zeige sich nach Angaben des Betreuers „von ihr begeistert“. Vieles laufe auf ein Angebot für einen Arbeitsvertrag hinaus.

All diese positiven Aspekte haben die Staatsanwaltschaft schließlich bewogen, ihre Berufung zurückzunehmen. Die dritte Bewährungsstrafe für die Wittenerin ist damit nicht mehr angreifbar. Und nicht nur das: Die Strafe dürfte sogar noch reduziert werden. Weil das Urteil teils auf den Besitz von Cannabis gestützt war, steht der Wittenerin wegen der im neuen Cannabisgesetz verankerten Amnestie-Regelung (rückwirkende Befreiung) noch eine Anpassung zu.

Gericht muss vergleichbare Urteile neu bewerten

Weil der Besitz von zwei Gramm jetzt straflos ist, muss das Amtsgericht Witten diesen Fall - und alle vergleichbaren Urteile, deren Strafen noch nicht vollstreckt sind - nachträglich noch einmal neu bewerten und eine neue Gesamtstrafe finden – ohne Berücksichtigung des Drogenbesitzes.

Staatsanwältin Pia Tonk mahnte die Wittenerin, die ihr zugutekommende Milde mit Blick auf den Drogenbesitz nicht als Freibrief zu verstehen: „Auch wenn bestimmte Cannabismengen jetzt erlaubt sind, bleibt es dabei: Es tut nicht jedem gut.“ Und auch die Legalisierung selbst kritisierte die Anklägerin scharf: „Niemand bei uns ist begeistert von diesem Gesetz.“

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