Witten. Die Anwohner am Wittener Ruhrufer erinnern sich an die Jahrhundertflut vor zwei Jahren. Nun bereiten sie sich auf neue Wassermassen vor.

Der Ruhrpegel steigt weiter an. Bei den Wittenern, die am Ruhrufer leben, werden Erinnerungen an die Jahrhundertflut von 2021 wach. Damals mussten die Anwohner rund um die Lakebrücke evakuiert werden. Zwei Jahre nach der Flutkatastrophe haben sie die Pegelstände wieder fest im Blick.

Matthias Pente arbeitet im Herbeder Zollhaus und schaut skeptisch auf die braunen Wassermassen, die unter der Lakebrücke vorbeirauschen. „Gestern konnte man den Anleger an der DLRG-Station noch sehen, heute ist er schon überschwemmt.“ Dort, wo sonst die Lebensretter und die Schwalbe an- und ablegen, türmen sich jetzt Wellen.

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Ruhr bei Witten ist ein reißender Strom

Die Ruhr, die hier an den meisten Tagen relativ gemächlich fließt, hat sich inzwischen wieder in einen Strom verwandelt, der alles mitreißt, was hineingerät - sogar Baumstämme. Dagmar Linde hat die Kraft der Wassermassen vor zwei Jahren am eigenen Leib erfahren. Gegen ein Uhr in der Nacht stand sie noch mit ihren Nachbarn am Ruhrufer. „Da kommt nichts mehr“, hätten die Nachbarn damals gesagt. Dagmar Linde legte sich daraufhin schlafen. Ein Fehler. Gegen vier Uhr war das Wasser da.

„Es ist von der Straße durch meinen Garten in Richtung Ruhr gelaufen. Unsere Nachbarschaft war eine Insel.“ Der Vorbesitzer ihres über 200 Jahre alten Hauses hat in weiser Voraussicht den Kellerabgang mit Flutschotten gesichert, Dagmar Linde hatte noch zusätzliche Sandsäcke davor verteilt. „Als das Wasser kam, bin ich in den Garten gegangen und habe versucht, es mit einem Besen von den Sandsäcken fernzuhalten“, sagt die Sängerin.

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2021: Die Flutwelle kam plötzlich

„Dann kam eine richtige Flutwelle, die hätte mich beinahe weggerissen - durch das Gartentor in die Ruhr.“ Die Erfahrungen mit dem Hochwasser haben Dagmar Linde geprägt: Mittlerweile ist sie auf alle Notlagen vorbereitet, dank einer Broschüre des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe mit dem Titel „Für den Notfall versorgt“. Diese liegt stets griffbereit in der Küche. „Jeder sollte Vorräte für mindestens 14 Tage haben“, rät sie. Außerdem solle man Taschenlampen, Batterien und Kerzen vorrätig haben. Bei Katastrophen werde zuerst der Strom abgestellt, so sei es auch 2021 passiert.

Elke Göbel und ihr Lebensgefährte Andreas Schroeder haben Weihnachten auf gepackten Koffern gefeiert. Sogar für Hund Timut lag ein Köfferchen bereit. „Wir sid davon ausgegangen, dass wir uns selber evakuieren.“ Das Paar wohnt In der Lake, hinterm Garten fließt die Ruhr. Als im Sommer 2021 die Jahrhundertflut die Straße überschwemmte, mussten sie evakuiert werden. „Unser Haus ist nicht unterkellert“, sagt Andreas Schroeder. „Die Feuerwehr hatte Bedenken, dass es unterspült werden könnte.“

Flutkatastrophe zwei Wochen nach Einzug

Als das Wasser kam, wohnten die beiden erst seit zwei Wochen in dem Haus am Ruhrufer. „Wir wollten zunächst auch nicht raus, wir waren mit die Letzten, die ihr Haus verlassen haben“, so Schroeder. Vor zwei Jahren traf sie das Hochwasser unerwartet, jetzt sind sie vorbereitet: Die Haustür, den Wintergarten und Teile des Gartens haben sie eigenhändig mit Gummimatten und Sandsäcken abgedichtet.

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Vorhersagen warnen vor Dauerregen

Stephan Hock (31) wohnt gegenüber der Brennerei Sonnenschein. Vor zwei Jahren mussten auch er und seine Tochter Ida - damals etwa ein halbes Jahr alt - mit einem Boot evakuiert werden. „Das war Idas erste Bootsfahrt“, witzelt er. Weihnachten hat er nicht Zuhause verbracht.

Doch als ihn die Nachrichten von den steigenden Pegeln erreichten, machte er sich Sorgen um sein neues Fahrrad. Das stand im Keller, hat aber die Feiertage gut überstanden. „Wie sind denn die Vorhersagen für die kommenden Tage“, möchte er wissen. Diese sind nicht gut. Der Deutsche Wetterdienst warnt vor Dauerregen und steigenden Pegelständen.