Hochwasser in Witten: „Ich will kein zweites Mal absaufen“
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Witten. Peter Steger weiß, was Hochwasser ist. Jetzt ist die Ruhr wieder deutlich gestiegen. Sein Campingplatz in Witten ist längst überflutet. Angst?
Wenn die Ruhr wieder über ihre Ufer tritt, Wiesen flutet und seinen
Campingplatz
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unter Wasser setzt, ist das für Peter Steger eigentlich nichts Besonderes mehr. Dafür lebt der 78-Jährige schon viel zu lange an und mit dem Fluss. Doch die Jahrhundertflut 2021 hat seinen Blick noch mal verändert und geschärft. „Ein zweites Mal absaufen? Das muss um Himmelswillen nicht sein“, sagt das Wittener Urgestein.
Lange hatte er damals, am 14. /15. Juli, mit seiner Frau und einigen wenigen Campern auf dem Platz ausgeharrt - bis die Fluten das Gelände an der Ruhr komplett eingeschlossen hatten. Nachts zwischen drei und vier wurden sie evakuiert - Stunden, die er niemals vergisst. Die Fluten rissen Wohnwagen mit, sein Haus stand unter Wasser, der Platz wurde verwüstet. Nein, das will Peter Steger nie wieder erleben. Zum Glück deutet derzeit nichts darauf hin, dass es wieder so schlimm kommt. Wenngleich die Ruhr laut Steger am späten Samstagabend (23.12.) schon bei sechs Metern stand.
„6.02 Meter“, präzisiert der Endsiebziger. Dann fiel der Pegel aber wieder um sechs, sieben Zentimeter, „so dass ich auf jeden Fall ruhiger schlafen konnte“. 5,94 Meter waren es am Sonntagmorgen. „Ab 6,60, 6,70 Meter wird‘s kritisch“, sagt der Campingplatzbetreiber. Beim Jahrhunderthochwasser vor zwei Jahren wurden mehr als sieben Meter erreicht.
Aktuell hat Peter Steger den Biergarten mit seinen Kindern längst gesichert, die Kühlschränke, die Theke hochgestellt. „Am Samstag haben wir noch zwei Wohnwagen runtergezogen. Jetzt dürfte normalerweise nichts mehr passieren.“ Das Wasser steht draußen überall. Die erste Stufe der Treppe zu seiner höher gelegenen Wohnung „ist schon weg“.
Steger lobt diesmal aber die Talsperren-Steuerung des Ruhrverbandes, die er nach der Katastrophe vor zwei Jahren noch stark kritisiert hatte. Damals waren die Talsperren im Sauerland seiner Ansicht nach zu voll gewesen, so dass sie den vielen Regen nicht mehr aufnehmen konnten und die Ruhr auf Rekordniveau anschwoll. Heute sagt er: „Hut ab, was die in den letzten 14 Tagen geleistet haben. Es wurde mehr abgelassen, auf bis über 80 Prozent, um den angekündigten Regen aufzufangen.“
„In der Lake“ in Witten liegen die Sandsäcke griffbereit
Davon dürften auch die Ruhr-Anwohner an der Lakebrücke in Heven profitieren, die bei der Jahrhundertflut 2021 ebenfalls evakuiert wurden. Auch diesmal sind wieder Wiesen und Wege überschwemmt. Doch noch ist die Lage für Anwohnerin Gabriele Hübner, ihren Mann Christoph und die Nachbarn noch nicht so kritisch. „Es fehlen noch 50 Zentimeter, bis es randvoll ist“, sagt sie. Spätestens seit der Flut vor zwei Jahren liegen die Sandsäcke aber griffbereit. Regelmäßig verfolgen Hüberns die aktuellen Lageberichte der Hochwasserzentrale im Internet.
„Damals, als das Hochwasser da war, war der Strom weg“, erinnert sich das Filmemacher-Ehepaar. Die Brennerei Sonnenschein liegt nur einen Steinwurf entfernt, auch der Kanuclub. Das Tückische: Wenn das Wasser kommt, setzt es die Wiesen hinter dem Haus der Hübners unter Wasser. Was natürlich nicht sofort zu sehen ist. So war es auch in jener Nacht Mitte Juli 2021.
Als sie um vier morgens aufwachten, waren sie von den Fluten umschlossen. Mit Booten wurden sie am Morgen gerettet. Damals war auch die Straße „In der Lake“ längst überschwemmt. „Jetzt ist der Weg vorm Haus noch frei“, sagt Gabriele Hübner im zu Ende gehenden Jahr 2023.
So schlimm wie damals wird es hoffentlich nie wieder sein. Den Heiligen Abend verbringen die beiden heute zuhause. Gabriele Hübner: „Wir bleiben hier und gucken aus dem Fenster.“
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