Witten. . Die Auflösung des Foto-Rätsels:Beim Straßenbahn-Unglück auf der Herbeder Ruhrbrücke verhinderten der Fahrer und die Schaffnerin Schlimmeres.

In der Geschichte der Herbeder Ruhrbrücke kennen sich unsere Leser gut aus. Und zum Absturz der Straßenbahn 1947 steuern sie interessante Details und auch Namen bei. Ein herzliches Dankeschön für alle Zuschriften!

Kranfirma kam zur Hilfe

Die 1934 eingeweihte Herbeder Ruhrbrücke war 1945 durch abziehende deutsche Truppen auf Herbeder Seite gesprengt worden, 1947 geschah dann ohne Fremdeinwirkung dieses Unglück mit der Straßenbahn. Vom Ruhrufer auf Hevener Seite aus gesehen erkennt man einen Lkw der Kranfirma Paul Rosenkranz, der, von der Mühlengrabenbrücke bei Lohmann kommend, sich in den Ruhrwiesen befindet und sich in Richtung Absturzstelle bewegt. Rosenkranz dürfte demnach wohl die Bergung des Straßenbahnwagens vorgenommen haben. 1951 erfolgte nach alten Plänen der Wiederaufbau der Brücke. Heiner Knährich

Der Fahrer der Straßenbahn stammte aus unserer Nachbarschaft (Schottstraße), lebt aber nicht mehr. Karl-Georg Kogelheide

Fahrer und Schaffnerin geistesgegenwärtig

Der Fahrer und die Schaffnerin der Straßenbahn haben durch ihr geistesgegenwärtiges Handeln Schlimmeres verhindert. Der Fahrer Willi Wandhoff bemerkte beim Fahren, dass etwas nicht stimmte und stellte die Bremsen vorne fest. Die Schaffnerin Hanna Münch zog die hinteren Bremsen an. So konnte die Straßenbahn nicht ganz in die Ruhr rollen. Diese Aussagen stammen von ehemaligen Fahrern der Bogestra, die schon in Rente sind. Karoline Robbert

Nach dem Einsturz bringt ein Lkw Hilfe. Der Pritschenwagen (Foto ganz unten) ist da schon geborgen. Oben erkennt man hinten die Omegabrücke und die Villa Sonnenschein.Repro aus dem Buch Zeitreise durchs Bogestra-Land - Die Geschichte der Linie 310.
Nach dem Einsturz bringt ein Lkw Hilfe. Der Pritschenwagen (Foto ganz unten) ist da schon geborgen. Oben erkennt man hinten die Omegabrücke und die Villa Sonnenschein.Repro aus dem Buch Zeitreise durchs Bogestra-Land - Die Geschichte der Linie 310. © Repro: Jürgen Theobald

Bis zum Wiederaufbau dauerte es viele Jahre

Die 1927 bis 1937 gebaute, ca. 350 m lange und 14 m breite Ruhrbrücke wurde 1945 durch deutsche Truppen auf dem Rückzug teilweise zerstört. Eine Behelfsbrücke wurde erstellt, die im Februar 1946 durch Hochwasser weggerissen wurde. Am 13. Januar 1947 kam es dann zu dem Brückenunglück. Zwei weitere Brückenfelder stürzten ein, als sich eine Straßenbahn, besetzt mit 20 Personen, und ein Kleinlaster auf der Brücke befanden. Der verbleibende Brückenpfeiler wurde anschließend gesichert. Die Stadt Witten bemühte sich, die Ruhrbrücke originalgetreu wieder herzustellen, jedoch die Militärregierung verweigerte dies, da andere Brücken strategisch wichtiger wären. Erst 1950 begann der Wiederaufbau. Werner Schultze

Fahrgäste wurden nur leicht verletzt

Die Herbeder Ruhrbrücke wurde 1934 eingeweiht. Keiner konnte zu diesem Zeitpunkt ahnen, dass sie elf Jahre später von zurückziehenden deutschen Truppen gesprengt würde. Reststücke nutzte man nach dem Krieg als Endhaltestelle der Straßenbahnlinie Nr. 32 von Witten nach Herbede. Da die Beschädigungen am Reststück größer waren als angenommen brach am 13. 1. 1947 ein Brückenboden ab und die darauf befindliche Straßenbahn mit Fahrgästen sowie ein Klein-Lastwagen stürzten in die Tiefe. Glücklicherweise sollen die Fahrgäste nur leichte Verletzungen gehabt haben. Christel Elles

Brückenteil hatte kein Widerlager

Die Ruhrbrücke wurde 1945 durch die abziehenden Truppen gesprengt. Durch die ständig auf dem Reststück fahrenden Straßenbahnen über einen Teil der Brücke ohne Widerlager brach diese am 13. 01. 47 nach starkem Frost ein. Zum Glück rutschte die Bahn die schräge Straßendecke hinunter, so dass es nur wenige Verletzte gab. Die Bahn wurde geborgen und konnte repariert werden. Erinnerungen bestehen als Kind an die nachfolgenden größeren rundlichen Straßenbahn nach Bau der neuen Brücke, damals Linie 12, die mittig über die Brücke fuhr.
Bernd-Peter Remmers

Die Ruhrbrücke wurde 1945 von der Wehrmacht im Bereich des Mühlengrabens gesprengt. Durch das weitere Befahren der Brückenreste durch die Straßenbahn brach sie im Winter 1947 nach starkem Frost ein. Die Fahrgäste hatten Glück im Unglück und wurden nur leicht verletzt. Rainer Kracht

Lakebrücke diente aus Behelfsbrücke

Die Brücke war kurz hinter dem Hevener Ruhrufer in den Fluss gestürzt. Zum Glück führte die Ruhr zu diesem Zeitpunkt nur wenig Wasser. Hinter den Telegrafenmasten erkennt man das Edlersche Wohnhaus – heute liegt in unmittelbarer Nähe das Vereinsheim des Golfclubs. Bis zur Wiederinbetriebnahme floss der Autoverkehr von Heven nach Herbede über die Lakebrücke, einer Behelfsbrücke aus Holz.Das Bild zeigt einen Straßenbahnwagen der heutigen Bogestra. Vermutlich handelt es sich um die Linie 12, welche zwischen dem Bahnhof Annen-Nord und der Hauptstraße in Herbede verkehrte. Teilweise fuhr dieser Straßenbahntyp auch mit einem Anhänger, welches die Unfallsituation verschlimmert hätte. Damals war die Brücke durch Bomben stark zerstört worden. Heute ist es mangelnde Wartung und der ständig wachsende Schwerlastverkehr, welche der Brücke arg zusetzen. Wollen wir hoffen, dass kein Lkw samt Brücke in die Ruhr stürzt. Harald Neuhaus

Der Fahrer des DKW konnte froh sein, dass die Straßenbahn rechtzeitig zu stehen kam und den Klein-Lkw nicht ganz in die Ruhr schob
Der Fahrer des DKW konnte froh sein, dass die Straßenbahn rechtzeitig zu stehen kam und den Klein-Lkw nicht ganz in die Ruhr schob © Werner Schöneberg

Onkel landete mit dem Auto in der Ruhr

An diesen Tag kann ich mich noch sehr genau erinnern. Mein Vater, Werner Schöneberg, wollte mich mitnehmen nach Düsseldorf. Damals war das schon eine halbe Weltreise für ein Kind. Doch zuvor musste mein Onkel mit dem Auto, einem DKW-Pritschenwagen, Materialien nach Herbede bringen, natürlich auf dem kürzesten Weg, möglichst schnell, das heißt bis auf die Brücke – trotz Verbot – und die Treppe hinunter. Beim Wenden des Autos fast in der Mitte zwischen den beiden Brückenpfeilern landete er dann im freien Fall in der Ruhr. Gott sei Dank passierte meinem Onkel nichts, auch Dank der Geistesgegenwart des Straßenbahnfahrers, der sofort die Bremsen anzog. Mein Vater ließ das Auto sofort bergen, es wurde schließlich gebraucht. Von ihm habe ich auch noch Fotos von dem Brückeneinsturz. Für seine Kamera boten ihm die herbeigeeilten Engländer mehrere Stangen Zigaretten, was er aber ablehnte.
Christa Schöneberg, Jg. 1936


Die Brücke mit dem abgestürzten Straßenbahn ist mir in guter Erinnerung. Ich war 15 Jahre alt und zu Fuß von Langendreerholz nach Neviges unterwegs. Meine Großmutter machte sich Sorgen um ihre Tochter (meine Tante), da wir seit Kriegsende nichts mehr von ihr gehört hatten. Neviges war zum Ende des Krieges durch starken Artilleriebeschuss beschädigt worden. Die beschädigte Brücke in Herbede war mein erstes Hindernis auf dem langen Weg. Man hatte an den abhängenden Teilen eine Leiter angestellt, um den Boden zu erreichen. Es war Niedrigwasser, so konnte ich über Trümmerteile das andere Ufer erreichen.
Arno Reissing, Jahrgang 1932