Witten. Immer wieder kommt es in einem Netto-Supermarkt in Witten zu Diebstählen von Schülern. Nun plante der Händler ein Hausverbot – für alle Kinder.

Völlig überzogen oder gerechtfertigt? Im Netto-Markt an der Ruhrstraße in Witten gibt es immer wieder Probleme mit stehlenden Schülern, die rund um ihren Schulbesuch einen Abstecher in den Lebensmitteldiscounter machen. Nun hat sich der Supermarkt an die umliegenden Schulen gewandt. Die Rede war erst von einem kollektiven Hausverbot für alle Schülerinnen und Schüler – das aber schnell wieder gekippt wurde.

Die Polizei in Witten bestätigt, dass die Diebstahlquote in dem Innenstadt-Supermarkt gestiegen ist. Seit Kurzem beschäftige der schmale und recht enge Nettomarkt einen Detektiv. „Seit der Mann vor Ort ist, bekommen wir schwungweise Anzeigen zugeleitet“, so Polizeisprecher Jens Artschwager. Das seien nicht unendlich viele, aber deutlich mehr als zuvor. Täter seien oft Jugendliche. Von allen Wittener City-Supermärkten werde der Netto am häufigsten von Dieben heimgesucht.

Filialleiterin besucht Innenstadtschulen

Die Filialleitung des Nettomarktes hatte Anfang der Woche mehrere Schulen aufgesucht und die dortigen Schulleitungen über die Situation informiert und vor vollendete Tatsachen gestellt: Man möge alle Schülerinnen und Schüler über ein Hausverbot informieren, das ab 1. Dezember 2023 in dem Supermarkt gilt. Und zwar den ganzen Tag über, kollektiv für alle Kinder.

Die Wogen kochten daraufhin hoch: „Man kann nicht eine ganze Personengruppe unter Kollektivstrafe stellen. Das nennt man Diskriminierung“, kritisiert eine Mutter. Sie hat wie tausende andere Eltern in Witten ein Schreiben der Schulleitung ihrer Kinder erhalten, in dem über die Causa Netto informiert wurde. Darin heißt es ganz konkret, dass Netto angekündigt habe, von seinem Hausrecht Gebrauch zu machen. Künftig würde ein Sicherheitsdienst an der Eingangstür allen Schülern und Schülerinnen den Zugang verwehren. Der zweite Eingang bzw. Ausgang des schmalen und langen Ladenlokals solle geschlossen werden.

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Netto: Wollten Schulen nur sensibilisieren

Direktor Johannes Rienäcker vom Albert-Martmöller-Gymnasium hält dazu mit seiner Meinung nicht hinterm Berg: „Eine Kollektivmaßnahme halte ich nicht für gut und richtig.“ Die Verhältnismäßigkeit sei nicht gewahrt, denn der überwiegende Teil der Schülerinnen und Schüler verhalte sich ja richtig. Kritik kommt auch von der Leitung der Otto-Schott-Realschule: „Wir können letztlich nichts machen, wenn Schüler vor oder nach dem Unterricht dorthin gehen. Wenn ein Kind während der Schulzeit das Schulgelände verlässt, drohen ihm ja auch Konsequenzen.“ Christian Roussel, Leiter des Schiller-Gymnasiums, kann das Vorgehen nachvollziehen, wenngleich „es nicht meine Entscheidung wäre, Unschuldige in Mithaftung zu nehmen.“

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Nach bekanntwerden der Vorwürfe rudert eine Sprecherin des Unternehmens aus Maxhütte-Haidhof zurück: „Für die Schülerinnen und Schüler in der Umgebung unserer Netto-Filiale in Witten gilt kein grundsätzliches Hausverbot und ist auch nicht geplant.“ Sie betont, mit dem Besuch in den umliegenden Schulen „wollten wir vor Ort für das Thema sensibilisieren“, so Christina Stylianou. „Vor allem darüber, dass während der Pausenzeiten viele minderjährige Kinder das Schulgelände verlassen und sich in unserer Filiale aufhalten.“

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