Witten. Seit Jahren reißt der Ärger über Baustellen in Witten nicht ab. Jetzt startet im Rathaus ein Mann mit starken Nerven durch, der Ziele vorgibt.
Seit Jahren, wenn nicht seit Jahrzehnten, führen Wittener Bürger darüber Klage, wie sehr ihnen Baustellen auf den Nerv gehen. Entweder dauern diese zu lange, oder sie schießen wie Pilze aus dem Boden und nichts fährt mehr. Dann wieder sind es kilometerlange Umleitungen, die zu Wut und Unmut führen. Doch nun hat ein Mann im Rathaus seinen Dienst begonnen, mit dem vieles anders werden soll.
Baustellenmanager heißt der neu geschaffene Posten, den Arndt Bernhardt bekleidet. Eine der ersten Fragen, die er beim Vorstellungsgespräch zu hören bekam, lautete sinngemäß, ob er auch starke Nerven habe. In der Verwaltung brandet nämlich, wie Bürgermeister Lars König beim Pressegespräch mit dem 49-Jährigen bekannte, wahrlich mancher Ärger auf. Doch damit könne er umgehen, gerade, wenn es schwierig werde, bleibe er erst recht gelassen, betonte der gebürtige Wittener, der bis heute seiner Heimatstadt die Treue hält.
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Absprachen und Abläufe von jetzt an verbessern
Bis Ende Oktober war der gelernte Technikermeister und Verwaltungswirt noch beim EN-Kreis in der Rechnungsprüfung tätig. Baustellen gehörten, was zunächst verwundern mag, auch dort zu seinen Aufgabengebieten. Mit dem Breitbandausbau oder auch dem Straßenwesen war er befasst, wenngleich mehr in finanzieller Hinsicht.
Nun aber möchte er sich darum kümmern, dass Absprachen und Abläufe besser fluppen, Termine stärker als bisher aufeinander abgestimmt werden und vor allem die Bürger frühzeitig Bescheid wissen, wenn mal wieder irgendwo die Straße aufgerissen wird. Dass es mit den Informationen an die Bevölkerung häufiger hakt und hapert, dafür sieht Bernhardt vor allem einen Grund: Da weiß innerhalb der Verwaltung die eine Hand nicht, was die andere tut. So passiert es, dass einzelne Ämter, Feuerwehr oder Polizei durchaus davon Kenntnis haben, wenn in Kürze eine Sperrung oder Umleitung erfolgen soll. Aber innerhalb der Verwaltung werde es nicht „durchgeklingelt“. Folglich kommen auch keine Hinweise an die Autofahrer oder die Anwohner zustande. Sie laden schließlich ihren Frust per Mail oder Telefon im Rathaus ab.
Privathaushalte und Bürgern frühzeitig und umfassend informieren
Kontakt zum Baustellenmanager
Die Stelle des Baustellenmanagers sollte bereits 2020 entstehen. Doch durch den Hackerangriff, die Pandemie und die Aufnahme sowie Betreuung ukrainischer Flüchtlinge sah sich die Stadt vor weitreichende Herausforderungen gestellt, die sie zunächst zu meistern hatte.
Der Baustellenmanager ist unter der Telefonnummer 02302/5814444 zu den Dienstzeiten der Verwaltung erreichbar. Eine Mailadresse wird in Kürze eingerichtet.
Arndt Bernhardt möchte nun die Arbeit der verschiedenen Ämter und Fachstellen stärker verzahnen. Vor allem aber sollen sie ihn kontaktieren, wenn sich eine Baustelle ankündigt. Im Fall größerer Projekte will er Handzettel oder Postwurfsendungen in den umliegenden Häusern verteilen, damit sich die Anwohner auf die Einschränkungen einstellen können. Fällt beispielsweise für eine bestimmte Zeit der Parkplatz weg, können die Leute sich frühzeitig eine Alternative überlegen. Aber auch für andere private Planungen könne es nur von Vorteil sein, zu wissen, dass es zu Behinderungen bei der Zufahrt kommt, betont der Baustellenmanager.
Als weitere wichtige Adressaten seiner Arbeit sieht Bernhardt insbesondere die örtlichen Betriebe. Erst vor wenigen Monaten offenbarte eine Umfrage unter heimischen Unternehmen, wie sehr sie über die Vielzahl an Baustellen frustriert sind. Gerade Handwerker monierten, sie kämen vor lauter Baken, Sperrungen und Umleitungen kaum noch zu ihren Kunden. Die Bauvorhaben kann Bernhardt nun sicherlich nicht verhindern, aber er möchte die Firmen weit im Vorfeld über anstehende Arbeiten in Kenntnis setzen. Darüber hinaus bietet er auch an, gemeinsam mit den Unternehmen zu überlegen, wie es während der Bauarbeiten weitergehen soll.
Über kurz oder lang soll ein Baustellenatlas her
Damit der Informationsfluss auch zustande kommt, sind regelmäßige Treffen mit dem Landesbetrieb Straßenbau NRW, der Autobahn GmbH, Versorgern wie den Stadtwerken oder Telefonfirmen vorgesehen. Zwei Mal pro Jahr sind solche Zusammenkünfte geplant, damit alle Beteiligten auf dem Laufenden bleiben.
Damit sich die Bevölkerung Tag für Tag einen aktuellen Überblick verschaffen verschaffen kann, „wollen wir im Netz einen Baustellenatlas bereitstellen“, sagt Bernhardt. Einen solchen Plan habe es vor dem Hackerangriff schon einmal gegeben. Daran möchte die Stadt nun anknüpfen.
Tüfteleien wie diese dürften dem langjährigen Bundeswehrsoldaten gerade recht kommen. Denn zu seinen Hobbys zählt der Modellbau, bei dem er gut und gerne entspannen kann.