Witten/Hattingen. An die Baustelle auf der Wittener Straße hatten sich Anwohner eigentlich gewöhnt. Doch dann standen da plötzlich noch mehr Baken und Barrikaden.
Ob für den Einkauf oder andere Erledigungen – Eveline Immenroth ist aufs Auto angewiesen. Sie lebt im Hammertal, etwas abgelegen an der Wittener Straße. Doch inzwischen kann die 62-Jährige mit ihrem Pkw das Haus nur noch über einen Umweg von knapp 20 Kilometer erreichen, zumindest aus einer Richtung. Das Kuriose: Eigentlich müsste sie nur etwa 20 Meter zurücklegen. Die Großbaustelle macht’s möglich – oder unmöglich, wie man’s nimmt.
Eveline Immenroth weiß inzwischen nicht mehr, ob sie lachen oder weinen soll. „Denn das ist hier doch ein schlechter Scherz“, schimpft sie. Mit diesen Widrigkeiten lebt die Anwohnerin nun schon seit Wochen. Je mehr Zeit ins Land geht desto mehr dieser Zustand an ihren Nerven.
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Mutig und entschlossen Baken zur Seite gestellt
Angefangen hat der Missstand nach ihren Worten, „als ich aus meinem Urlaub zurückkam und das war Ende Juli“. Wie nach längerer Abwesenheit üblich, machte sie sich am nächsten Tag auf den Weg, um den Kühlschrank wieder zu füllen. Als sie losfuhr, fiel ihr nichts Verdächtiges auf. An die nahe gelegene Baustelle, die seit Jahresbeginn besteht, hatte sie sich längst gewöhnt.
Bei der Rückkehr aus Richtung Hattingen wollte sie dann aber ihren Augen nicht trauen. Da standen plötzlich Barrikaden auf der in Richtung Witten gesperrten Straße. Für die einzige noch freie Spur waren die rot-weißen Schilder „Verbot der Einfahrt“ angebracht. Sie sah zwar ihr Haus, in dem sie seit vielen Jahren lebt und dass sie trotz der Sperrung bisher auch immer noch erreichen konnte. Doch jetzt konnte sie mit dem Auto auf regulärem Wege dort nicht mehr hin, erst recht nicht in die Garage, die mit Baken zugestellt war. Da hat die Wittenerin dann erst einmal am Straßenrand gehalten. „Ich wusste überhaupt nicht, was ich jetzt tun sollte.“
Doch dann nahm sie kurz entschlossen ihren Mut zusammen, fragte Nachbarn, ob sie ihr helfen würden, einige Baken beiseite zu räumen. Die Anlieger brauchte sie nicht zwei Mal bitten und „damit war schon mal die Zufahrt zur Garage wieder frei“. Doch allein diese Hürde zu beseitigen, reichte noch nicht. Was sollte sie mit den Barrikaden und den Verbotsschildern machen? Eveline Immenroth setzte sich wieder in ihren Wagen und passte genau den Moment ab, in dem kein Gegenverkehr kam. So ließ sie die Verbotsschilder Verbotsschilder sein.
Haus samt Garage liegen zum Greifen nahe
„Ich bin mir bewusst, dass das ein Vergehen ist“, sagt die Anwohnerin „Aber ich sehe einfach nicht ein, die Umleitung über Sprockhövel zu nehmen, um dann nach 20 Kilometern und mindestens 30 Minuten Fahrzeit in meine Garage zu gelangen, die zum Greifen nahe liegt.“ Allein schon der Gedanke an Umweltschutz und Energiesparen spreche gegen einen derartigen Umweg, den sie nach wie vor nicht nimmt.
Nachbar Kai Sondermann ergeht es da nicht anders. „Was hier passiert, ist doch ein Unding“, sagt er frustriert. Er renoviert schon seit einiger Zeit das Haus, in dem er mit seiner Lebensgefährtin und Schwiegereltern wohnt. Für die Fahrten zum Baumarkt braucht der 42-Jährige eigentlich den Anhänger. Aber mittlerweile sei davor alles so zugestellt, dass er mit dem überhaupt nicht nicht mehr in seine Garage kommt.
Sondermann hat wie seine Nachbarin häufiger die Baken zur Seite gestellt. Es dauerte aber nicht lange, bis Bauarbeiter sie wieder zurückbrachten. Das Hin und Her habe mittlerweile aber ein Ende gefunden, erzählen beide Anwohner.
Trotzdem hat sich mächtig Ärger angestaut. „Wir haben auch schon Kontakt zu den Behörden aufgenommen, aber bislang ist nichts passiert“, sagt Eveline Immenroth. Auf Anfrage erklärte eine Sprecherin des Landesbetriebs Straßenbau NRW, dass es „sicherlich kurzfristig mal Bauzustände mit kurzzeitigen Einschränkungen“ gebe. In Abstimmung mit der Baufirma und den Anwohnenden versuche der Landesbetrieb jedoch gute Lösungen zu finden.
Angesichts der fortschreitenden Baustelle haben Anwohner bange Fragen
Derweil bangen die Anlieger, dass alles noch viel schlimmer wird und sie nicht mehr wie jetzt mal eben die Hindernisse zur Seite stellen können. Denn wenn die Baustelle weiter fortschreitet und die derzeit noch intakte Straßendecke aufgerissen wird, „sieht alles ganz anders aus“, sagt Immenroth. Wie sie dann zu ihrem Haus kommen soll, ist ihr schleierhaft. Sie hofft aber, dass sich dann doch noch eine akzeptable Lösung finden lässt.
Nachbar Kai Sondermann schüttelt derweil nur mit dem Kopf, wenn er an seinen Job denkt. Er ist Fahrer für den gegenüberliegenden Schrottgroßhandel Bötzel. Früher war der Wittener mit dem Lkw in wenigen Minuten an der Auffahrt zur A 43 in Herbede. Heute fährt er in Richtung Sprockhövel, um dann auf die Autobahn zu gelangen. Wenn er die Auffahrt Herbede schließlich passiert, sind meist schon 20 bis 30 Minuten seiner Tour vergangen.