Witten. Zahlen belegen: 1350 Autos maximal am Tag haben wegen der Baustelle auf der Wittener Straße durch Witten-Kämpen abgekürzt. Ist das zumutbar?

Dass die Teilsperrung der Wittener Straße den Schleichverkehr in die Nebenstraßen in Witten-Kämpen lenkt, ist unbestritten. Nach Anwohnerprotesten haben Polizei und Stadt allerlei Maßnahmen ergriffen, um den Verkehr aus Anliegerstraßen wie der Rüsbergstraße herauszuhalten. Bei einer Infoveranstaltung im Haus Herbede am Dienstagabend (6.6.) standen die Zeichen auf Konfrontation. Die Kommune will nicht mehr leisten, die Anwohner pochen auf ihr Recht.

Mit Sätzen, wie „Was Sie ausführen, reicht nicht“, „Ich fühle mich verarscht“, „Wir Bürger haben das Recht, dass Sie Maßnahmen entsprechend einer Anliegerstraße durchsetzen“ oder „Dann zahle ich eben keine Grundbesitzabgabe mehr“ wurde der Tiefbauamtsleiter Jan Raatz angegangen. Die Wittener Straße ist nicht seine Baustelle, sondern die des Landesbetriebs Straße NRW. Die Stadt ist aber für das Baustellenmanagement zuständig.

Tiefbauamt hat Vorschläge geprüft

Raatz führt auf, dass verschiedene Ideen auch gewirkt hätten. Etwa, dass Google auf Antrag die Strecke in seinen Navis nicht mehr als Umleitung ausspielt. Dass Absperrbaken anfangs Abkürzer abgeschreckt hätten. Ebenso wie Verkehrskontrollen. Dass die Müllabfuhr jetzt außerhalb der Rushhour fährt. Allerdings: Die Absperrgitter werden immer öfter zur Seite geschoben. Und bei den Kontrollen reicht ein Hinweis auf den Glascontainer, damit die Polizei einen durchlassen muss. Ein Polizist berichtet auf der Veranstaltung: „Eine Anliegerstraße bekommen Sie kaum kontrolliert.“ Und auch: „Wir sind für den Schutz der Bürger zuständig, aber dies in drei Städten und nicht nur in der Rüsbergstraße.“

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Sehr gut besucht war die Infoveranstaltung der Stadtverwaltung zum Bau der Wittener Straße im Haus Herbede. Links am Mikrofon der Leiter des Tiefbauamtes der Stadt Witten, Jan Raatz.
Sehr gut besucht war die Infoveranstaltung der Stadtverwaltung zum Bau der Wittener Straße im Haus Herbede. Links am Mikrofon der Leiter des Tiefbauamtes der Stadt Witten, Jan Raatz. © Susanne Schild

Es gibt eine lange Liste mit Vorschlägen, die das Tiefbauamt geprüft hätte, so der Amtsleiter. Allesamt brächten so viele Nachteile an anderer Stelle mit sich, dass der Status quo das kleinere Übel wäre. Etwa eine alternative Umleitung über Bochumer Stadtgebiet und Heven. Diesem Verkehrsfluss wäre aber die Ampel Unistraße/Seestraße nicht gewachsen. Noch offen ist, ob vielleicht eine Ampel auf einem schmalen Teilstück den Verkehr regeln könnte.

Verkehrszählung: 1350 Fahrzeuge am Tag

Die Stadt legt Zahlen der Ruhr-Uni Bochum vor, die im Rahmen eines Forschungsprojektes zweimal für zwei Wochen den Verkehr in der kleinen Straße gezählt hat: vor der Sperrung im August 2022 und vom 25. Januar bis 8. Februar 2023. Demnach ist ein Anstieg klar ersichtlich: um 144 Prozent werktags und um 222 Prozent am Wochenende. Aber: Maximal 1350 Fahrzeuge in beiden Richtungen wurden über den Tag verteilt gezählt. Nach gültigem Recht sei das auch in einer Anliegerstraße zumutbar, so Raatz.

Er sagt klar: „Aufseiten der Verwaltung ist derzeit nicht geplant, weitere Maßnahmen umzusetzen. Nur wenn sich die Situation verschlimmert oder kritisch wird, etwa die Verkehrsmenge deutlich ansteigt.“ Zumutbar? Da denken die Anwohner aus der Einfamiliensiedlung am Wittener Stadtrand anders. Einer sagt: „Es ist unsicher geworden. Und das ist nicht hinnehmbar.“