Witten. Schon seit 50 Jahren gibt es die Awo-Kita Heven in Witten. Zeit für ein Fazit. Was läuft gut? Was ist schlecht? Erfahrene Erzieherinnen erzählen.
50 Jahre hat die Awo-Kita Heven auf dem Buckel. Etliche Zeitungsausschnitte – viele davon noch in Schwarz-Weiß – hat das Team hervorgekramt und auf Plakate geklebt. Zu sehen sind etwa Fotos der Pfadfinder, die 1998 in einer 72-Stunden-Aktion das Außengelände erneuert haben. Ach, ist das lange her. Jetzt haben sich die Erzieherinnen Claudia Schulte und Nicole Freischläger mit Leiterin Mareike Ochs für uns noch einmal auf Zeitreise begeben.
Klar, der Kita-Alltag hat sich in all den Jahren verändert. Wo heute 70 Kinder in vier Gruppen durch den weiß geklinkerten Flachbau toben, haben anfangs 100 Kinder gespielt. Nur Drei- bis Sechsjährige waren es damals. Erst 2012 sind auch die Jüngeren dazugekommen, deshalb hat sich die Anzahl reduziert – obwohl der Bedarf gestiegen ist. „Früher hatten wir auch nur 25 Tagesstättenkinder“, erinnert sich Claudia Schulte (60). „Der Rest wurde um 12 Uhr abgeholt.“ Heute bleiben gerade mal fünf Kids bis 14 Uhr, alle anderen noch zwei Stunden länger.
In der Wittener Kita gibt es Hasen, Bären, Pinguine und Marienkäfer
„Ich finde es schön, dass wir jetzt auch jüngere Kinder haben“, sagt Nicole Freischläger (45). „Dadurch ist es zwar anstrengender, aber auch familiärer geworden, weil die Gruppen kleiner sind.“ Die Leiterin der Marienkäfergruppe bringt es auf den Punkt: „Das ist hier von sieben bis 16 Uhr unsere Familie, unser Zuhause.“
Dafür kommt die gelernte Kinderpflegerin, die in Heven ihre Ausbildung zur Erzieherin machte, seit 2002 gern täglich aus Unna in die Ruhrstadt. Auch Claudia Schulte ist der Kita schon lange treu: Die Wittenerin hat 1987 hier angefangen und leitet inzwischen die Bärengruppe – es gibt übrigens noch Pinguine und Hasen. „Ich wollte immer mit Kindern arbeiten und habe die Entscheidung nie bereut.“
Wittener Kita-Leiterin: Wir sind ein beständiges Team
Überhaupt haben viele der Erzieherinnen – ein Mann ist darunter – schon ihre Ausbildung in der Awo-Kita gemacht – und sind geblieben. „Wir sind ein beständiges Team. Das zeigt, dass hier gute Arbeit geleistet wird“, sagt Mareike Ochs – ausgerechnet. Denn die 27-Jährige ist nicht nur eine der jüngsten Kita-Leiterinnen in Witten, sondern auch erst seit April offiziell mit an Bord.
Dass die Chefin quasi ein Küken ist – kein Problem für die alten Hasen. „Die Chemie muss stimmen. Und man muss das Herz auf dem rechten Fleck haben“, sagt Nicole Freischläger. Es passt offenbar. Ochs ist nach Monika Haase und Viktoria Stein erst die dritte Leiterin in 50 Jahren. „Entsprechend lange musst du jetzt bleiben“, hört sie von den Kolleginnen.
Kinder kommen aus zwölf Nationen
Die Eltern wissen diese Harmonie im Team zu schätzen, sind ebenso Teil der Gemeinschaft. „Die sind immer für uns da“, sagt Nicole Freischläger. Auch „multikulti“ mache das Kita-Leben schön. Die Kinder kommen aus mindestens zwölf Nationen. „Das war hier aber schon immer so.“
Rollenrutsche und Theaterstück
Die AWO-Kita Heven feiert am Samstag, 23. September, ihren 50. Geburtstag. Von 11 bis 15 Uhr sind alle Eltern, Kinder und Interessierte aufs Gelände an der Universitätsstraße 10 eingeladen.
Zur Begrüßung treten um 11 Uhr die AWO-Kita-Heven-Kids auf. Ab 11.30 Uhr warten einige Highlights auf die Gäste, darunter eine Rollenrutsche, eine Tombola sowie spannende Experimente. Um 13.30 Uhr wird das Theaterstück „Honk und Hanna“ aufgeführt. Außerdem gibt’s ein Buffet mit Speisen aus verschiedenen Ländern und eine Cocktailbar für die Kleinen.
Klingt alles nach eitel Sonnenschein. Doch natürlich geht die Kita-Krise auch an Heven nicht ganz spurlos vorbei. Mit 17 Fachkräften, zwei Azubis, einer Bundesfreiwilligendienstlerin und einer Alltagshelferin sei man zwar personell gut aufgestellt, sagt Mareike Ochs. Doch von der Gesellschaft wertgeschätzt fühlen sie sich auch hier nicht wirklich. Dazu die umfangreichen schriftlichen Dokumentationen – „wir sollen mehr Pädagogik liefern, haben aber weniger Zeit dafür“, sagt Nicole Freischläger. „Wir wünschen uns eine klare Linie von der Politik, um frühzeitig planen zu können“, so Kita-Leiterin Ochs.
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Damit verweist sie auch auf die Corona-Zeit. „Das war so schlimm“, erinnert sich Nicole Freischläger. Ihr läuft heute noch eine Gänsehaut über den Rücken, wenn sie daran zurückdenkt. Wie sie versucht haben, Kontakt zu halten. Wie sie Ostern von Tür zu Tür gelaufen sind, um kleine Geschenke vorbeizubringen. Wie die Kinder, als langsam Normalität einkehrte, noch lange auf jedes Niesen geachtet haben. Dass für manche neuen Kinder die Trennung von den Eltern noch schwieriger war, eben weil sie bis dahin kaum andere Kontakte kannten. Und dann die Krankheitswelle nach Corona. „Die reißt bis heute nicht ab“, sagt Claudia Schulte.
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Lieber erinnert sie sich jedoch an schöne oder lustige Erlebnisse. Ans 25-jährige Jubiläum „mit Bierwagen, Disco und Bauchtanz“. An den Betriebsausflug nach Winterberg. An den Laternenumzug in der Dechenhöhle, als sie mit allen 100 Kindern im Zug hingefahren sind. Oder den Ausflug bei Regen zum Ketteler Hof. „Da hatten wir keine Wechselwäsche dabei und haben die Unterhosen der Kinder nachher noch in der Kita getrocknet.“
Inzwischen ist Mittagszeit. Essenduft zieht durchs Gebäude: Kartoffeln mit Spinat und Fischstäbchen. „Über das Essen entscheidet der Kinderrat“, sagen die Erzieherinnen. Trotzdem gibt’s nicht ständig Pommes, sondern lieber Möhrensuppe. Mareike Ochs schmunzelt: „Obst und Gemüse – das geht hier immer.“ Noch ein Pluspunkt für die Kita Heven.