Witten. . Die Mitarbeiterinnen in den Einrichtungen wärmen oftmals nur noch Vorkochtes im Dampfluft-Ofen auf. Doch eigentlich sind viele der Küchen super ausgestattet fürs gemeinsame Brutzeln mit den Kleinen. In einigen Kindertagesstätten der Ruhrstadt gibt es aber noch vorbildliche Ausnahmen.

„Es wird bestenfalls etwas beigekocht“, so nüchtern beschreibt eine Mitarbeiterin des Jugendamts die Situation in den hiesigen Kindergarten-Küchen. Immer mehr Eltern sind berufstätig, zur Ganztagsbetreuung ihrer Kleinen zählt auch ein warmes Mittagessen. Einblicke in die Essenszubereitungen bekommt aber fast kein Wittener Kita-Kind: Frisch gekocht wird woanders.

Inge Kochskämper ist Hauswirtschafterin für die Kinder der Erlenschule und und erhitzt das vorgekochte Essen mit dem „Konvektomat“
Inge Kochskämper ist Hauswirtschafterin für die Kinder der Erlenschule und und erhitzt das vorgekochte Essen mit dem „Konvektomat“ © WAZ

Ein Konvektomat ist ein Dampfluft-Ofen, den man heutzutage quasi in jeder Kita findet. Er steht auch in der (dank einer Spende des Möbelhauses Ostermann) toll ausgestatteten Küche der Ev. Kita Rüdinghausen. Was bietet dieser Raum für Möglichkeiten! „Wir könnten hier mit allen Kindern frisch kochen“, klagt Einrichtungsleiterin Melanie Aha. „Stattdessen räumen wir lediglich die Spülmaschine aus und ein.“

Wie in Rüdinghausen liefert in nahezu allen Kindergärten ein Anbieter vorgekochtes Essen. Bei dem Hattinger Anbieter „Meyer Menü“ wird es im Wärmebehälter geliefert, beim größten Versorger „Apetito“ werden die Speisen tiefgekühlt und dann wieder im Dampfofen erwärmt. Auch bei der Awo gilt das Prinzip „Folie ab“: Der Verband lässt seit über zehn Jahren in der eigenen Großküche in Sprockhövel kochen, von dort werden alle Wittener Kitas mit tiefgefrorenen Gerichten beliefert. „Wir erwärmen die Zutaten separat. Also Fleisch, Gemüse, Kartoffeln“, erzählt Erzieherin Janine Messerschmidt von der Awo-Kita Annen.

Nur ab und zu dürfen die Kids selbst ran

„Man muss sich natürlich fragen, was an Vitaminen noch übrig ist, wenn man etwas so oft erwärmt“, kritisiert Manon Füllgraf, Leiterin der Kita Lebenshilfe am Helenenberg. Sie leitet eine der wenigen Einrichtungen, in der tatsächlich eine Küchenhilfe frisch kocht. Allerdings: In der integrativen Einrichtung gilt: Mehr Personal bei weniger Kindern, das eröffnet auch andere Möglichkeiten. Ähnlich ambitioniert arbeiten viele Elterninitiativen, mitunter geben die Kinder in diesen Kitas nicht nur ihr Kind ab, sondern auch einen Topf selbstgekochte Tomatensuppe.

Hackbällchen, Sauerkrautauflauf, Vollkornpfannkuchen, das hätte man wohl auch gern in anderen Kitas. „Aber es kommt doch drauf an, was man aus dem Fertigessen macht“, sagt Sandra Brück-Peters vom städtischen Familienzentrum Erlenschule. Küchenfee Inge Kochskämper „peppt“ hier das Apetito-Menü auf und 32 Kinder seien jeden Tag sehr zufrieden. „Ein bisschen Leckerchen“, bezeichnet Brück-Peters es, wenn Inge noch einen Salat dazu schnipselt, Petersilie drüberstreut oder einen Nachtisch kocht. Auch Pommes und Currywurst seien erlaubt, „solange es insgesamt ausgewogen ist“. Dass die Kinder mal selbst Paprika schnippeln oder eine Pizza belegen, das gäbe es auch - aber in gesonderten Aktionen am Wochenende. Immerhin wird dann die Küche voll genutzt.

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Helenenberg-Kinder verzichten auf Zucker 

Auf dem Helenenberg surrt die Getreidemühle: Ruth Reschke, Köchin in der Kita der Lebenshilfe, mahlt das Korn selbst, setzt Müsli selbst zusammen, kocht frisch. Aber Zucker wird in dem heilpädagogischen Kindergarten generell nicht benutzt. Also keine Nuss-Nougat-Creme, keine Muffins zum Kindergeburtstag? „Selbst dann sind die Eltern gehalten, tolle Obstteller oder ein gutes Frühstück mitzubringen“, erklärt Leiterin Manon Füllgraf. Einen Praktikant mit Schokoriegel schickt sie resolut ins Pausenzimmer. Überhaupt, wie kann die Kita das gesunde Essenskonzept stemmen?

Füllgraf: „Bis 2010 wurden wir auch beliefert. Dann kam mal eine Ernährungsberaterin, sah die Fertigkost und sagte sarkastisch: Es sieht immerhin aus wie Essen.“ Letztlich sei das Essen auf dem Helenenberg das Ergebnis einer engen Kalkulation: 2,50 Euro zahlen die Eltern pro Tag. Der Träger bezahlt eine Küchenkraft für täglich drei Stunden. Ruth Reschke kocht nicht nur, sie kauft in der Zeit auch ein. Viel Saisonales, das sei preisgünstiger. Den Biolieferanten musste man leider abbestellen und auf „Bio light“ aus dem Supermarkt umschwenken. „Sonst werden die Kosten zu hoch.“

In Vormholz wird Mischkost aufgetischt

Die städtische Kita Vormholz setzt ihren Schwerpunkt auf die Ernährung. Mit ihrem Konzept schafft sie den Spagat zwischen Qualität und Quantität beim Mittagessen. „Wir bestellen ausschließlich das Hauptgericht über Apetito“, erklärt Leiterin Susanne Warmer-Wittpoth. Also etwa das Fleisch, Gemüse und Kartoffeln werden dann frisch gekocht. Oder Nudelsoße, die Spaghetti bereitet eine Küchenhilfe vor Ort „al dente“ zu. Ein Tag in der Woche aber ist „apetitofrei“. Dann wird selbst gekocht: Linsensuppe oder Möhreneintopf und ein Nachtisch, den eine Kita-Gruppe für alle vorbereitet.

Süßigkeiten, Toastbrot oder Nutella sind verpönt – und sollten sich auch nicht in der Brotdose wiederfinden. „Vor einigen Jahren ging’s gar nicht mehr. Pommes, Chips, Süßigkeiten, alles wurde mitgebracht“, berichtet die Leiterin. „Uns ist es wichtig, dass die Einrichtung ein ausgewogenes Ernährungsverhalten vermittelt.“ Und so werden auch die Erzieherinnen eingespannt. „Wir versuchen aus den uns gegebenen Möglichkeiten das Beste rauszuholen“, sagt Warmer-Wittpoth. Auch wenn die Finanzierung - Apetito plus der Zukauf von Lebensmitteln - stets eine Gratwanderung sei.