Witten/EN-Kreis. Jobcenter stehen vor einem Umbruch. Der Leiter im EN-Kreis mit Witten übt scharfe Kritik, Jugendliche und die Behörde könnten die Verlierer sein.

Der Leiter des Jobcenters für den EN-Kreis schlägt Alarm. Die Bundesregierung plant eine Verwaltungsreform, die Heiner Dürwald scharf kritisiert, vor allem wegen möglicher Kosten. In der Behörde habe sich mächtig Unmut aufgestaut.

Es herrschte zwar sonniges Wetter und eine lauschige Atmosphäre am Zollhaus in Witten, als dort der Ausschuss für Arbeitsmarktpolitik in der zurückliegenden Woche tagte. Doch von heiterer Stimmung konnte kaum noch die Rede sein, als während der Sitzung die Sprache auf die geplanten Veränderungen kam.

Arbeitsagentur soll demnächst für die jungen Menschen zuständig sein

Heiner Dürwald, Chef des Jobcenters im EN-Kreis: Reform kostet nicht nur Arbeit, sondern auch Geld.
Heiner Dürwald, Chef des Jobcenters im EN-Kreis: Reform kostet nicht nur Arbeit, sondern auch Geld. © FUNKE Foto Services | Volker Speckenwirth

Ab dem Jahr 2025 soll das Jobcenter nicht mehr für alle die jungen Menschen zuständig sein, die unter 25 Jahre alt sind und in Bedarfsgemeinschaften, also von Bürgergeld, leben. Das sind derzeit rund 3350 Personen und damit etwa ein Fünftel der Anspruchsberechtigten. Um sie soll sich demnächst die Agentur für Arbeit kümmern.

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„Dabei haben wir in unserem Jobcenter 24 Fachleute, die diese Klientel kennen, sich kümmern und um die Herausforderungen wissen“, betonte Dürwald. Wenn die jungen Menschen noch keinen Beruf ergriffen haben, gehen sie (noch) zur Schule oder nehmen an Förderprogrammen teil, um auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Die zuständigen Mitarbeitenden des Jobcenters bemühen sich darum, den Jugendlichen Wege zu bahnen.

„Wenn unsere Leute nun im Zuge der Umstrukturierung ihre Aufgaben verlieren, können wir sie zwar an anderen Stellen einsetzen“, so der Leiter. Doch das könne nicht der Sinn der Sache sein, zumal die Arbeitsagenturen nun neue Strukturen aufbauen müssten, um die Jugendlichen unter 25 Jahren begleiten zu können. „Das kostet nicht nur Arbeit, sondern auch Geld.“ Eigentlich wolle doch die Regierung sparen. Dass nun die Integrationscoaches und Ausbildungsvermittler, wie Berufsbezeichnungen für die Fachleute lauten, von einer Behörde in die andere wechseln, komme wahrscheinlich eher nicht in Betracht.

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Brandbrief an die heimischen Bundestagsabgeordneten

Die Bundesregierung wolle mit dem Schritt den eigenen Haushalt entlasten, bürde aber den gesamten Kostenapparat der Arbeitsagentur auf. „Die wiederum wird nicht aus allgemeinen Steuergeldern finanziert, sondern einzig und allein von den Menschen, die sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind.“ Auch aus diesem Grund sieht Dürwald den Wechsel sehr kritisch und verweist darauf, dass auch viele Sozialverbände die Bedenken teilen.

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In einem Brief an die heimischen Bundestagsabgeordneten hat er bereits seinem Ärger Luft verschafft. Darin bringt er noch eine Befürchtung zum Ausdruck: Das Jobcenter erhält derzeit rund 3,5 Millionen Euro für die Eingliederung junger Menschen in den Arbeitsmarkt. Bei einem Übergang zur Arbeitsagentur könnten die bestehenden Maßnahmen überwiegend auslaufen.

Sorge bereitet Dürwald obendrein, dass dem Jobcenter im nächsten Jahr rund 2,3 von ansonsten 21 Millionen Euro gestrichen werden, um Menschen in Arbeit zu bringen. Wo und wie er den Rotstift ansetzen soll, ist ihm derzeit noch schleierhaft.

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