Witten. Weil der Aufzug im Hauptbahnhof gesperrt ist, haben Menschen mit Kinderwagen oder Rollstuhl ein großes Problem. Wie kommen sie nun ans Ziel?
Der Aufzug im Hauptbahnhof Witten ist nicht kaputt, aber trotzdem ein halbes Jahr lang nicht nutzbar. Er wird routinemäßig nach 15 Jahren erneuert. Mit Blick auf den nicht-barrierefreien Bahnhof Annen-Nord heißt das: Für Fahrgäste mit Kinderwagen, Rollator oder im Rollstuhl, mit großen Gepäckstücken oder Fahrrädern ist es fast unmöglich, von Witten aus mit der Bahn zu fahren oder dort anzukommen.
„Es gibt keine Lösung für gehbehinderte Menschen, auf den Bahnsteig zu kommen“, gibt ein Sprecher der Deutschen Bahn (DB) zu. Bis Frühjahr 2024 dauern die Arbeiten am Aufzug der Gleise 3 und 4 im Hauptbahnhof. Für diese Zeit empfiehlt die DB: Entweder könne man in Wetter/Ruhr aussteigen und dann mit dem Bus nach Witten fahren. In Wetter führt eine flache Rampe vom Bahnsteig auf die Bahnhofstraße, die laut Wetteraner Lesern aber keinen vergleichbaren Komfort biete wie ein Aufzug. Oder man kann am Hauptbahnhof Bochum den Zug verlassen, den Aufzug nutzen und mit der Straßenbahn 310 die Fahrt fortsetzen. Mindestens 30 Minuten ist man so länger unterwegs.
Annener Rollstuhlfahrerin kann erst in Bochum in den Zug
Petra Bruckner schlägt ungläubig die Hände zusammen. „Wo fahre ich denn jetzt ab?“ Die 62-Jährige leidet an MS und sitzt seit 2011 im Rollstuhl. Schon jetzt ist Zugfahren für die Annenerin kompliziert. Sie fährt erst mit dem Bus zum Hauptbahnhof und nutzt dort die Aufzüge. Das 1989 errichtete Annener Bahnhofgebäude besitzt nur eine schmuddelige Unterführung mit Treppen und somit keine Möglichkeit für gehbehinderte Leute, aufs Gleis zu kommen.
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Die Klagen sind bekannt. Im VRR-Stationsbericht wird der Bahnhof Annen Nord jedes Jahr aufs Neue kritisiert. Aber tut sich da etwas? Aktuell diskutiert die Wittener Politik den Bau einer Fußgängerbrücke zwischen dem neuen Bildungsquartier Annen (neben dem Hallenbad) und der Westfalenstraße (nahe HEM-Tankstelle). Von der Brücke aus würde ein Aufzug auf den Bahnsteig führen. Die Stadt arbeitet an einer Grundlagenplanung. Seitens der DB wird sich in den nächsten Jahren aber nichts ändern. „Es ist weiterhin keine Barrierefreiheit in Planung“, so ein Bahnsprecher.
Wie es anders gehen kann, zeigt der Wittener Hauptbahnhof. Bis 2022 wurden die Bahnsteige saniert. Wenn man von der Bahnhofshalle in den Aufzug tritt, gleitet man sanft nach oben. Eine Rampe führt auf den Bahnsteig. Testen kann man das aktuell nur noch auf dem Bahnsteig zu den Gleisen 1 und 2, dort funktioniert der Fahrstuhl. Zu den Gleisen 3 und 4, auf denen die Regionalbahnen abfahren, kommt man nur noch zu Fuß. Der Aufzug ist seit Montag mit großen Stellwänden abgesperrt.
Neuer Aufzug wird vor Freigabe mehrmals überprüft
Die Bahn verteidigt die Baumaßnahme. Es sei besser, einen funktionierenden Aufzug nach einem gewissen Intervall zu erneuern, bevor dieser alt und störungsanfällig wird. Dass das Ganze ein halbes Jahr dauert, sei normal. Der Konzern spricht von einer aufwendigen Demontage und vielen Sicherheitsprüfungen, bis die Freigabe wieder erfolgen könne.
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Rollstuhlfahrerin Petra Bruckner ist es schon gewöhnt, dass das Reisen im Rollstuhl viele Unwägbarkeiten und wenig Komfort bietet. Erst kürzlich war der Aufzug in der Straßenbahnstation Bochum-Rathaus kaputt. Weil sie nicht vom Bahnsteig wegkam, musste sie mit der 310 wieder nach Hause fahren. „Ich fühle mich diskriminiert“, sagt die so fit wirkende 62-Jährige. „Regelrecht aufs Abstellgleis geschoben.“
Die DB rät gehbehinderten Personen, den Mobilitätsservice der Bahn zu nutzen. Dort kann man sich seine Reiseroute barrierefrei heraussuchen lassen. Kontakt: 030-65212888, msz-bahn.de.
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