Witten. Das Café Lemon bei Penny in Witten-Annen ist ein Treffpunkt für Senioren aus dem Viertel. Nun schließt es – weil der Discounter sich erweitert.

Die letzten Stücke Kuchen und Gebäck liegen am Mittwochmittag (23.8) etwas verlassen in der Auslage des Café Lemon im Gebäude des Penny-Marktes in Witten-Annen. Immer wieder kommen Kunden herein, drücken der Betreiberfamilie Payasli die Hände. „Scheiße, ich bin immer gern gekommen“, bringt ein älterer Herr die Stimmung auf den Punkt. Denn das Café schließt. Es hatte sich zu einem lockeren Senioren-Treff entwickelt.

„Traurig“ ist das Wort, das man an diesem letzten Öffnungstag am häufigsten hört. Sonst fehlen vielen hier die Worte. Seit sieben Jahren gibt es das Café. Seitdem hat es sich zu einer Anlaufstelle für die älteren Menschen aus dem Viertel entwickelt. Doch ab Donnerstag (24.8.) ist Schluss.

Der Eigentümer des Gebäudes hat Familie Payasli gekündigt. Denn der Penny-Markt im selben Haus will umbauen und sich erweitern. Auch die ehemalige, zur Hauptstraße hin liegende Kik-Fläche soll Teil des neuen, größeren Discounters werden.

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Wittener Rentner-Gruppe hat sich jeden Tag beim Café Lemon getroffen

Die Rentner-Gruppe ist natürlich auch am letzten Öffnungstag vor Ort – wie sonst auch jeden Tag. „Das hierher ist mein täglicher Weg“, sagt Ilse Risse (79). Sie sitzt mit rund zehn weiteren Seniorinnen und Senioren um einen Tisch. Immer wieder stoßen neue – oder besser gesagt altbekannte Gesichter – zu der Runde. Viele haben sich genau hier kennengelernt, neue Kontakte geknüpft und Freundschaften geschlossen. Da stört es nicht, dass der Außenbereich des Cafés auf dem Parkplatz des Discounters liegt.

„Wir wollen nirgends anders hin“, sagt Lydia Karatay (67). „Hier ist es richtig familiär.“ Denn Onur und Müjgan Payasli bewirten ihre Gäste nicht nur, sondern stehen ihnen auch sonst mit Rat und Tat zur Seite. Mittlerweile gibt es sogar eine gemeinsame Whatsapp-Gruppe. „Wir helfen mit Papierkram oder wenn mal was kaputt geht“, sagt der 47-Jährige.

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Café-Betreiber noch ohne neues Ladenlokal

Noch weiß die muntere Senioren-Gruppe nicht, wo oder ob sie sich in Zukunft weiterhin treffen wird. Rundherum sei ja „tote Hose“. Und weitere Strecken sind für die Rentnerinnen und Rentner nicht mehr so leicht oder gar nicht zu schaffen. „Wo findet man jetzt was anderes, das so zentral gelegen ist und wo man gut hinlaufen kann“, fragt sich Heidi Borchardt (78). Nun werde sich alles verändern. „Hier war immer jemand, mit dem man ein Schwätzchen halten konnte“, sagt Lydia Karatay.

Sehr traurig ist auch Familie Payasli selbst. Vor genau drei Monaten flatterte die Kündigung ins Haus. Für die Café-Betreiber kam das überraschend. Seitdem suchen sie nach einem neuen Ladenlokal. Auch viele Kunden hätten schon Vorschläge gemacht und auf leerstehende Objekte hingewiesen. „Aber es war nicht das passende dabei“, sagt Onur Payasli (47). Man wolle definitiv in Annen bleiben. „Aber erst mal wir wissen nicht, wie es weitergeht.“

Die Umbaupläne der Rewe-Gruppe, zu der Penny gehört, sind derweil noch nicht in trockenen Tüchern. Noch gibt es keinen Zeitplan. Die Stadt soll die notwendige Baugenehmigung bislang nicht erteilt haben.

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