Witten. Können auf der Ruhrtalbahn-Strecke zwischen Hattingen über Witten nach Hagen künftig auch S-Bahnen fahren? Ja, sagt eine Machbarkeitsstudie.
Dass künftig S-Bahnen über die heute für den regulären Personenverkehr gesperrte Strecke der Ruhrtalbahn zwischen Hattingen und Witten fahren könnten, ist keine reine Zukunftsvision mehr. Denn die dafür vom EN-Kreis und dem VRR in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie kommt zu einem positiven Ergebnis und bescheinigt dem Projekt einen volkswirtschaftlichen Nutzen. Damit ist der Weg frei für weitere planerische Schritte – und für eine finanzielle Förderung durch Bund und Land.
„Die Reaktivierung der Ruhrtalbahn ist wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll und lässt sich auch verkehrstechnisch einbinden“, fasst Ulrich Oberste-Padtberg die Ergebnisse der Studie zusammen. Wittens CDU-Chef sitzt auch im Kreistag, seine Fraktion hatte 2020 die Idee für die erneute Nutzung der Strecke entlang der Ruhr. Anlass waren die bevorstehende Sperrung der Herbeder Ruhrbrücken und auch die Internationale Gartenbauausstellung (IGA) 2027.
S-Bahn soll von Hattingen über Witten-Herbede und Bommern bis Hagen fahren
Konkret geht es um die Verlängerung einer künftigen S-Bahn-Linie 22 von Essen über Hattingen bis Hagen – mit Halt in Herbede und Bommern. Hier sollen alle 30 Minuten Bahnen fahren. Gleichzeitig soll auch der RB40 (Essen–Hagen) ab Witten neu über die linke Ruhrseite nach Hagen geführt werden. Grundlage ist die sogenannte Zielnetzplanung 2040 des Verkehrsverbunds Rhein-Ruhr (VRR) für den Bahnverkehr.
Auf der rund 17 Kilometer langen Hauptstrecke zwischen Hattingen und Wengern-Ost fahren heute nur noch Güterzüge und die Museumsbahn, das aber regelmäßig. Dieser Abschnitt verläuft weitgehend eingleisig und ist nicht elektrifiziert. Ab Wengern-Ost bis Hagen schließt die elektrifizierte Strecke der Deutschen Bahn an. Dort verkehren Güterzüge von und nach Witten Hauptbahnhof.
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55 bis 77 Millionen Euro an Investitionen nötig
Insgesamt müssten laut Studie 55 Millionen Euro investiert werden, um die Strecke für den Nahverkehr flott zu machen. Dazu gehört die vollständige Elektrifizierung der mittleren Ruhrtalbahn und damit verbunden auch Umbaumaßnahmen an einigen Tunneln und Kreuzungen für die Installation der notwendigen Oberleitungen. Auch die Leit- und Sicherungstechnik müssen erweitert und einige Bahnsteige verändert werden.
Der Bahnhof Bommern soll, ebenso wie der in Hattingen-Welper, zu einem Kreuzungsbahnhof ausgebaut werden. Dort sollen Züge gleichzeitig aus beiden Richtungen einfahren und halten können. Damit das klappt, soll Bommern ein zweites Gleis und einen zusätzlichen Bahnsteig für die S-Bahn bekommen. Der bestehende Bahnsteig der Museumsbahn soll nach den aktuellen Regeln der Technik umgebaut werden. Auch Herbede soll einen zweiten Bahnsteig nördlich der Gleise erhalten.
Studie: Nutzen der neuen Verbindung ist größer als ihre Kosten
Die Kosten stellt das beauftragte Ingenieursbüro in einem standardisierten Verfahren dem Nutzen der neuen Verbindung gegenüber. Hier fließt etwa ein, wie viele neue Fahrgäste gewonnen werden könnten, wie sich die Reisezeit verkürzt, aber auch positive Effekte auf die Umwelt durch eine Verlagerung von der Straße auf die Schiene. So erwarten die Gutachter etwa rund 200 Fahrgästen pro Stunde zu Spitzenzeiten auf der neuen Strecke. Der am stärksten nachgefragte Abschnitt zwischen Witten-Bommern und Wengern-Ost liegt bei 2000 Fahrten pro Tag.
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Die Schätzung der Investitionen auf 55 Millionen Euro basiert übrigens auf Preisen aus dem Jahr 2022. Um etwaige Preissteigerungen und andere Unsicherheiten zu berücksichtigen, wurden noch einmal 30 Prozent oben draufgeschlagen. Damit liegen die Kosten bei 77 Millionen. Dennoch rechnet sich das Projekt laut Studie. Es kommt auf einen sogenannten Nutzen-Kosten-Index von 1,99.
Damit ist „die Reaktivierung der mittleren Ruhrtalbahn volkswirtschaftlich rentabel und [...] für die weiteren Schritte förderfähig“, heißt es in einer Vorlage für die nächste Sitzung des EN-Ausschusses unter anderem für Verkehr am 23. August. Die Machbarkeitsstudie muss noch vom VRR abgenommen werden. Mit größeren Veränderungen wird aber nicht mehr gerechnet.
Das Ganze ist ein Mammutprojekt. Frühestens ab 2032 wird die neue Strecke wohl nutzbar sein. Zuvor stehen noch viele weitere Planungsschritte an. Deren Finanzierung ist allerdings noch ungeklärt.
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