Witten. Hat Witten die Digitalisierung nicht ernst genommen? Doch, so der scheidende IT-Chef, „sogar sehr“. Dennoch hofft er, dass sich bald was ändert.

Witten ist beim Thema „Digitalisierung“ gut aufgestellt. Davon ist der scheidende IT-Chef Andreas Hasenberg, der Ende des Monats in den Ruhestand geht, überzeugt. Die Stadt habe sich schon sehr frühzeitig um die Bereitstellung von Online-Serviceangeboten gekümmert, betont der 65-Jährige. Der Einführung der „Bundes ID“, dem bundesweit einheitlichen Nutzerkonto für Bürger, um bequem Behördengänge erledigen zu können, sieht er dennoch mit Ungeduld entgegen.

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Die Digitalisierung der Ämter laufe schleppend, die digitalen Angebote im Land glichen einem Flickenteppich: Das hatten Experten am Mittwoch in der WAZ kritisiert. Hasenberg, Leiter des Amtes für Datenverarbeitung und Kommunikationstechnik, möchte dem überhaupt nicht widersprechen. Den Vorwurf, einige Stadtverwaltungen nähmen die Digitalisierung nicht ernst, will er hingegen nicht auf Witten sitzen lassen. „Wir nehmen alles mit, was online möglich ist.“

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116 Dienstleistungen sind in Witten online verfügbar

116 Dienstleistungen seien in der Ruhrstadt bereits online verfügbar, von Sperrmüll über die Hundeanmeldung bis zur Meldebescheinigung. Zum Vergleich: In Dortmund sind es laut Recherchen der WAZ aktuell 195 Dienstleistungen. „Aber wir gehören ja zum Kreis, können vieles gar nicht anbieten“, erklärt der IT-Chef. Dennoch seien auch viele Themen, die von Kreis, Land oder Bund bearbeitet würden, etwa das Wunschkennzeichen oder der Bafög-Antrag, auf der Wittener Seite verlinkt, so dass sie mit einem Klick erreicht werden könnten.

Für viele Anliegen müssen Wittenerinnen und Wittener nicht mehr ins Bürgerbüro kommen. Vieles kann online erledigt werden. (Archivbild)
Für viele Anliegen müssen Wittenerinnen und Wittener nicht mehr ins Bürgerbüro kommen. Vieles kann online erledigt werden. (Archivbild) © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Was bislang fehle, sei die Möglichkeit, mit den Bürgern Dokumente auszutauschen. Da es keine Möglichkeit einer offiziellen Identifizierung gebe, „wissen wir ja nicht, wer wirklich am anderen Ende sitzt“, sagt Hasenberg. Bei der Bestellung von Sperrmüll sei das kein Problem, bei sensiblen Daten schon.

Witten betreibe zwar nicht nur sein eigenes Service-Portal, sondern sei auch an das „Servicekonto NRW“ angeschlossen, über das Bürger sich identifizieren können. Doch selbst das könne bislang bestenfalls als Notlösung gelten. Das Problem: Auch dieses Portal habe keine Postfachfunktion, die für den Dokumentenaustausch nötig wäre, so Hasenberg. „So können Bürger uns zwar etwas online schicken. Aber bei uns geht jeder Bescheid aus Datenschutzgründen per Post raus.“

Anschluss an Bundes ID erfolgt nicht automatisch

Der scheidende IT-Leiter setzt daher große Hoffnungen in die kommende „Bundes ID“, die genau diese Lücke schließen soll. Er warnt davor, mit schnellen Ergebnissen zu rechnen. Erst einmal müsse sich jetzt NRW dem Bundes-System anschließen. Dann könne es in die Kommunen gehen. Doch die Umstellung werde nicht automatisch geschehen.

Jedes einzelne Verfahren müsse einzeln angefasst und angeschlossen werden. Hasenberg: „Das wird ein ziemlicher Aufwand, die Portale technisch zusammenzubringen.“ Ein bis zwei Jahre müsse man dann sicher noch hinzurechnen, bis alle Anwendungen in Gang gebracht sind.

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Deutlich eher erwartet er digitale Fortschritte bei einem anderen Sorgenkind der Verwaltung, den Bauanträgen. Die können bislang nur persönlich eingereicht werden, so ist es Vorschrift. Die Wittener IT arbeitet nun daran, dass Anfang 2024 wenigstens alle technischen Unterlagen – Hasenberg: „also eigentlich alles Wichtige“ – online hochgeladen werden können. Alle – bis auf das Antragsblatt mit den Unterschriften selbst.