Düsseldorf. Behördengänge online mit dem Laptop oder Smartphone erledigen, statt im Wartezimmer beim Amt zu warten. Alles, was Sie darüber wissen müssen.
Es gibt eigene Verwaltungsportale im Internet von Kommunen, von Ländern und vom Bund. Aber wie können die genutzt werden? Was ist das Serviceportal NRW? Was ist Bund ID? Und wie soll die deutsche Verwaltung nach dem Onlinezugangsgesetz digitalisiert werden? Wir haben die wichtigsten Infos einfach und übersichtlich zusammengestellt.
OZG: Was ist das Onlinezugangsgesetz?
Seit 2017 gibt es das Onlinezugangsgesetz, kurz OZG. Es regelt, wie die deutsche Verwaltung digitalisiert werden soll.
Bis Ende 2022 sollten flächendeckend 575 Online-Dienstleistungen auf Verwaltungsportalen verfügbar sein. 122 Stück, etwa der Bafög-Antrag, waren bis zum vergangenen März laut Kurzstudie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) flächendeckend digitalisiert, NRW-weit 144.
Hinweis: Eine Leistung gilt als digital, sobald es einen Online-Antrag gibt.
Marc Danneberg vom Digitalverband Bitkom kritisiert: „Nichts ist gewonnen, wenn sich ein Antrag zwar online stellen lässt, aber danach ausgedruckt, von Hand bearbeitet, herumgereicht und der Bescheid dann per Brief versandt wird.“
Im Mai wurde das Gesetz geändert. Laut Bundesinnenministerium (BMI) war 2017 schon „klar, dass die Verwaltung Ende 2022 nicht ,fertig digitalisiert’ sein wird“.
OZG 2.0: Was bedeuten die Änderungen des Onlinezugangsgesetzes für Bürger?
Das OZG 2.0 sieht vor, dass der Bund ein zentrales Online-Verwaltungsportal für Bürger und Unternehmen bereitstellt – die Bund ID. Verwaltungsportale von Ländern und Kommunen werden daran angeknüpft. Es gibt keine Frist zur Umsetzung.
Was ist Bund ID? Wie funktioniert die Registrierung?
Die Bund ID gibt es seit Ende 2019. Seit Sommer 2021 werden alle gesetzlichen Mindestanforderungen erfüllt.
Das Bürgerkonto hat drei Funktionen: Jeder Bürger bekommt eine digitale Identität. Es gibt ein elektronisches Postfach für Bescheide und Nachrichten sowie einen Suchdienst für Verwaltungsdienstleistungen. Die Online-Angebote sollen laut BMI einfach, sicher und nutzerfreundlich sein.
Wer die Bund ID nutzen möchte, muss ein Konto auf der Internetseite anlegen und sich digital authentifizieren. Das funktioniert über: 1. Benutzername-Passwort-Kombination, 2. Elster-Zertifikat, 3. Online-Ausweisfunktion des Personalausweises, 4. elektronischer Aufenthaltstitel oder 5. eID-Karte für Unionsbürger.
Muss ich als Bürger die Bund ID nutzen?
Nein, die Verwendung ist freiwillig.
Was passiert mit dem NRW-Verwaltungsportal, dem sogenannten Servicekonto NRW?
Seit 2017 gibt es in NRW das Servicekonto NRW. Bürger konnten die digitale Plattform nutzen, um sich bundesweit bei Behörden auszuweisen und Dienstleistungen von Verwaltungen online zu nutzen. Im Februar hat NRW-Digitalisierungsministerin Ina Scharrenbach (CDU) entschieden, dass dieses Portal nicht mehr weiterentwickelt, sondern bald an die Bund ID angeschlossen wird.
Wann das geschieht, ist unklar. Die Landesregierung spricht von einer „Übergangszeit“. In Hessen und Sachsen-Anhalt ist eine Anmeldung auf den Länder-Serviceportalen schon jetzt nicht mehr möglich.
Von der Stadt Duisburg heißt es, dass aktuell eine Abstimmung in NRW mit dem Dachverband der kommunalen IT-Dienstleister stattfinde: „Nach entsprechender Umsetzung können dann alle Services, die jetzt noch mit dem Servicekonto NRW verknüpft sind, mit der Bund ID abgewickelt werden.“
Laut Landesregierung gab es im Mai mehr als 785.000 registrierte Nutzer auf dem Servicekonto NRW – 394 Kommunen in NRW nutzten es.
Was bedeutet die Umstellung vom Servicekonto NRW auf Bund ID für Nutzer?
Wer auf dem Servicekonto NRW angemeldet ist, muss sich auf Bund ID neu registrieren. Das bisherige Konto wird nicht automatisch übertragen – laut NRW-Digitalisierungsministerin aus Datenschutzvorgaben.
Was bedeuten die Änderungen für NRW-Kommunen?
Viele Kommunen im Ruhrgebiet betreiben ein eigenes Online-Portal, das sie auf die Bund ID umstellen müssen. Vielerorts sind diese Portale auch mit dem Servicekonto NRW verknüpft – etwa in Dortmund, Duisburg und Essen. Auf Anfrage teilen die Städte mit, dass sie warten, bis das Länderportal auf Bund ID umgestellt wird. Bisher können ihre Dienstleistungen noch nicht darüber genutzt werden.
Welche Online-Dienstleistungen gibt es bisher in NRW-Kommunen?
„Es gibt sehr unterschiedliche digitale Verwaltungsdienste im Bund, in den Ländern und in den Kommunen. Einige Stadtverwaltungen nehmen die Digitalisierung sehr ernst, andere machen fast nichts“, so Klaus Heiner Röhl vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW).
In Dortmund können aktuell 195 Dienstleistungen digital beantragt werden: von der Altersrente bis zum Wunschkennzeichen. In Essen und Duisburg sind die Online-Angebote nicht aufgeschlüsselt. Hier müssen Nutzer gezielt nach Online-Leistungen suchen.
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„Dieser Flickenteppich muss endlich überwunden werden. Die Bürgerinnen und Bürger müssen wissen: Ich kann unabhängig von meinem Wohn- oder Arbeitsort alle Behördenangelegenheiten über meine Bund ID anstoßen, deren Bearbeitungsfortschritt verfolgen und meine Kommunikation mit der Verwaltung bündeln“, kritisiert Marc Danneberg vom Digitalverband Bitkom.
Wann wird es alle Online-Dienstleistungen in jeder Kommune geben?
„Ein Ende der Digitalisierung ist nicht absehbar. Ebenso kann nicht gesagt werden, wann alle Angelegenheiten digital in Dortmund zu nutzen sind“, teilt Dortmund mit. Es ergebe keinen Sinn, Dienstleistungen in Eigenregie zu entwickeln, die zentral über Bund und Länder bereitgestellt werden sollen.
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Problem: Das OZG stellt immer noch nicht sicher, dass es überall einheitliche Digitallösungen gibt, so IW-Experte Klaus Heiner Röhl. Es habe keine Folgen, wenn Kommunen und Länder die Digitalisierung nicht weiter vorantreiben.
Präsident des Bundesverbandes Digitale Wirtschaft, Dirk Freytag, warnt: „Kocht jeder weiter sein eigenes Süppchen im eigenen Tempo, wird Deutschland weiter zurückfallen und die Bund ID zum nächsten Rohrkrepierer staatlicher Dienstleistungen.“