Witten. Die Jahrhundertflut hat vor zwei Jahren auch Witten heimgesucht. Noch immer kämpft die Stadt mit Folgen. Anwohner denken mit Schrecken zurück.
Zum zweiten Mal jährt sich am Freitag (14. Juli) das Jahrhunderthochwasser. Auch Witten wurde damals von dem Starkregen und den Überschwemmungen zumindest teilweise schwer getroffen. Einige Anwohnerinnen und Anwohner haben die schlimmsten Augenblicke bis heute nicht vergessen. Die Stadt hat in den vergangenen Jahren einiges in die Infrastruktur investiert, um in Zukunft besser gegen solche Naturkatastrophen gewappnet zu sein.
Gerade den Menschen „In der Lake“ in Herbede wurde die Nähe zur Ruhr in jenem Sommer fast zum Verhängnis. „Ich möchte das nicht wieder hochholen. Es war damals schlimm genug. Gut, dass niemand in Witten ertrunken ist“, sagt eine Anwohnerin heute.
Wittener wurden evakuiert
Als die Betroffenen damals am frühen Morgen des 15. Juli erwachten, waren ihre Häuser von den Wassermassen regelrecht eingeschlossen. Die Ruhr war in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag auf eine Rekordhöhe von über sieben Metern gestiegen.
Anwohnerin Gabriele Voss, die seit 40 Jahren „In der Lake“ lebt, hatte ihr Auto noch rechtzeitig auf einem höher gelegenen Punkt in Sicherheit bringen können und versucht, ihren roten Backsteinbau mit Sandsäcken vor der Tür zu schützen.
An einer Evakuierung von Häusern in der Lake und am alten Fährweg führte an jenem 15. Juli aber kein Weg vorbei. Rund 50 Anwohner wurden von der Feuerwehr und DLRG mit Booten in Sicherheit gebracht. Manche von ihnen kamen vorübergehend in einem Flüchtlingsheim unter.
Tagelang schippten sie danach den Schlamm aus Kellern und Garagen. Es dauerte teilweise Wochen oder Monate, bis alles wieder trocken war. Die Stadt hat heute noch mit den Folgen der Flut zu kämpfen. Das Land gab offiziell 2,5 Millionen Euro zur Beseitigung der Schäden.
Der Wiederaufbau werde nach und nach umgesetzt. Dazu zählen etwa Projekte für den Muttenbach. Hier sind Böschungen und Randstreifen zu erneuern. Zudem hat die Flut auch die Steuerungsanlage der Ampel im Kreuzungsbereich der Herbeder Straße/Alter Fährweg und dem Alfred-Herrhausen-Weg mit voller Wucht getroffen. 37.450 Euro kostet die Technik, die dort ersetzt werden muss. Bis zum 30. Juni diesen Jahres konnten auch Privatleute noch Hilfen beantragen. Laut dem nordrhein-westfälischen Heimatministerium wurden hier rund 458.000 Euro bewilligt, 417.000 Euro sind davon schon ausgezahlt.
Auch wenn in jenem Sommer 2021 alle lokalen Warnungen zu spät kamen: Zu den vorbeugenden Maßnahmen zählt bereits seit drei Jahren beispielsweise eine Starkregen-Gefahrenkarte. Darauf können die Wittener sehen, wie hoch die Überflutungsgefahr in ihrem Wohngebiet ist. Die Karte wird mithilfe eines Computerprogramms errechnet und zeigt, wie hoch das Wasser bei Starkregen stehen kann.
Kurzfristig sind einige Maßnahmen allerdings nur schwierig oder auch gar nicht umzusetzen. Dazu zählt unter anderem der Umbau der Kanalisationen. „Sie müssten dreimal so groß sein. Das kriegen wir aber weder technisch noch wirtschaftlich hin. Die Abwassergebühren würden in diesem Zuge immens steigen“, sagte Starkregen-Risikomanager Tobias Wanders zuletzt auf einer Infoveranstaltung.
Mehr Grün auf Dächern
In jedem Fall berücksichtigt die Stadt bei ihren städtebaulichen Planungen mittlerweile immer stärker den Katastrophenschutz. Eine Möglichkeit im Kampf gegen das Hochwasser sind dabei etwa mehr Freiflächen, auf denen das Wasser abfließen kann. Zudem soll es zukünftig mehr begrünte Dächer geben, die Feuchtigkeit spenden und speichern sollen. Das ist unter anderem auch in den Umbauplänen des Kornmarkts vorgesehen.
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Zudem hat die Stadt in den vergangenen Jahren zum Beispiel den Kamperbach in Herbede renaturiert und drei große Staubecken angelegt. Weiterhin ist ein knapp 1,8 Kilometer langer Kanal von der Pferdebachstraße bis zur Sprockhöveler Straße geplant. Zuletzt hieß es, dass die Arbeiten dort bis 2028 erfolgen sollen.
Auch bei der Feuerwehr werden die Einsatzszenarien „Starkregen“ und „Hochwasser“ im Brandschutzbedarfsplan verstärkt berücksichtigt. Das berühmte Restrisiko aber bleibt. Stadtsprecherin Lena Kücük: „Klar sollte sein, dass Ereignisse wie 2021 auch zukünftig nicht hundertprozentig beherrschbar sind, sondern durch einen Anpassungsprozess die Schäden nur abgemildert werden können.“
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