Witten. Lokalpolitiker in Witten sind laut Lars König immer öfter verbalen und physischen Angriffen ausgesetzt. Er findet deshalb jetzt klare Worte.
Bevor die erste Ratssitzung des Jahres losgehen konnte, stand zunächst einmal der formale Teil im Fokus. Sylvia Steinert wurde als neues Ratsmitglied der Piraten begrüßt. Sie tritt die Nachfolge von Stefan Borggraefe an, der sein Mandat niedergelegt hat. Bürgermeister Lars König nahm das zum Anlass, auf den Umgang mit und unter Lokalpolitikern aufmerksam zu machen.
„Die Angriffe auf Stefan Borggraefe haben ihn in seiner Gesundheit beeinträchtigt“, so König. Der ehemalige Piratenchef sah sich immer wieder Anfeindungen insbesondere aus der rechten Ecke ausgesetzt. 2022 wurde der Politiker im Netz sogar mit dem Tod bedroht. Schon mehrfach kam es zu Gerichtsverhandlungen. „Dies hat leider auch gesundheitlich Spuren bei mir hinterlassen“, sagte Borggraefe in seiner Rücktrittserklärung.
König: Mehrere Vorfälle in Witten
Das sei allerdings nicht der einzige Vorfall in den vergangenen Monaten und Jahren gewesen, so König. Er erinnerte an die ehemalige Piraten-Politikern Elaine Bach, die ihr Mandat im vergangenen Mai niederlegte. Als Grund führte sie damals Depressionen an. Bestimmte Aspekte der lokalen politischen Arbeit hätten bei ihr „einen bitteren Eindruck in meiner Wahrnehmung des kommunalen Politikbetriebs hinterlassen“ und sie „extrem belastet“.
König seien in der letzten Zeit mehrere Vorfälle geschildert worden. „Es gab auch einen Fraktionsvorsitzenden, der physisch bedrängt wurde, auch ein weiteres Ratsmitglied hat mir von ähnlichen Erfahrungen erzählt.“ Gewalt sei dabei nicht nur auf das Körperliche zu beziehen. Auch verbale Angriffe, etwa auf Social-Media-Kanälen, seien nicht zu akzeptieren. „Was man dort äußert, kann man so schnell nicht mehr einholen“, so der Bürgermeister. Auch er selbst habe solche Erfahrungen gemacht, könne damit aber umgehen. Zudem habe es zeitweise Aufkleber in der Stadt gegeben, die sich negativ gegen eine spezielle Partei richteten.
König sieht die ehrenamtliche Arbeit in der Lokalpolitik deshalb gefährdet. „Ich möchte, dass jeder die Möglichkeit hat, sich hier ehrenamtlich zu engagieren. Wir wurden alle demokratisch gewählt.“ Jeder habe es verdient, dass man mit ihm oder ihr respektvoll umgeht. „Solche Anfeindungen beschäftigen uns und wir gehen dem auch nach.“ Dabei meint das Stadtoberhaupt auch den Umgang der Politiker untereinander und erinnert daran, dass es auch Ratsmitglieder gibt, die sich auf Social-Media-Plattformen gegenseitig angreifen.
„So ein Umgang untereinander gibt kein gutes Bild ins Stadtbild ab“, so König. „Wir lehnen jegliche Form von Gewalt ab. Dabei geht es auch um die Mitarbeiter im öffentlichen Dienst.“ Diese sollten sich bei ihrer Arbeit sicher fühlen. In diesem Zusammenhang sprach der Bürgermeister auch noch einmal die Kampagne „Sicher im Dienst“ an, der die Stadt mittlerweile beigetreten ist. Ziel dieser ist es, Polizisten, Feuerwehrleute und andere Beschäftigte im öffentlichen Dienst besser vor Übergriffen zu schützen.
WBG-Fraktionschef kritisiert Fraktionen
Auch WBG-Fraktionschef Siegmut Brömmelsiek thematisierte das Verhalten der Politiker in Witten untereinander in seiner Haushaltsrede. „In den 19 Jahren, in denen ich Lokalpolitik betreibe, habe ich noch nie eine solche Stimmung oder Blockbildung erlebt“, sagte er. Einigen Fraktion gehe es nicht mehr um die Sache, sondern nur noch darum, Mehrheiten zu verhindern. Das könne nicht im Sinne der Bürgerinnen und Bürger sein. „Vielleicht sollte jedes Ratsmitglied einmal darüber nachdenken, für was er oder sie Kommunalpolitik betreibt.“