Witten. Elaine Bach verlässt die Piratenfraktion im Wittener Rat. Grund ist eine Erkrankung – die durch Hass und Hetze in der Politik schlimmer wurde.
Seit rund anderthalb Jahren besteht der Rat der Stadt Witten in seiner aktuellen Zusammensetzung. In der Piraten-Fraktion steht nun schon die zweite große personelle Veränderung an. Ratsfrau Elaine Bach, die nach der letzten Kommunalwahl auf Listenplatz 2 erstmalig ins Stadtparlament eingezogen war, hat ihr Mandat niedergelegt. Grund ist eine seelische Erkrankung der 33-Jährigen.
Im November vergangenen Jahres verließ Ratsmitglied Patrick Bodden die Piraten-Fraktion und -Partei. Er wechselte zum konservativen „Stadtklima“ unter Michael Hasenkamp. Die Piraten verloren dadurch einen Sitz, die Fraktion schrumpfte von drei auf zwei Vertreter. Der Rückzug von Elaine Bach ist nun aber ganz anderer Natur.
Bitterer Eindruck des kommunalen Politikbetriebs
In einem ausführlichen Statement auf der Internetseite der Wittener Piraten legt die Kommunikationsdesignerin ihre Motivation dar. Aus gesundheitlichen Gründen könne sie ihrem eigenen, sehr hohen Anspruch an die Ratsarbeit nicht entsprechen, heißt es dort. Denn Bach leidet unter depressiven Episoden. Sie sei dankbar für die Erfahrungen, die sie in der kommunalpolitischen Arbeit machen durfte. Doch bestimmte Aspekte derselben hätten „einen bitteren Eindruck in meiner Wahrnehmung des kommunalen Politikbetriebs hinterlassen“ und sie „extrem belastet“.
So seien Ausschuss- oder Ratssitzungen mit teils aggressiven, hetzerischen Beiträgen von anderen Akteuren „nur schwer auszuhalten“ gewesen. Zu einer generell hohen Belastung von Kommunalpolitikern seien dann noch die Anfeindungen, Drohungen und Verleumdungsversuche gegen die Piraten-Fraktion gekommen. Besonders auf Facebook hatte sich Häme über die Digital-Partei ergossen, nachdem bekannt wurde, dass der Hackerangriff auf die Stadt über einen gekaperten Piraten-Account vorbereitet wurde. Auch unter den Morddrohungen gegen Fraktionschef Borggraefe habe ihre mentale Gesundheit zusätzlich gelitten, schreibt Bach.
Veraltete und frauenfeindliche Äußerungen in Ausschüssen
Bach beklagt zudem „antiquierte und antifeministische Äußerungen von Gremienmitgliedern“. Sie sei allen progressiven Politikerinnen dankbar, die sich dem weiterhin stellten. „Allen weiblichen Vertreterinnen im Wittener Stadtrat wünsche ich, dass wir mehr werden und sich das patriarchalisch-verstaubte Politik-Business zukünftig verändern lässt.“ Sie selbst habe dazu zu ihrem größten Bedauern nicht die nötige Energie. Den Grund für ihren Rückzug lege sie offen, weil sie sich mehr Aufmerksamkeit für das Thema „mentale Gesundheit“ in der Politik wünscht.
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Ihr Mandat gibt Elaine Bach an einen anderen Piraten ab, der allerdings noch nicht öffentlich benannt ist. Sie tue dies bewusst, um die Arbeit der Fraktion zu erhalten beziehungsweise wieder zu stärken. Der Partei, der Fraktion und vor allem ihrem Vorsitzenden dankt sie für die ihr zuteil gewordene Unterstützung.
Der Rückzug von Bach sei „ein Riesenverlust“, sagt Stefan Borggraefe. „Als junge Frau hat sie eine wichtige Perspektive in den Rat und unsere Fraktion gebracht. Das wird jetzt fehlen.“ Elaine Bach hatte den Bürgermeisterwahlkampf 2015 für die Piraten mitgestaltet und war im Anschluss in die Partei eingetreten. In dieser will sie nun auch weiterhin aktiv sein.