Witten. Die Großbaustelle Wittener Straße (L924) stellt die Hammertaler vor Probleme: Schulkinder brauchen anderthalb Stunden mit dem Bus nach Witten.
Das Hammertal liegt fast außerhalb Wittens, seit einer halben Woche aber noch ein bisschen mehr: Nachdem Straßen NRW die Großbaustelle Wittener Straße (L924) eröffnet hat, kann man nur noch von Witten in Richtung Hattingen fahren, aber nicht mehr zurück. Vor allem die Busanbindung bereitet Probleme.
Weil die marode Wittener Straße in den nächsten 18 Monaten komplett erneuert wird, ist sie seit Freitag (6.1.) von der Kämpenstraße bis zur Recyclingfirma Bötzel einseitig gesperrt. Die Umleitungsstrecke führt über Sprockhövel, Haßlinghausen und Bommern und ist fast zwanzig Kilometer lang.
Schulbus nach Witten ist anderthalb Stunden unterwegs
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Der Schulbus-Fahrplan zeigt, wie kompliziert sich das Leben der Hammertaler auf einmal gestaltet. Kinder, die die weiterführenden Schulen in Witten besuchen, konnten bislang um 6.50 Uhr in die Einsatzwagen steigen. Nun müssen sie bereits um 6.15 Uhr ihre Odyssee starten, die Bogestra hat die Abfahrzeiten der Schulbusse „angepasst“. Und die fahren wie folgt: Bis Niedersprockhövel, dann Umstieg in einen Gelenkbus, der über die Autobahn nach Herbede fährt. Dort Umstieg in einen weiteren Einsatzwagen, der die Kinder erneut über die Autobahn (wegen der gesperrten Ruhrbrücke) über Heven fährt und zum Unterrichtsbeginn um 7.45 Uhr die Wittener Innenstadt erreicht. Anderthalb Stunden für eine etwa zehn Kilometer lange Strecke. „Das ist total irre“, sagt eine Mutter. Sie weiß, dass viele Eltern ihren Kindern diese Tortur nicht zumuten und ihren Nachwuchs per Elterntaxi bringen.
Bei unserem Ortsbesuch fällt auf, dass die Zahl der Pkw sich auf der Umleitungsstrecke in Richtung Sprockhövel nur wenig erhöht hat. Ab und zu brummt ein schwerer Lkw durchs Dorf, die Autos haben offenbar eine Alternativroute durch die Anliegerstraßen gefunden. Im Dorf weiß man auch welche: über den Rehnocken oder die Krünerstraße. „Nicht die Rüsbergstraße, da kontrolliert heute die Polizei“, verrät eine ältere Dame im Fußpflegestudio von Heike Löchter. Dort haben schon viele Ältere ihr Leid über die schlechte Busanbindung geklagt. Etwa Erika Gruhn: „Ich weiß überhaupt nicht, wie ich jetzt zu meinen Ärzten nach Herbede fahren soll“, sagt die 86-Jährige. Den Busfahrplan habe sie studiert und festgestellt: „Das ist alles ganz, ganz umständlich.“
Firmen erwarten hohe Unkosten
Auch die Firmen, die an der Wittener Straße ansässig sind, haben mit Problemen zu kämpfen. Beim Gasverkäufer GPG können einige Mitarbeiter, die bislang mit dem Bus kommen, die Firma nicht mehr erreichen. „Wir müssen uns jetzt etwas einfallen lassen“, sagt Geschäftsführer Martin Porsdorf. Wahrscheinlich werde das Unternehmen den Mitarbeitern Fahrräder zur Verfügung stellen.
Navis führen durch die Rüsbergstraße
Laut Straßen NRW ist die Großbaustelle Wittener Straße „ziemlich geräuschlos“ gestartet. Die Umleitung funktioniere, Probleme bereitet bislang allein die Tatsache, dass viele Autofahrer die parallel zur Wittener Straße verlaufende enge Rüsbergstraße als Schleichweg nutzen. Das Ordnungsamt und auch die Polizei sollen bereits in der Anliegerstraße kontrolliert haben. „Aber es ist natürlich verständlich, dass Ortskundige sich die 20 km lange Umfahrung ersparen wollen“, sagt Andreas Berg, Sprecher von Straßen NRW.
Eine Linderung des Problems erhofft sich Straßen NRW davon, dass Google künftig die Rüsbergstraße nicht mehr als Umfahrung angeben wird. Das hat Straßen NRW beantragt. Viele Navis weisen sie zurzeit noch als kürzeste Ausweichroute aus.
„Wir sind einerseits froh, dass die marode Straße endlich gemacht wird“, sagt Thorsten Hoffmann, Prokurist beim Recyclingunternehmen Bötzel. „Andererseits bedeutet die Einbahnstraßenregelung eine ziemliche Belastung.“ 200 schwere Lkw fahren täglich von und zu Bötzel und können nun nicht mehr die A43-Anschlussstelle Herbede ansteuern. „Die Umleitung über Sprockhövel bedeutet für uns weitere Diesel- und Mautkosten. Wir rechnen über die lange Bauphase mit mehreren 100.000 Euro zusätzlich.“ Hoffmann sorgt sich auch, dass das Unternehmen bei den Anwohnern zwangsläufig in ein schlechtes Licht gerückt wird: „Wenn unsere Trucks jetzt durchs Hammertal oder durch Stiepel rollen, wird das die Anwohner nicht freuen.“