Die Straße Im Hammertal liegt im Südwesten Wittens, immer in Sichtweite des Pleßbachs und der A43. Dorthin führt die neue Ausgabe unserer Stadtteil-Serie.
„Das Hammertal ist wie ein Dorf. Das gehört nicht zu Witten, nicht zu Sprockhövel, Bochum oder Hattingen, wir sind irgendwie extra“, sagt Michaela Schwalm, die in der sich stetig bergauf schlängelnden Straße wohnt. „Im Hammertal“ heißt nur der Wittener Teil der 2,5 km langen Verbindung, auf der Hälfte wird sie zur Bochumer Straße und gehört zu Sprockhövel. Sie folgt dem Pleßbach und irgendwo schwebt immer die A 43 darüber.
„Vier Minuten brauche ich von der Haustür bis zur Stempeluhr: Seit 41 Jahren arbeite ich bei Pleiger in der Konstruktionsabteilung. Mein Vater war schon bei Pleiger gewesen und damals hat meine Mutter den Herrn Paul Pleiger gefragt, ob sie nicht was für den Jungen hätten. So bin ich in die Lehre zum Technischen Zeichner gegangen. Ich habe mich noch nie irgendwo beworben und bei Pleiger bleibe ich bis zur Rente. Was Pleiger macht? Schiffshydraulik zum Beispiel! Wir sind Zulieferer für die Meyer-Werft. Mir gefällt es, dass ich auch im Hammertal zu Fuß einkaufen kann. Bei schönem Wetter fahren wir mit dem Fahrrad zum Stausee. Und die Autobahn hört man doch nur bei Ostwind!“
Rüdiger Scholl, 56
„Den Post-Grill gibt es schon seit 50 Jahren, im Sommer feiern wir das. Früher gab es in dem Bruchsteinhaus eine Kneipe und die Post und dann wurde die Post zur Pommesbude. Was der Hammertaler am liebsten isst? Na, Currywurst, Pommes, Majo, wie alle! Unsere Fleischwaren sind von der Fleischerei Kern, hier im Hammertal hängt ja alles irgendwie zusammen. Das Geschäft gibt es seit 1848, kürzlich ist der Emil Kern verstorben und sein einstiger Lehrling hat den Laden übernommen. Und freitags und samstags wird noch verkauft – die Hammertaler wissen das! Ich besonders, ich wohne doch über der Fleischerei.“
Agnieszka Kiersztan, genannt Agnes, 35
„Ich bin im Hammertal aufgewachsen, weggezogen und wieder gekommen. Mir gefällt diese dörfliche Struktur, jeder kennt jeden. Als Jugendliche ging mir das auf die Nerven und heute finde ich das gerade gut. Das einzige, das ich kritisieren könnte, wäre die schlechte Internetverbindung hier. Die ist wirklich unter aller Kanone.“
Annette Scheller, 49, mit ihren Chihuahuas Sam und Pepe
„Früher habe ich in der Innenstadt von Wuppertal gelebt und dann bin ich zu meinem Mann ins Hammertal gezogen. Die Leute haben mich so nett aufgenommen, das ist eine richtig gute Gemeinschaft. Am besten finde ich, dass ich im Hammertal alles mit meiner Tochter Lara zu Fuß erledigen kann. Wir gehen zum Rewe, zur Apotheke, zur Sparkasse. Die Kindergärten und die Grundschule sind nicht weit entfernt. Seit kurzem gehen wir zum Kinderturnen zum Hammertaler Turnverein. Falls ich doch mal wohin muss, nehme ich übrigens den Schnellbus. Damit bin ich fix in Bochum oder Wuppertal.“
Michaela Schwalm, 31, mit Lara, 2
Dass es die „Hammertaler Baustoffe“ noch gibt, haben wir fünf Piña Coladas und zwei Ouzos zu verdanken. Das war im Griechenland-Urlaub, da diskutierten mein Mann Stefan und ich, wie es mit unserem Baustoffhandel weiter gehen soll. Das Materiallager gibt es seit 15 Jahren. Aber es war nur ein Nebenprodukt seiner Gartenbaufirma. Da stand ein Container, da haben wir den Beton selbst gemischt. Der Baustoffhandel dümpelte vor sich hin, sollen wir den schließen? Nee, man muss zumindest versuchen, was draus zu machen. So leicht gebe ich mich nicht geschlagen! Einzige Voraussetzung: Ich bekomme einen eigenen Bürocontainer, einer, in dem nicht geraucht wird. Im Baubereich rauchen nämlich irgendwie alle.
Eigentlich bin ich Fotografin und Grafikdesignerin, aber 2009 bin ich dann Geschäftsführerin geworden. Unsere Kunden entstammen der Nachkriegsgeneration. Sie haben Eigentum, die Kinder sind aus dem Haus, nun machen sie sich die Terrasse schön. Die wollen eine persönliche, familiäre Beratung. Das Konzept ist aufgegangen und ich bin ganz stolz darauf. Denn mit Baumärkten können wir nicht konkurrieren. Seit 2012 haben wir uns enorm vergrößert: Wir haben jetzt die große Betonmischmaschine, aber die mischt auch kleine Mengen für das Fundament einer Terrasse. Wir nun Regale für das Außengelände – der Platz reicht sonst nicht. Am wichtigsten ist mir das Team: Elf Leute sind wir jetzt, zwei weitere möchten wir noch einstellen. Unser Handel liegt in dem alten Steinbruch Im Hammertal. Früher war hier eine Zeche. Viele unserer Kunden können sich noch darin erinnern, dass sie auf dem Gelände schwimmen waren. Über der Felswand sieht man die Autobahn, leider hört man sie auch.
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