Witten. Im Wittener DRK-Kleidershop gibt es gut Erhaltenes ganz günstig. Der Laden boomt. Das liegt nicht nur an den sonst überall steigenden Preisen.
Im Kleidershop „Jacke wie Hose“ des DRK an der Ruhrstraße herrscht Hochbetrieb. Hauptsächlich Frauen sind es, die sich umschauen auf der Suche nach Schnäppchen. Jacken, Stiefel, Hosen, Pullis, Schals oder Taschen – alles da. Seit drei Jahren wird hier gespendete Second-Hand-Mode verkauft. Zu kleinen Preisen von 50 Cent für Babystrampler bis 35 Euro für eine hochwertige Winterjacke. Es sei der größte Laden dieser Art im EN-Kreis, wenn nicht sogar in ganz NRW, so Leiterin Joanna Schirrmacher.
„Der Bedarf ist groß und steigt angesichts steigender Lebenshaltungskosten seit ein paar Monaten“, sagt die 41-Jährige. Am Monatsanfang, wenn es Geld gegeben hat, sei besonders viel los. Jeder könne sich hier mit Kleidung eindecken. Bedürftigkeit muss nicht nachgewiesen werden.
Im Wittener Kleiderladen finden auch Workshops statt
„Und es muss keinem unangenehm sein, hereinzukommen“, betont Gabi Lange. Die 63-Jährige wohnt um die Ecke, geht bald in Rente und unterstützt den Laden seit Kurzem ehrenamtlich. Weil sie eine sinnvolle Tätigkeit für die freie Zeit suchte und das nachhaltige Konzept unterstützt.
Es gehe darum, dass gut erhaltene Kleidung nicht im Müll oder im Container lande, erklärt Joanna Schirrmacher. Und dass sich Menschen im Laden auch einfach treffen. Nicht nur zum Shoppen. Es gibt Workshops, in denen Besucher häkeln, stricken oder Steine bemalen können. Immer dienstags gibt’s eine Vorlesestunde für Kinder. Hinterm Verkaufsraum befindet sich eine Kreativecke mit Tisch und Stühlen und drei gemütlichen Ledersesseln. Sogar eine Selbsthilfegruppe könnte sich außerhalb der Geschäftszeit treffen. „Am besten wäre es, wenn der Laden rund um die Uhr bespielt würde“, träumt die Chefin von weiteren Angeboten.
23 Ehrenamtliche engagieren sich im Wittener DRK-Shop
Gerade kommt ein Mann herein und gibt zwei gut gefüllte Plastiktüten mit Kleidung ab. Die wandert direkt nach hinten, wo sich das Lager befindet. Es ist mit 100 m² noch größer als der 80 m² große Verkaufsraum. Hier sortiert Leonie die Ware, Lissy versieht sie mit Preisen, Sylvia faltet die Sachen und ordnet sie in die Regale ein. Insgesamt arbeiten 23 Ehrenamtliche im DRK-Shop. Plus Mohammed, der sein Freiwilliges Soziales Jahr absolviert und an diesem Tag für Beratung und Kasse zuständig ist. „Meine fleißigen Bienchen“, nennt Schirrmacher – die einzige Hauptamtliche – das Team liebevoll.
Seit „Jacke wie Hose“ im September 2019 eröffnete, reißt die Spendenflut nicht ab. Anfangs, erinnert sich Schirrmacher, standen die Tüten und Säcke bis unter die Decke. 60 Ehrenamtliche hätten damals mit angepackt, um Struktur ins Geschäft zu bringen. Überwiegend gut Erhaltenes lande bis heute im Laden, meist frisch gewaschen und gebügelt, darunter viele Markenklamotten. „Wir können uns nicht beklagen.“ Eine Spenderin bringe sogar extra Selbstgestricktes vorbei. Beschädigtes werde an Recyclingunternehmen verkauft.
Die Kundschaft: Vom Teenager bis zum Ukraine-Flüchtling
Jubiläumswoche mit Modenschau und Fotobox
Der DRK-Kleidershop „Jacke wie Hose“ befindet sich an der Ruhrstraße 41. Er ist montags bis freitags von 10 bis 17 Uhr sowie an jedem ersten Samstag im Monat von 11 bis 14 Uhr geöffnet. Weitere Ehrenamtliche können sich gerne melden, 02302 910 16 350.
Nicht zu verwechseln ist der Laden mit einer Kleiderkammer, die in der Regel nur Sachen an Bedürftige abgibt, oder einem Second-Hand-Laden, der Ware auf Kommission verkauft. Manche Kirchengemeinde bietet traditionell eine Kleiderkammer an, ebenso etwa der Kinderschutzbund Witten. Die Ruhrtalengel betreiben ein Sozialkaufhaus in Annen.
In der Jubiläumswoche laufen diverse Aktionen. Am Mittwoch, 26. Oktober, gibt es von 16 bis 17 Uhr eine Modenschau. Wer möchte, kann nicht nur zuschauen, sondern auch mitmachen. Bis Ende der Woche steht eine Fotobox im Schaufenster. Wer will, kann sich verkleiden und lustige Bilder mit nach Hause nehmen.
Joanna Schirrmacher spricht von einer „Luxus“-Situation. Damit meint sie außerdem die zentrale Lage direkt neben der Sparkasse und mit einer Bushaltestelle vor der Tür. Viel Kundschaft bringe auch das große und stets liebevoll von den Mitarbeiterinnen Sinnikka und Caro dekorierte Schaufenster. „Wir fahren regelmäßig in andere DRK-Läden, um uns auszutauschen und auf neue Ideen zu kommen“, sagt Schirrmacher. „Und wer einen Kleiderladen eröffnen will, der kommt hier vorbei, weil wir so gut organisiert sind“, ergänzt sie und strahlt dabei ganz stolz.
Nicht nur viele geflüchtete Ukrainerinnen gehörten inzwischen zu den Stammkundinnen. Die Chefin zählt auf: „Es kommen auch einfach umweltbewusste Menschen, viele Studenten und, was mich besonders freut, mehr Teenager.“ Rund 100 Kundinnen und Kunden schauen pro Tag vorbei.
Auch BHs im Angebot
Manche suchen einfach Schnäppchen, andere ein Stück für einen besonderen Anlass, wie etwa ein Krimi-Dinner. Denn es gibt Abendmode ebenso wie Brautkleider. Und seit Galeria Kaufhof vor zwei Jahren geschlossen wurde, sogar Büstenhalter. „Die sind sehr gefragt.“
Auf dem Kassentresen haben die Ehrenamtlichen ein Büchlein ausgelegt. Dort können die Leute Lob und Tadel loswerden. Etliche Seiten sind schon gefüllt, es gibt fast nur positive Stimmen. Viele finden den DRK-Kleidershop „super“. Eine schreibt: „Schön, dass es euch gibt.“