Witten. Eine verwüstete Filiale, geschockte Anwohner, stundenlange Straßensperrung: die drastischen Folgen der Geldautomaten-Sprengung in Witten-Stockum.
Wieder hat es nachts in der Selbstbedienungsfiliale (SB) einer Wittener Bank geknallt. Und wieder wurden Anwohner aus dem Schlaf gerissen. Diesmal ist ein Geldautomat der Volksbank Bochum/Witten an der Hörder Straße in die Luft gejagt worden.
„Es hat unheimlich gerumst“, sagt Anwohner Peter Musch. Der 72-Jährige wohnt direkt gegenüber. Dreimal habe es gegen drei Uhr morgens geknallt, was sich mit Informationen der Ermittler deckt. Muschs Frau rief die Polizei, er beobachtete das Geschehen vom Fenster über der Fahrschule seines Sohnes aus.
„Die sind immer wieder rein und raus“, sagt der Stockumer. Das Tatfahrzeug habe mitten auf der Straße gestanden. Der Rentner sah und hörte, wie Scheiben klirrten und Türen aus ihrer Verankerung gerissen wurden. Die Männer seien maskiert gewesen. Die Polizei geht von drei Tätern aus.
Die Automatenfiliale ist im Erdgeschoss eines dreistöckigen Wohn- und Geschäftshauses untergebracht. Zum Glück ist die Wohnung über der Bank derzeit nicht bewohnt. Trotz der starken Explosion und der zerstörten Fensterfront der Bank im Erdgeschoss sind auf den ersten Blick keine größeren Schäden an der Hausfassade zu erkennen. Auf eine Evakuierung des Gebäudes wurde daher auch verzichtet.
Die Täter benutzten nach Informationen der Redaktion offenbar Festsprengstoff, kein Gas. Die Volksbank hatte extra vor ein paar Jahren noch ein Anti-Gas-System eingebaut, das die in der Vergangenheit üblichen Gasexplosionen verhindern sollte. Der Sprengstoff hat den Geldautomaten weitgehend zerstört. Um an den Tresor mit den Geldkassetten zu kommen, mussten die Täter durch einen weiteren Innenraum auf die Rückseite des Automaten gelangen. Überall sollen Scheine herumgeflogen sein. Am Freitag ließ sich noch nicht feststellen, ob und – wenn ja – wie viel Geld überhaupt fehlte.
Nach Angaben von Anwohner Peter Musch hielten sich die Täter erstaunlich lange am Tatort auf, er spricht von bis zu 20 Minuten. Als die Polizei eintraf, hatten sie sich aber schon aus dem Staub gemacht. Zeugen sahen, wie drei dunkel gekleidete Personen in einem roten Alfa Romeo mit schwarzen Felgen mit hoher Geschwindigkeit davonfuhren, in Richtung Dortmund. Die Autobahn liegt gleich um die Ecke.
Anwohner hatten bereits Sorge
Bereits im Februar hatten Anwohner Sorge, dass der Automat an der Hörder Straße irgendwann gesprengt werden könnte. „Wir haben Angst und können nachts nicht mehr schlafen. Wir sitzen hier auf einem Pulverfass“, sagten die Mieter damals. Die Volksbank versprach, spezielle Türen einzubauen, die für mehr Sicherheit sorgen. „Das ist mittlerweile auch der Fall“, sagt Sprecher Holger Hippel. Die Türen sind so programmiert, dass sie sich von 23 bis 6 Uhr nicht mehr öffnen lassen.
Er bestätigt Informationen, dass die Täter wohl Festsprengstoff verwendet haben. „Da nutzt es auch nichts, wenn die Türen zu sind“, so Hippel. Die Volksbank hat in Witten sechs Automaten. Neben dem in Stockum gibt es auch in Bommern und Annen weitere Geldautomaten in Wohnhäusern.
Polizei sperrt Straße, KTU sichert Spuren
Eine fast gespenstische Ruhe liegt am Morgen nach der Sprengung vor der Bank. Die Polizei hat die Hörder Straße ab der Westfalenapotheke, die direkt neben der Volksbank liegt, fast bis zur Ecke Pferdebachstraße stundenlang gesperrt. Denn die Spurensuche geht auch am späten Vormittag noch weiter. Eine mühsame Arbeit, zwischen all den Scherben und Trümmern. Aus der Wand mit dem Geldautomaten ragen verbogene Metall- oder Stahlstäbe heraus. Auf dem Boden sieht es aus wie nach einem Abriss. Pappe, Papier, Kunststoff, Bretter – überall sind die Teile verstreut.
Bis in den Mittag hinein bleibt die Hörder Straße mit rot-weißem Flatterband gesperrt. Kein Auto, kein Anwohner, kein Kunde kommt durch. Gerade die SB-Tankstelle von Guido Thiemann ist betroffen. Sie liegt direkt gegenüber der Bank, mitten im Sperrbezirk. Auf dem Verdienstausfall von mindestens sechs Stunden werde er wohl sitzen bleiben, sagt der 53-Jährige. Nicht nur deshalb ist er erschüttert. „Die Gewaltkriminalität wird immer größer“, sagt er und blickt auf die verwüstete Bankfiliale mitten in Stockum.