Witten. „Wir sitzen hier auf einem Pulverfass“: Hausbewohner in Witten haben Angst, dass der Geldautomat einer Bank im Erdgeschoss gesprengt wird.

Die Ankündigung, dass eine Bank einen Geldautomaten abbauen würde, hätte bis vor Kurzem für viel Kritik gesorgt. Nun hat sich das Blatt gewendet. Aus Angst vor heftigen Geldautomaten-Sprengungen krimineller Banden möchten viele Anwohner die Automaten nicht mehr in ihrer Nähe haben. „Wir haben Angst und können nachts nicht mehr schlafen. Wir sitzen hier auf einem Pulverfass“, sagen zum Beispiel Anwohner der Hörder Straße in Witten, die über der Selbstbedienungsfiliale der Volksbank wohnen.

„Uns ist es angst und bange“, sagt Ingrid Stipar. Die Rentnerin lebt seit 27 Jahren in einer der Eigentumswohnungen in dem großen Mehrfamilienhaus in Stockum. Die Volksbank-Filiale gibt es dort schon genauso lange. Vorher habe das niemandem Sorgen bereitet. „Da gab es auch Personal. Und als es abgezogen wurde, war der Zugang zu der Bankfiliale nur über die Girokarte möglich“, sagt Ingrid Stipar.

Seit einigen Jahren aber braucht man nur noch einen Schalter zu betätigen, schon öffnet sich die Tür und man steht vorm Geldautomaten. Die Lage der Volksbank an der Hörder Straße passt nach Meinung der Bewohner genau ins Schema der Kriminellen: Autobahnnah, so dass die Täter nach einem Anschlag schnell wieder weg wären.

„Ich kann nachts nicht mehr gut schlafen“

Immer größere Schäden

Die meisten Geldautomaten-Räuber kommen laut Polizei nachts mit schweren Limousinen über die Grenze aus den Niederlanden, wo es wegen stetig steigender Kartenzahlungen kaum noch Bankautomaten gibt.Die Zahl der Fälle in NRW ist leicht gesunken – von rund 170 im Jahr 2020 auf 151 in 2021. Die Schäden, die bei den Sprengungen entstehen, werden immer größer.

Als im Oktober 2021 im nicht weit entfernten Dortmund-Oespel der Geldautomat nebst Filiale in die Luft flog, reichte es den Wohnungseigentümern in Stockum. Sie schrieben einen Brief an die Volksbank, „wir haben ja auch einen Rechtsanwalt im Haus“, sagt Stipar. Die Forderung: Der Geldautomat solle weg, zumindest aber nachts nicht mehr zugänglich sein.

Unten das SB-Center, oben die Wohnungen: Die Volksbank-Filiale an der Hörder Straße in Witten.
Unten das SB-Center, oben die Wohnungen: Die Volksbank-Filiale an der Hörder Straße in Witten. © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka

Karin Krüger wohnt über der Bankfiliale, nur eine zurzeit leerstehende Physiotherapiepraxis trennt ihr Schlafzimmer von dem Selbstbedienungscenter. „Ich kann nachts nicht mehr gut schlafen. Bei jedem kleinsten Geräusch wache ich auf“, sagt sie und knuddelt ihren Hund Boomer.

Volksbank sichert neue Türen zu

Die Volksbank Bochum/Witten hat bereits angekündigt, dass die Stockumer Filiale nachts abgeschlossen werden soll. Noch mangelt es an den Spezialtüren, die sich nur zeitlich programmiert selbstständig öffnen. Bereits Ende Oktober hatte Thomas Schröter vom Marketing des Geldinstituts den Umbau der Türen angekündigt. „Wir haben die Türen in Auftrag gegeben, die Nachfrage ist derzeit aber sehr hoch“, erklärte er damals und betont nun erneut, dass die Stockumer Filiale demnächst umgebaut werde.

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Nachbarin Almut Knauf würde sogar noch einen Schritt weitergehen. „Von mir aus sollten Geldautomaten auf einem Fußballplatz oder im Wald stehen, jedenfalls nicht mehr in Wohnhäusern. Der muss weg“, fordert sie. Auftrieb gab der Eigentümergemeinschaft ein Bericht über einen ähnlichen Fall in Ratingen.

Dort haben die Hausbewohner eine Bank verklagt, damit der Geldautomat im Erdgeschoss abgebaut wird und sie sich wieder sicher fühlen können. Ähnlich denken die Stockumer. Es sei doch nur eine Frage der Zeit, fürchten sie, bis auch an der Hörder Straße etwas passiert.