Witten. Zum Jahresende gehen bei den Eisenwerken Böhmer zwar endgültig die Öfen aus. Leer stehen wird die 45.000 m² große Fläche in Witten aber nicht.
Zum Jahresende ist bei den insolventen Eisenwerken Böhmer zwar endgültig Feierabend. Doch auf dem 45.000 m² großen Gelände an der Annenstraße entsteht neues Leben. Vier Firmen wollen sich dort ansiedeln. Die Stadt möchte das gesamte, sogar doppelt so große Quartier mit dem Eigentümer weiterentwickeln.
Vier Firmen wollen Hallen und Gebäude in Witten nutzen
Tatsächlich läuft die Produktion in dem Traditionsunternehmen noch, das Ende 2021 Insolvenz angemeldet hatte. Aber spätestens zum 31. Dezember ist Schluss. Von den 150 Beschäftigten ist ein erheblicher Teil bereits freigestellt worden, die weiteren folgen noch.
Als im Frühjahr die Suche nach einem Investor erfolglos blieb, der den Standort übernehmen sollte, „haben wir Ausschau nach Firmen gehalten, die unsere Gebäude nutzen wollen“, sagt der scheidende Geschäftsführer Erik Böhmer. Da es in der Ruhrstadt an freien Gewerbeflächen mangelt, fanden sich auch schnell Betriebe, denen das Grundstück an der Annenstraße wie gerufen kam.
Schon zum 1. November will ein Großhändler für Kioskartikel die bisherigen Lagerflächen der Eisenwerke nutzen. Eine Firma für Spezialanlagen soll künftig ihre Heimat in der bisherigen Modellschlosserei finden. Bei beiden Betrieben muss die Stadt aber noch einer Nutzungsänderung zustimmen. Doch das gilt wohl nur noch als Formsache.
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Im neuen Jahr soll ein Stahlhandel aus Wetter und ein Unternehmen aus der Gasbranche in die Gießerei-Gebäude wechseln. Auch hierbei „stehen wir in Gesprächen mit der Stadt, um alle baulichen und rechtlichen Fragen abzustimmen“, erklärt der Geschäftsführer. „Wir sind bestrebt, direkte Anschlusslösungen zu finden“, sagt Eric Böhmer. Einzig und allein für das Verwaltungsgebäude aus dem Jahr 1970 hat sich bislang noch kein Interessent gefunden.
Gemeinsam mit der Stadt will Böhmer ein Städtebaukonzept entwickeln
Für das gesamte Quartier soll ein städtebauliches Konzept entwickelt werden, erklärt Stadtbaurat Stefan Rommelfanger. Damit ist nicht nur das Firmenareal mit seinen 45.000 Quadratmetern gemeint, sondern auch das doppelt so große Gebiet zwischen Erlenweg, Westfalenstraße, Am Stadion und Annenstraße. Es gehört ebenfalls zum Besitz von Böhmer.
102-jährige Firmengeschichte
Die Eisenwerke Böhmer blicken auf eine 102-jährige Geschichte zurück. 1920 war der Betrieb als Tiegelgießerei für Bügel- und Waffeleisen gegründet worden. Kurz danach spezialisierte er sich auf Bergbauzubehör.
Rund alle 20 Jahre erfolgte, so Geschäftsführer Erik Böhmer, eine Neuausrichtung. In den vergangenen Jahren stellte das Annener Familienunternehmen Stahlguss-Teile her, die im Schienenverkehr, Tunnel- und Bergbau sowie in der Stahlindustrie weltweit zum Einsatz kommen. Die Ansiedlung neuer Firmen auf dem Gelände erfolge in enger Absprache mit dem Insolvenzverwalter.
Die Stadt will im kommenden Jahr drei Büros beauftragen, die Entwürfe erarbeiten, wie das Viertel in Zukunft aussehen soll. Die bestehenden Firmen in dem bereits vorhandenen Gewerbehof oder auch die Kita „Spiel- und Kinderhaus“. müssten aber nicht um ihren Fortbestand fürchten, so Böhmer und Rommelfanger. Ebenso sollen die zu erwartenden Neuansiedlungen dadurch nicht gefährdet werden. Es gehe um grundlegende Perspektiven für die kommenden Jahre. Die Vorschläge sollen anschließend in der Verwaltung und den politischen Gremien zur Diskussion stehen.
Pläne für neue Wohnungen vorgesehen
Holger Jüngst, Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Annen, geht davon aus, dass der Prozess vier bis sechs Jahre dauert. Erik Böhmer hat den Sozialdemokraten in dieser Woche die Zukunftspläne vorgestellt. Danach sollen auf dem Gelände zusätzlich neue Wohnungen entstehen, frei finanzierte und öffentlich geförderte. Umfang und Größenordnung sind aber noch vollkommen offen. Die Absichten als solche begrüße der Ortsverein, so Jüngst, da Wohnungen dringend gebraucht würden. Begrüßenswert sei vor allem aber auch, dass weiterhin dort Firmen angesiedelt sind.
Das Städtebaukonzept solle in einem ersten Schritt Ziele für die weitere Nutzung des gesamten Areals formulieren, sagt Jüngst. Nach eingehender Diskussion über die vorgelegten Entwürfe werde schließlich ein Bebauungsplan entwickelt. Darin sollen die Interessen aller Beteiligten, also der beispielsweise der Firmen und der Anwohner, Beachtung finden.