Witten. Nächste Woche wird es ernst: Für viele Wittener erhöhen sich Gas- und Strompreise. Die Verbraucherzentrale wird von Beratungsanfragen überrannt.

Bislang konnte man von steigenden Energiekosten vor allem hören und lesen. Zum 1. Oktober wird es für viele Wittener und Wittenerinnen nun ernst. Neben der allgemeinen Gas-Umlage wird etwa die Hälfte ihrer Kunden, so die Stadtwerke, einen teureren Gastarif zahlen müssen. Auch die Strom- und Fernwärmepreise steigen dann. Wie groß die finanziellen Sorgen sind, zeigt sich bei der Verbraucherzentrale: „Wir werden mit Beratungsanfragen überrannt“, heißt es dort.

Der Reihe nach: Etwa 12.500 Stadtwerke-Kunden können sich noch zurücklehnen und die Heizung an diesen ersten kühlen Herbsttagen aufdrehen. Da sie einen Langzeitvertrag mit Preisgarantie geschlossen haben, gelten weiterhin die vereinbarten Preise. Zum ersten Mal werden aber auch für sie die von der Bundesregierung beschlossene Gasumlage und die Gasspeicherumlage fällig. Etwa 6500 Kunden im Basistarif plus Neukunden bekommen außerdem einen Preisaufschlag um teils 70 Prozent. Plus Umlagen könnten sich die Heizkosten für manche damit nahezu verdoppeln.

Rechnungen kommen erst im Januar

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Die Stadtwerke geben diese Beispielrechnungen – ohne Gasumlagen – an: In einer Wittener Wohnung mit 10.000 Kilowattstunden (kWh) Jahresverbrauch erhöhen sich die Jahreskosten auf rund 1611 Euro (vorher: rund 981 Euro). In einem kleineren Einfamilienhaus mit 15.000 Kilowattstunden Jahresbedarf werden nun rund 2328 Euro (vorher: 1383 Euro) fällig.

Sichtbar wird dies erst Anfang 2023. Zum 31. Dezember 2022 stellen die Stadtwerke die Rechnungen aus. Im Laufe des Januars könnten dann auch viele Vermieter Nachzahlungen in Rechnung stellen. „Wir hoffen, dass aus Berlin noch eine Entlastung kommt“, sagt Stadtwerke-Sprecher Mathias Kukla. „Wir sehen die Gefahr, dass viele diese Erhöhungen nicht tragen können.“ Eine direkte Entlastung könnte etwa die von der Bundesregierung bislang nur angedachte Senkung der Mehrwertsteuer auf Gas sein.

Besonders gebeutelt sind Kunden von Energie-Discountern

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Die Stadtwerke beliefern etwa 80 Prozent aller Wittener Haushalte. Bei anderen Versorgern sind die Preiserhöhungen längst durchgeschlagen. Viele beziehen Strom und Gas bei „Energie-Discountern“ wie Primastrom oder Extraenergie. Bis vor der Ukraine-Krise konnten diese Versorger an der Börse Energie billiger einkaufen als viele Stadtwerke, nun hat sich das Blatt gewendet.

Vor allem diese Kunden schlagen jetzt bei der Verbraucherzentrale in Witten auf. „Die Nachfrage nach Beratung ist explodiert“, sagt ein Mitarbeiter, „und wir haben das Gefühl, die große Welle kommt erst noch.“ Themen seien meist Zahlungsschwierigkeiten und rechtliche Fragen zu Preiserhöhungen: „Die Lieferanten versuchen immer wieder, trotz Preisgarantie ihre Beschaffungskosten an die Kunden weiterzugeben.“

Was die Verbraucherzentrale aber auch feststellt: Auch die, deren Konto nicht leer ist, haben Beratungsbedarf. Das Interesse an Energie-Alternativen wie Wärmepumpe oder Solartechnik sei enorm gestiegen. „Gefühlt jeder, dessen Heizung 15 Jahre und älter ist, fängt auf einmal an zu recherchieren“, so die Verbraucherschützer im Wittener Hauptbahnhof. „Viele Beratungsangebote haben wir eingestellt, sie finden jetzt komplett online statt. Denn damit können wir mehr Leute auf einmal erreichen.“