Witten. Auf den ersten Blick scheint Witten laut der Statistik der Bezirksregierung gut mit Lehrkräften versorgt zu sein. Das sieht aber nicht jeder so.

Seit Mittwoch drücken die Schülerinnen und Schüler in Witten wieder die Schulbank. Auch für die Lehrkräfte geht es wieder los. Auf den ersten Blick sieht es so aus, als seien Wittens Schulen dahingehend gut versorgt. Ausfälle kann sich aber keine Schulform erlauben.

Nach Angaben der Bezirksregierung Arnsberg sind derzeit 98 Prozent aller Stellen in Witten besetzt. An Haupt-, Förder-, Realschulen und den Gymnasien sind es sogar über 100 Prozent. Witten liegt damit über dem NRW-Schnitt von 97. Das bedeutet allerdings nicht, dass man sich personell keine Sorgen machen müsste.

Kollegium am Ruhr-Gymnasium in Witten wird immer jünger

Am Ruhr-Gymnasium erreicht man die Vollbesetzung nicht. „Wir haben offene Stellen, ich kann aber noch nicht genau sagen, wie viele es sind“, sagt Direktor Dirk Gellesch. Er ist derzeit erst dabei, die genaue Statistik zu erarbeiten.

Ein Problem ist vor allem, dass das Kollegium immer jünger wird. „Es ist schön, wenn die Menschen Familien gründen. Da freue ich mich auch drüber.“ Für die Schulen hingegen hat das Folgen. So muss erst eine Vertretungskraft gefunden werden, wenn jemand in Elternzeit geht. „Insbesondere mitten im Schuljahr ist das quasi unmöglich“, sagt Gellesch. Generell sei der Markt der Aushilfslehrer nicht gut besetzt. „Es ist ja auch immer nur eine befristete Zeit. Die meisten Leute wollen natürlich auf Dauer irgendwo arbeiten.“ Wer jemanden in Elternzeit vertritt, hat die Stelle in der Regel aber nur für maximal ein Jahr.

Mathelehrer fehlen in Witten

Hinzu kommt der fachbezogene Mangel. Derzeit suche man vor allem Mathematiklehrer. „Das ist aber immer wieder unterschiedlich“, sagt der Chef des Ruhr-Gymnasiums. Zuletzt seien es Musik und Chemie gewesen. „Das sind Wellenbewegungen. Eine genaue Erklärung habe ich auch nicht dafür.“

Dirk Gellesch (links) leitet das Ruhr-Gymnasium in Witten.
Dirk Gellesch (links) leitet das Ruhr-Gymnasium in Witten. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

An den weiterführenden Schulen kann der Personalmangel hier und da noch durch Stundenausfälle kompensiert werden. Das ist an Grundschulen hingegen selten möglich. Mit 96 Prozent sind die Grundschulen in Witten personell unterbesetzt, nur die Gesamtschulen (93 Prozent) und die Berufskollegs (96 Prozent) sind noch schlechter beziehungsweise gleich aufgestellt.

Dörthe Diefenbruch ist Leiterin der Pferdebachschule. Sie kann derzeit alle acht Klassen mit einer festen Lehrerin oder einem Lehrer besetzen. „Sobald jemand ausfällt, wird es aber schwierig“. Eben auch, weil Grundschulen die Schülerinnen und Schüler nicht erst später kommen oder früher nach Hause gehen lassen. „120 unser 200 Schüler besuchen die OGS. Diejenigen brauchen die Ganztagsbetreuung.“ Kindern auf weiterführenden Schulen könnte man hingegen auch in der fünften oder sechsten Klasse mal einen Schlüssel mitgeben, falls der aufgrund von Ausfällen Unterricht früher vorbei ist.

Schwangere Lehrerinnen könnten dauerhaft ausfallen

„Es sieht wirklich nicht gut aus“, sagt Diefenbruch. Am Anfang des Schuljahres ginge es noch. „Wir haben alle unsere Pläne gemacht und hoffen natürlich, auch möglichst lange so durchzukommen.“ An ihrer Schule sei sie derzeit der einzige Puffer. Hinzu kommt die Problematik bei schwangeren Lehrerinnen in Zeiten von Corona. Bei jedem positiven Fall an der Schule müssen diese Lehrkräfte 14 Tage zu Hause bleiben.

An der Pferdebachschule in Witten hat derzeit jede Klasse auch einen Lehrer oder eine Lehrerin.
An der Pferdebachschule in Witten hat derzeit jede Klasse auch einen Lehrer oder eine Lehrerin. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

„Vor allem im Herbst wird das schwierig. Da muss man einfach ganz deutlich sagen, dass diese Lehrerinnen dann eigentlich dauerhaft ausfallen.“ Diefenbruch hat die Eltern bereits mit dem Thema sensibilisiert. „Es kann sein, dass wir in die Situation kommen, wo dann ein Lehrer zwei Klassen übernehmen muss. Das ist pädagogisch nicht gut, da man einen festen Ansprechpartner braucht, aber es geht nicht anders.“ Doch bis es soweit ist, hofft sie, dass das Kartenhaus möglichst lange stabil bleibt.