Witten. . Dirk Gellesch (55) ist seit rund zwei Wochen der neue Direktor des Ruhr-Gymnasiums. Er mag seine Heimat Witten und liebt Käsekuchen über alles.

Als Dirk Gellesch, groß gewachsen und im grauen Anzug, durchs Gebäude läuft, hält ihm ein Schüler die Tür auf. Man kennt ihn also schon im Haus, den neuen Leiter des Ruhr-Gymnasiums. Am 11. März hat er die Stelle offiziell angetreten, vor knapp zwei Wochen also. Die Zeit hat Gellesch genutzt, um viele Gespräche zu führen – mit den Kindern und Jugendlichen, mit Lehrern und Eltern. Auch um ein Interview mit dieser Zeitung kommt der 55-Jährige nicht herum – und bietet dazu Käsekuchen an.

Sie haben sich offenbar schon gut eingelebt...

Dirk Gellesch: Den Kuchen hat man mir gerade zur Begrüßung gebacken. Ich bin absoluter Käsekuchen-Fan und lasse das an keiner Stelle unerwähnt. Auch Currywurst esse ich liebend gerne. Und, ja, ich fühle mich hier auch sonst richtig wohl.

Dirk Gellesch mit seiner Stellvertreterin Kerstin Peters, die das Ruhr-Gymnasium etwa ein Jahr lang kommissarisch geleitet hat.
Dirk Gellesch mit seiner Stellvertreterin Kerstin Peters, die das Ruhr-Gymnasium etwa ein Jahr lang kommissarisch geleitet hat. © Jürgen Theobald

Sie sind ganz in der Nähe des Ruhr-Gymnasiums aufgewachsen. Was bedeutet das für Sie?

Ich bin an der Wideystraße groß geworden, habe am Kiosk am Ossietzkyplatz so manche gemischte Tüte geholt. Ich war übrigens schon mal zwei Jahre Schüler am Ruhr-Gymnasium, brauchte aber noch etwas Entwicklungszeit und habe dann zur Otto-Schott-Realschule gewechselt. Jetzt schließt sich für mich also quasi der Kreis. Ich bin froh, in der Stadt arbeiten zu dürfen, in der ich wohne. Wir sind vor einiger Zeit nach Bommern gezogen. Da bekommt man viel mehr von der Atmosphäre mit und kann besser nachvollziehen, was die Menschen hier bewegt.

Wie war Ihre Schulzeit?

Ich war kein Super-Schüler, bin aber auch nie mit Bauchschmerzen zur Schule gegangen. Als ich vom Gymnasium wechseln musste, hat mich das aber schon sehr beschäftigt. Irgendwann habe ich dann wieder Vertrauen zu mir gefasst. Ich habe erst später für mich entdeckt, dass es wichtig ist zu lernen, dass Bildung eine unheimlich große Rolle spielt. Deshalb habe ich das Abi auch erst auf dem zweiten Bildungsweg gemacht.

„Ich war auch gerne Verwaltungsmensch“

Was raten Sie Schülern nach Ihren eigenen Erfahrungen?

Gebt nicht auf! Mir ist es wichtig zu gucken, was in den Schülern steckt: Wo können wir für sie da sein? Und was können wir andererseits von ihnen fordern?

Sie waren im ersten Leben Verwaltungsangestellter. Warum dann der Wechsel ins Schulfach?

Ich war auch gerne Verwaltungsmensch, aber ich wollte mal etwas anderes machen. Ich finde grundsätzlich, dass nach einem Zyklus von etwa zehn Jahren ein guter Zeitpunkt gekommen ist, um zu wechseln und sich neuen Herausforderungen zu stellen. Weil man sonst viele Dinge nicht mehr so hinterfragt.

Sie haben zuvor eine Schule in Bochum geleitet. Was reizt sie daran, nicht nur Lehrer, sondern Direktor zu sein?

Ich habe Spaß daran, zu gestalten, Dinge weiter zu entwickeln. Natürlich habe ich Visionen. Aber jetzt höre ich erstmal allen hier zu und dann sehen wir, wie wir diese Vorstellungen zusammenbringen können. Ich bin nicht die Dampfwalze, die alles niedermacht und hinterher bricht das Paradies aus. Ich halte sehr viel von Teamarbeit. Nur so viel: Digitales als Mittel zum Zweck und das Thema Renaturierung sind mir wichtig.

Bei der Abi-Feier kann es emotional werden

Ihr schönster Moment als Direktor?

Es ist großartig, die Abizeugnisse zu übergeben. Da zeigt sich auch schon mal meine emotionale Seite.

Können Sie auch knallhart sein?

Ja – oder sagen wir besser: konsequent.

Zum Beispiel bei den Klima-Demos der Schüler?

Dass die junge Generation aufbegehrt, weil Fragen nach dem Klimaschutz unzureichend bis gar nicht beantwortet werden, ist nachvollziehbar, wenn nicht gar nötig. Aber sie haben den Weg des Streiks gewählt zu einem Zeitpunkt, wo eine Pflicht erwartet wird. Deshalb haben sie die Konsequenzen zu tragen, nämlich unentschuldigte Fehlstunden. Ich möchte mich aber mit ihnen zusammensetzen und überlegen, welchen Beitrag wir leisten können, um den ökologischen Fußabdruck zu verkleinern.

Wie beurteilen Sie die Rückkehr zum Abi nach neun Jahren?

Die Gesellschaft muss sich irgendwann mal festlegen. Ich hoffe, dass wir G9 in den nächsten Jahrzehnten in Ruhe aufbauen können. Lernen braucht Zeit.

Engagement in der kirchlichen Jugendarbeit

Sie engagieren sich nebenbei in der Martin-Luther-Gemeinde und gehören der Kirchenleitung der Ev. Kirche von Westfalen an. Was bedeutet Ihnen der Glaube?

Ich vertraue darauf, dass Gott mein Leben in der Hand hat. Zum echten Glauben habe ich aber erst lange nach der Konfirmation gefunden. Das hängt ja viel mit Personen zusammen, mit Lebensphasen und -fragen. Mit 17 oder 18 habe ich angefangen, mich in der Jugendarbeit zu engagieren. Ich gehe regelmäßig in Gottesdienste, bin auch selbst Laienprediger. Es macht mir Spaß, davon zu erzählen, was Gott für die Menschen bereit hält. Er hat ihnen übrigens nicht versprochen, auf einer Wolke der Glückseligkeit durchs Leben zu schweben.

Engagieren sich in der Martin-Luther-Gemeinde: Dirk Gellesch, neuer Schulleiter des Ruhr-Gymnasiums, und seine Frau Christin sind Paten der Familie Alkaimar.
Engagieren sich in der Martin-Luther-Gemeinde: Dirk Gellesch, neuer Schulleiter des Ruhr-Gymnasiums, und seine Frau Christin sind Paten der Familie Alkaimar. © Barbara Zabka

Sie sind auch in der Flüchtlingsarbeit aktiv...

Ich habe in der Jahnhalle Essen ausgeteilt, Sprachkurse gegeben, Menschen persönlich begleitet. Da bekommt man sehr viel zurück. Und ich finde den Help-Kiosk genial. Hut ab vor all den Leuten, die sich da eingesetzt haben. Meine eigene Familie hat eine Fluchtgeschichte, meine Großeltern stammen aus Ostpreußen. Die Geschichten, die sie erzählt haben, haben mich immer sehr berührt.

Neben dem Beruf und all Ihrem Engagement – wozu bleibt noch Zeit?

Ich lese viel, auch gerne Krimis, politische vor allem. Und ich mag gute Filme.

Sie sind groß und schlank – trotz Käsekuchen und Currywurst. Sind Sie auch sportlich?

Ich gehe joggen und mache Fitnesstraining.

Sie sind in Witten aufgewachsen und jetzt beruflich hier angekommen. Haben Sie Heimatgefühle?

Witten ist eindeutig meine Heimat, auch wenn die Stadt keine Schönheit ist. Aber ich liebe den Wald drumherum. Heimat ist eben dort, wo ich mich geborgen und getragen fühle. Ich bin aber nicht grundsätzlich auf Witten beschränkt.

Haben Sie Eigenschaften, die Ihnen an sich nicht gefallen?

Meine elende Ungeduld. Aber dagegen versuche ich immer wieder anzutrainieren.

>> INFORMATION

  • Dirk Gellesch folgt als Schulleiter des Ruhr-Gymnasiums auf Ulrich Janzen. Dieser wechselte vor etwa einem Jahr an die Qualitäts- und Unterstützungsagentur des Landesinstituts für Schule in seiner Heimatstadt Soest.
  • Die kommissarische Leitung hatte in der Übergangszeit Kerstin Peters übernommen. Sie bleibt nun stellvertretende Schulleiterin.