Witten. Schön gemacht haben es sich die Mieter am Huchtert in Witten. Doch nun fürchten sie um ihre Gärten. Denn die LEG schaut plötzlich ganz genau hin.

Zwei Mieterinnen aus der Knappensiedlung am Huchtert in Herbede fürchten um ihre Gärten. Die LEG habe sie aufgefordert, die privat genutzten Grünflächen zu räumen. Und in einem Fall auch schon Tatsachen geschaffen: Die Rattan-Möbel von Sara Brück sind entrümpelt worden – und sie soll nun die Rechnung dafür zahlen.

Sara Brück auf der Grunfläche vor ihrer Wohnung, die bereits teilweise geräumt wurde. Ihre Lounge-Möbel sind verschwunden.
Sara Brück auf der Grunfläche vor ihrer Wohnung, die bereits teilweise geräumt wurde. Ihre Lounge-Möbel sind verschwunden. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Die 34-Jährige wohnt seit gut anderthalb Jahren in dem Vier-Familien-Haus Nr. 7. Die Alleinerziehende hatte für sich und ihre zwei Kinder extra nach einer Wohnung mit Garten gesucht. In Herbede wurde sie schließlich fündig. „Jede Partei hat ein Stück Grün vorm Haus“, sagt sie. Der Garten vor ihrem Fenster sei ihr bei der Besichtigung ausdrücklich zur privaten Nutzung angeboten worden. Schriftlich hat sie das allerdings nicht. Es sei eine mündliche Absprache gewesen. „Aber es war ganz eindeutig – und wir haben dann sogar noch darüber gesprochen, dass der Hang gesichert werden muss.“

Wittenerin soll für „Entrümpelung“ zahlen

Dennoch bekam sie im November 2021 die Aufforderung, den Garten zu räumen. Mit Verkehrssicherungspflicht und Brandgefahr habe der Vermieter argumentiert. Weil sie nicht wusste, wohin mit den Möbeln, fragte sie bei der LEG, ob sie einen leerstehenden Raum im Haus nutzen könnte. „Es hieß, sie würden nachfragen“, so schildert es die 34-Jährige. Doch bevor die Antwort kam, waren die Lounge-Möbel schon weg. Die Rechnung für die „Entrümpelung“: 77,35 Euro plus Gebühren. „Denn es kam gleich eine Mahnung mit.“

Valentin (4) steht an einer ungesicherten Kante am Ende seiner Spielwiese, an der es anderthalb Meter in die Tiefe geht. Eigentlich sollte der Hang gesichert werden.
Valentin (4) steht an einer ungesicherten Kante am Ende seiner Spielwiese, an der es anderthalb Meter in die Tiefe geht. Eigentlich sollte der Hang gesichert werden. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Bei dieser Summe ist es nicht geblieben. Inzwischen liegt ein Mahnbescheid über 213,82 Euro beim Amtsgericht. „Ich bin nicht bereit, das zu zahlen“, betont Sara Brück. Ihr sei die Garten-Nutzung zugesagt worden. „Und bis das geklärt ist, haben die kein Recht, meine Sache einfach zu klauen.“ Auch bei anderen Nachbarn sei geräumt worden. Die Wittenerin ist sauer und enttäuscht: „Wir wollten es uns doch nur schön machen!“

20 Jahren lang wurde nichts beanstandet

Auch ihre Nachbarin Inge Brinkmann hat es sich schön gemacht. Allerdings schon vor 22 Jahren. Eine kleine Terrasse, ein paar Beete, ein Speisfass mit einer Seerose. Von ihrem LEG-Betreuer sei das damals alles ebenfalls nach einer mündlichen Zusage abgenommen worden. „Es war 20 Jahre Ruhe und dann kam der Anruf“, sagt die Mieterin. Der Teich sei zu gefährlich und müsse weg, wurde ihr von einer Mitarbeiterin gesagt. Und als Inge Brinkmann erklärte, es sei doch nur ein Speisfass, habe die LEG-Frau nur noch mal nachgelegt: „Und der Garten muss übrigens auch weg – in spätestens acht Wochen.“ So schildert es die Wittenerin und fügt hinzu: „Aber den gebe ich nicht kampflos her.“

Das Speisfass des Anstoßes: Inge Brinkmann glaubt nicht, dass dort jemand zu Schaden kommen könnte.
Das Speisfass des Anstoßes: Inge Brinkmann glaubt nicht, dass dort jemand zu Schaden kommen könnte. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Doch wenn es wirklich zu einem Kampf kommt, haben die Mieterinnen ohne eine schriftliche Zusage schlechte Aussichten, erklärt Knut Unger vom Mieterverein, den die Frauen inzwischen eingeschaltet haben. Er spricht von Täuschung und Schikanen, die Mieter würden systematisch reingelegt: „Es werden Versprechungen gemacht, die dann nicht gehalten werden.“ Unger hält die Argumente der LEG für vorgeschoben. „Wenn es ein Mieter mit dem Garten übertreibt, dann kann man doch mit den Leuten sprechen. Aber die LEG zieht das mit der Räumung einfach durch!“

Speisfass muss entfernt oder eingezäunt werden

Ganz so schlimm wird es am Huchtert wohl nicht kommen – zumindest nicht für Inge Brinkmann. Sie müsse da wohl etwas falsch verstanden haben, meint LEG-Pressesprecher Nils Roschin. Nur das Fass müsse gesichert werden, damit kein Mensch zu Schaden komme, also etwa kein Kind darin ertrinke. „Das muss weg oder eingezäunt werden.“ Der restliche Garten könne bleiben.

Anders sieht es bei Sara Brück aus. Sie habe keine Genehmigung zur privaten Nutzung des Gartens erhalten, so Roschin. „Darüber gibt es keine vertragliche Vereinbarung.“ Deswegen seien die Möbel nach einer entsprechenden Aufforderung entfernt worden. Insgesamt müsse man zwischen Flächen für die Allgemeinheit und privaten Flächen unterscheiden. Für letztere würden ausdrücklich Pachtverträge abgeschlossen. „Das verwechseln die Mieter gerne mal.“ Nur weil eine Wiese nicht genutzt werde, dürfe man nicht einfach einen Grillplatz daraus machen. „Solche Dinge werden dann entfernt.“

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Sara Brück kann das nicht verstehen. Die Gärten seien doch nie ein Problem gewesen. „Und nun nehmen die mir alles weg.“ Sie will weiter kämpfen. Denn sie ist ganz sicher: „Ich habe da überhaupt nichts missverstanden!“