Witten. Beleidigungen und Angriffe auf Ordnungsamtsmitarbeiter nehmen zu. Nun reagiert die Stadt Witten und stattet den Außendienst mit Bodycams aus.
Streifenpolizisten in Witten tragen seit Juni 2020 Bodycams an ihrer Uniform. In heiklen Situationen können sie die kleinen Körperkamers (wörtlich übersetzt) einschalten und das Geschehen als Video aufzeichnen. Nun sollen Bodycams auch für Mitarbeitende des Ordnungsamts im Außendienst kommen.
Laut Stadtverwaltung startet bald eine zweijährige Probephase, wahrscheinlich gegen Ende des Jahres. Bis dahin müssen noch eine nötige Dienstanweisung ausgearbeitet und das Personal geschult werden. Die erforderlichen Geräte werden für diese Zeit gemietet. Nach Abschluss der Pilotphase wertet man die Ergebnisse aus und entscheidet dann über eine dauerhafte Nutzung.
Daten werden nach zwei Wochen gelöscht
Grundsätzlich soll jedes Team des Kommunalen Ordnungsdienstes (KOD) mit einer Bodycam ausgestattet werden. „Es gibt aber enge Grenzen dafür, wann die Kameras überhaupt laufen dürfen“, sagt Stadtsprecher Jörg Schäfer. „Der Einsatz dient zwar dem Schutz der Mitarbeiter, ist aber nur im Falle einer Gefahr für Leib und Leben rechtlich zulässig.“ Ansonsten müssten die KOD-Kräfte deutlich ankündigen, wenn sie die Bodycam anschalten. Zugleich gibt es Bereiche, etwa Arztpraxen oder Anwaltskanzleien, in denen der Einsatz gar nicht zulässig ist. Die aufgenommenen Daten werden vorschriftsmäßig nach zwei Wochen gelöscht, versichert die Stadt. Auswertung und Löschung übernimmt nicht die Person, die die Kamera getragen hat.
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Der Ordnungsdienst steht der baldigen Nutzung der Bodycams positiv gegenüber, so Schäfer. Kein Wunder: Diese Maßnahme folgt auf mehrere Vorfälle, in denen einzelne Kolleginnen oder Kollegen beleidigt oder angegriffen wurde. Trauriger Höhepunkt war im Januar 2022 die Messerattacke auf einen Mitarbeiter des Securitydienstes, der für die Impfpasskontrolle am Eingang zum Rathaus im Einsatz war.
Ordnungsdienst nutzt bereits Schlagstöcke
CDU und WBG haben die Beschaffung der Bodycams mit einer gemeinsamen Anfrage angestoßen. Beide Fraktionen setzen sich für ein „umfangreiches präventives Sicherheitsprogramm“ in Witten ein. „Wir wollen die Sicherheit unserer kommunalen Vollzugskräfte stärken. Denn es ist unsere Pflicht, diejenigen zu schützen, die uns schützen“, sagt Sarah Kramer, CDU-Ratsmitglied und Polizeibeamtin in Bochum.
„Schon alleine der Hinweis, dass jetzt die Kamera für die Dokumentation und Beweissicherung eingeschaltet wird, führt häufig dazu, dass die zu kontrollierenden Personen ihre Aggressivität herunterfahren“ sagt Hans-Peter Müller (WBG), ehemals Dienststellenleiter beim Polizeipräsidium Bochum.
Mehr Mitarbeiter
Das Thema Sicherheit hatte einen zentralen Platz im Wahlkampf von Bürgermeister Lars König. Ein Jahr nach Amtsantritt verdoppelte er die Zahl der Ordnungsamtsmitarbeiter. Die entsprechenden Stellen wurden von fünf auf zehn aufgestockt.
Großes Thema war 2020 Randale und Vandalismus von Jugendgruppen, auf und um den Rathausplatz, auf dem Kornmarkt und rund um die Johanniskirche. Außerdem wurden inzwischen zwei Streetworker eingestellt, die auf die Jugendlichen zugehen sollen. Diese neuen Stellen gehen auf einen Antrag der Fraktionen von Piraten, Linken und Bürgerforum+ zurück.
Der NRW-Landtag hatte die Gesetzesgrundlage für den Einsatz von Bodycams bei Ordnungsämtern erst im Sommer 2021 ermöglicht. Die Körperkameras sind nach Schlagstöcken das zweite Polizei-Utensil, das die Ordnungsmitarbeiter nutzen dürfen. Außerdem wurden die zehn Wittener Ordnungskräfte mit schnittfesten Einsatzhandschuhen sowie stich- und schussfesten Schutzwesten ausgestattet, ferner mit Selbstverteidigungskursen und Deeskalationstrainings geschult.
Allerdings: Der Sicherheitsdienst am Rathauseingang wird von einem externen Dienstleister überwacht. Deren Mitarbeiter bekommen entsprechend keine solche Kamera, da sie keine Vollzugskräfte der Ordnungsbehörden sind.