Witten. Immer wieder gab es in Witten Probleme mit randalierenden Jugendlichen. Nun gibt es in der Stadt zwei Streetworker. Wer sie sind und was sie tun.
Zwei Streetworker verstärken seit Oktober vergangenen Jahres das Team des Wittener Jugendamtes. Ihre Stellen wurden auf einen Antrag von Bürgerforum+, Piraten und Linke hin geschaffen. Denn immer wieder hatte es in der Vergangenheit Konflikte mit und um Jugendliche vor allem im Bereich der Innenstadt und Vandalismus auf Schulhöfen gegeben. Hannes Lügering (24) und Lennart Rzoska (23) haben die Aufgabe übernommen, auf die Jugendlichen zuzugehen, die sonst vielleicht durchs Raster fallen würden.
Doch was macht so ein Streetworker eigentlich? Wie der Name schon verrät, sind Lügering und Rzoska vor allem im öffentlichen Raum unterwegs. „Wir verschaffen uns einen Überblick darüber, wo welche Jugendlichen anzutreffen sind“, sagt Lennart Rzoska, der bei der Stadt ein Duales Studium im Bereich Soziale Arbeit absolviert. Aktuell ist der Ennepetaler mit einer halben Stelle als Streetworker beschäftigt, sobald er den Bachelor in der Tasche hat, soll sich das ändern.
Ansprechpartner und Vertrauensperson
Ansprechpartner und vielleicht auch eines Tages Vertrauensperson wollen die beiden für die Jugendlichen sein – und zwar für alle jungen Menschen, wie sie betonen, nicht nur für die harten Fälle. Ihr Alter kommt ihnen dabei zugute. „Wir hören in Gesprächen oft den Satz: Ihr wisst doch wie das ist, ihr seid doch auch jung“, erzählt Lügering. Durch den geringen Altersunterschied würden sie auf die Jugendlichen auch „nicht so sehr wie ein Fremdkörper“ wirken, sagt Rzoska.
„Denn wir besuchen die Jugendlichen ja in ihren Räumen, verstehen uns als Besucher und klopfen erstmal ab, wie sie reagieren“, ergänzt sein Kollege. Das sei auch die grundlegende Idee hinter der aufsuchenden Jugendarbeit, die eben dorthin geht, wo sich die jungen Leute in ihrem Alltag aufhalten. Wichtig dabei ist: „Wir wollen nichts von ihnen“, so Lügering. „Sondern wir fragen wer sie sind und was sie gerne hätten.“ Das funktioniere gut.
Streetworker sind auch abends und nachts unterwegs
Natürlich gebe es auch immer wieder Jugendliche oder ganze Gruppen, die nicht mit ihnen reden wollten. Oft sei es dann aber auch einfach der falsche Zeitpunkt. „Wenn jemand gerade auf dem Weg zu einer Party ist, hat er natürlich kein großes Interesse“, sagt Rzoska. Denn die beiden sind hauptsächlich nachmittags und abends unterwegs, manchmal auch nachts. „Viele der jungen Leute freuen sich aber, dass sich jemand für sie und ihre Probleme interessiert“, so Lügering.
Auch dass die beiden sehr sportaffin sind – der eine Handball-Spieler seit dem dritten Lebensjahr, der andere Radfahrer, alle beiden haben einen Kletterschein – helfe sehr um in Kontakt zu treten. Eine gemeinsames Basketball-Spiel etwa könne ein guter Türöffner sein, so Lügering. „Sehr viel läuft auch über den Austausch über bestimmte Themen, etwa Sprayen oder Skaten“, erzählt der 24-Jährige aus dem Emsland. Auch deshalb sind die beiden manchmal mit Spraydosen im Gepäck unterwegs. Denn sie wollen den jungen Leuten auch Angebote zur Beschäftigung machen.
Vor allem Treffpunkte fehlen
Und was bewegt die Jugendlichen? Das ändere sich momentan, sagt Rzoska. Mit dem Wegfall der Corona-Regeln würden sich auch die Probleme verlagern. Weiterhin seien aber Aufenthaltsmöglichkeiten im Freien ein großes Thema. Auch das Thema Drogen hat in Zeiten des Lockdown zugenommen. Prinzipiell gelte aber: „Die Jugendlichen wollen auch keinen Konflikt mit Anwohnern.“
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Oft würden dann Sätze fallen wie „Wo soll ich denn hin?“ oder „Wir haben Langeweile“. In Herbede etwa hatte es zuletzt Anwohnerbeschwerden über Lärmbelästigung und Vermüllung durch Jugendliche im Zentrum des Stadtteils gegeben. Nun könnte der Skatepark in einen Jugendtreffpunkt umgewandelt werden – mit Sitzgelegenheiten und Überdachung für regnerische Tage.
Alle Jugendlichen werde man natürlich auch mit der aufsuchenden Arbeit nicht erreichen, sagt Ursula Fama, Leiterin der Abteilung Jugendförderung bei der Stadt. Man müsse aber nicht nur restriktiv vorgehen, sondern die jungen Menschen auch auffangen. „Die Arbeit der Streetworker ist präventiv“, so Fama. In einer Gruppe seien zum Beispiel nie alle gewaltbereit. Es gehe auch darum, mögliche Eskalationen vorab zu vermeiden. „Die Jugendlichen brauchen eine Stimme. Dafür sind wir da“, sagt deshalb auch Hannes Lügering. „Um ihre Sorgen und Wünschen zu transportieren.“ Die sonst wahrscheinlich nicht gehört werden würden.
Über Instagram erreichbar
Die beiden jungen Streetworker der Stadt sind auch auf Instagram aktiv. Auf dem Profil „streetwork_witten“ kann man Einblicke in die Arbeit der beiden erhalten oder ihnen auch eine Direktnachricht schicken, wenn man mit ihnen in Kontakt treten möchte.
Witten hat drei größere Jugendzentren: Das „Famous“ (Annenstraße 120), das „Freeze“ (Hellweg 42) und den Treff in der Werkstadt (Mannesmannstraße 6). Diese sind auch am Wochenende geöffnet.
Außerdem gibt es noch mehrere Cliquentreffs in den Stadtteilen: im Haus der Jugend (Nordstr. 15), Cliquentreff In der Mark (In der Mark 172), Cliquentreff Vormholz (Vormholzer Str. 90), Cliquentreff Kerschensteiner Straße (Kerschensteiner Str. 1), Cliquentreff Wemerstraße (Wemerstr. 2). Der Cliquentreff Stockum (Hörder Str. 304) ist momentan wegen Personalmangel geschlossen.