Pfarrer Jürgen Krüger aus Witten-Bommern geht in den Ruhestand. Im Interview blickt er noch einmal zurück und verrät, worauf er stolz ist.

35 Jahre lang hat Pfarrer Jürgen Krüger die ev. Gemeinde in Bommern geprägt – mit Herz und Seele. Jetzt geht der 65-Jährige in den Ruhestand. Im Interview blickt er auf die letzten Jahrzehnte zurück, sagt, worauf er stolz ist und verrät, warum er künftig vielleicht öfter am Herd stehen wird.

Witten war nach dem Studium in Münster und dem Vikariat in Bielefeld als junger Pfarrer ihre erste Stelle. Wie war der Start damals?

Jürgen Krüger: Viele Menschen in der Gemeinde haben mich gleich unter ihre Fittiche genommen und mir geholfen. Ich wusste ja vieles noch gar nicht. Aber weil meine Vorgänger nicht mehr da waren, musste ich sofort voll ran. Ich habe gleich im ersten Jahr sehr, sehr viele Beerdigungen gemacht, das war wirklich unglaublich. Aber rückblickend muss ich sagen: Das war gut, dadurch bin ich in vielen Häusern gewesen, habe die Menschen kennengelernt. So bin ich in Bommern richtig angekommen.

Wie haben Sie die Gemeinde damals vorgefunden?

Wir hatten damals schon viele Ehrenamtliche, die ganz viel eigenständig auf die Beine gestellt haben – und das ist bis heute so geblieben. Das ist ein großes Geschenk! Und anders wäre vieles auch gar nicht gegangen.

An das ökumenische Glaubensfest In Bommern im Jahr 2017 denkt Pfarrer Krüger noch immer gern zurück. Das sei ein echter Höhepunkt gewesen, sagt er.
An das ökumenische Glaubensfest In Bommern im Jahr 2017 denkt Pfarrer Krüger noch immer gern zurück. Das sei ein echter Höhepunkt gewesen, sagt er. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald (theo)

Was meinen Sie damit?

Die vielen Baustellen zu Beispiel. Schon als ich ankam, lag im Presbyterium ein Bauplan auf dem Tisch. Und seitdem haben wir eigentlich immer gebaut. Das Gemeindehaus am Bodenborn, der Umbau vom Kirchsaal zum Kindergarten, die Friedhofskapelle und dann die große Renovierung der Kirche mit dem gläsernen Anbau. Das ist sehr gelungen und das freut mich.

Sie übergeben die Gemeinde also baulich gut aufgestellt?

Ja, es ist alles in Schuss, das kann man so sagen. Und wir haben uns in der Gemeinde rechtzeitig etwas kleiner gesetzt. Es gibt nur noch eine Kirche, ein Gemeindehaus und ein Pfarrhaus, das finde ich sehr klug.

Und inhaltlich? Worauf sind Sie da stolz?

Ach stolz, ich weiß nicht. Sagen wir mal so: Ich habe immer versucht, vieles möglich zu machen. Und das ist oft gelungen. Die Kinderkirche, die legendäre Disco 30+, der Gospelchor… Die Menschen kamen mit tollen Ideen und wir haben sie umgesetzt. Wir haben die Kirche so umgebaut, dass sie flexibler für verschiedene kulturelle Formate genutzt werden kann. Da gab’s sicher auch manchmal Bedenken. Aber wir sind immer auf einen guten Nenner gekommen. Wir waren ein gutes Team, auch mit meinem Kollegen Michael Göhler, das ist überhaupt nicht selbstverständlich.

Wo haben Sie selbst Ihre Schwerpunkt gesetzt?

Mein Herz hat immer für die Kinder und Jugendlichen geschlagen. Für die Kinderkirche, für die Schulgottesdienste – die machen wir seit 32 Jahren jeden Mittwochmorgen mit den Drittklässlern der Brenschenschule. Das macht so einen Spaß, das werde ich vermissen! Ach, und die Konfirmanden. Auch wenn nicht alle eifrige Kirchgänger geworden sind: Ich habe immer versucht, ihnen das Grundgefühl mitzugeben, dass Kirche etwas Gutes ist. Unsere Fahrten waren der Hammer – aber zuletzt bin ich dabei doch an meine Grenzen gestoßen.

Es wurde viel gebaut in der Gemeinde Bommern. Hier ein Foto von der Renovierung der Kirche 2014 mit Spendensammler Axel Wichmann, Pfr. Michael Göhler, Presbyter Wolfgang Ebel und Pfr. Jürgen Krüger (v.li.).
Es wurde viel gebaut in der Gemeinde Bommern. Hier ein Foto von der Renovierung der Kirche 2014 mit Spendensammler Axel Wichmann, Pfr. Michael Göhler, Presbyter Wolfgang Ebel und Pfr. Jürgen Krüger (v.li.). © WAZ | Thomas Nitsche

Wofür hat die Kraft und Zeit ansonsten nicht gereicht? Was haben Sie nicht zu Ende bringen können?

Ach wissen Sie, ich habe gelernt, dass man in Gemeinden nichts zu Ende bringen kann. Eine Gemeinde lebt von Anfängen, nicht vom Ende. Man muss einfach lernen, sich manchmal würdevoll von etwas zu verabschieden, anstatt es auströpfeln zu lassen. Ein Chor, der kaum noch Sänger hat, der hatte seine Zeit. Nun ist vielleicht Zeit für etwas anderes. Gemeinde lebt von Anfängen!

Nachfolger ist gewählt

Am Samstag (21.5.) wird Pfarrer Jürgen Krüger in der Ev. Kirche an der Rigeikenstraße mit einem Gottesdienst um 17 Uhr aus seinem Dienst verabschiedet. Gemeindegruppen und Weggefährten werden sich beteiligen, er selbst wird noch einmal predigen.

Das Thema der Predigt wird das Motto sein, das Krüger für den Gottesdienst und sein Leben gewählt hat: „Hoffnung ist die Fähigkeit, die Musik der Zukunft zu hören. Glaube ist der Mut, in der Gegenwart danach zu tanzen.“

Der Nachfolger für die Kirchengemeinde Bommern steht schon fest: Pfarrer Tim Winkel ist bereits als neuer Pfarrer gewählt worden. Er wird am 21. August ins Amt eingeführt.

Nun fängt bald ihr Nachfolger an. Was raten Sie ihm? Und werden Sie ihn unterstützen?

Nur, wenn er es will. Ich würde noch Aufgaben übernehmen, aber nur, wenn er mich darum bittet. Nicht einfach so, aus alter Verbundenheit zu einem Gemeindemitglied, das gibt nur Verdruss. Er wird vieles sicher ganz anders machen. Er kommt in eine tolle Gemeinde mit vielen engagierten Menschen. Aber er wird nicht mehr überall präsent sein können, das Pfarrerbild wird sich ändern. Ich rate ihm, dass er sich dennoch Zeit nimmt fürs persönliche Gespräch, vor allem bei Beerdigungen. Das ist kolossal wichtig: Das ist Pfarrdienst, das ist Seelsorge.

Und was werden Sie künftig machen? Bleiben Sie Witten treu?

Ja, wir bleiben in Bommern und sind schon umgezogen. Was kann es besseres geben, als hier am Rande des Ruhrgebiets direkt am Ruhrtalradweg zu leben? Meine Familie, meine Frau und die beiden Töchter, waren hier auch immer glücklich. Deswegen sind wir nie weggegangen. Was ich in meiner Freizeit so alles machen werde, weiß ich ehrlich gesagt noch nicht so genau. Musik, reisen… und vielleicht lerne ich kochen. Dann könnte ich meine Frau versorgen, die ist ja auch Pfarrerin und muss noch anderthalb Jahre arbeiten. Aber das wird schwer – denn sie kocht wirklich sehr gut.