Witten. Kinder von Geflüchteten können ins Familienzentrum an der Billerbeckstraße in Witten kommen. So kommen die Syrer und Ukrainer miteinander klar.
Zwei Tage die Woche können Familien, die nach Witten geflüchtet sind, im Waldorfkindergarten an der Billerbeckstraße für ein paar Stunden dem Alltag entfliehen. Die Eltern-Kind-Gruppe soll ihnen helfen, mehr Bezug zur neuen Umgebung und zur Sprache zu bekommen. Wir haben vorbeigeschaut.
Um einen Holztisch herum sitzen die Erzieherinnen Martina Otto (51), Hanna Alsultan (33) und Bettina Hüsken (33) mit sieben Kindern im Garten des Wittener Waldorfkindergartens. In der Mitte steht ein Teller mit Apfelspalten. Eifrig essen die Kleinen, die meisten von ihnen sind zwischen zwei und sechs Jahren alt. „Wir möchten Kindern, die mit ihren Eltern nach Witten gekommen sind und noch keinen Kindergartenplatz haben, die Möglichkeit geben, mit anderen zu spielen und sich mit dem neuen Kulturraum vertraut zu machen“, sagt Martina Otto, die den Kindergarten leitet.
Wittener Eltern-Kind-Gruppe ist bunt gemischt
Seit 2015 gibt es das sogenannte „Brückenprojekt“ im Waldorfkindergarten, das vom Land NRW finanziert wird. Damals kamen viele Familien aus Syrien nach Witten. Seit April sind es vor allem ukrainische Frauen mit ihren Kindern – deswegen ist die Eltern-Kind-Gruppe mittlerweile eine bunt gemischte Truppe.
Riad Ahmed kommt seit mehreren Jahren regelmäßig vorbei, nachdem er mit seiner Frau und der kleinen Tochter Nursin Syrien verlassen musste. Nursin ist mittlerweile sechs, kommt im Sommer in die Schule und ist schon während der kleinen Mittagspause mehr damit beschäftigt, Seifenblasen zu machen, als Apfelspalten zu essen. „Guck mal Papa“, sagt Nursin, und deutet auf eine besonders große Blase, die durch die Luft schwebt. Riad Ahmad lächelt.
Eltern sind froh, dass ihre Kinder neue Freunde finden können
Der 38-Jährige ist froh, dass Nursin und seine mittlere Tochter, die vierjährige Lusinda, in der Spielgruppe neue Erfahrungen sammeln können. Die dritte Tochter Melena ist erst vor ein paar Tagen geboren. „Aber ich möchte auch mit ihr herkommen, wenn sie etwas älter ist. Mir gefällt auch das Waldorfkonzept sehr gut“, so der Familienvater.
Weil es an diesem Nachmittag so heiß ist, möchten die Kinder in den kühlen Gruppenraum, nachdem sie im Sandkasten getobt haben. Die Wachsmalstifte werden ausgepackt, einige arbeiten eifrig an neuen Kunstwerken, während zwei kleine Mädchen, Polina und Stefania aus der Ukraine, mit Holzschiffen über den Teppich fahren. Danach wird in der Spielküche gekocht.
Familienzentrum NRW
Der Waldorfkindergarten an der Billerbeckstraße trägt das Gütesiegel „Familienzentrum NRW“, weil es ein vielfältiges Bildungs- und Betreuungsangebot gibt. Neben den Eltern-Kind-Gruppen werden Familienberatung, Babymassagen, Seminare für Eltern oder ein offener Stilltreff angeboten.
Die Eltern-Kind-Gruppe für Familien mit Fluchterfahrung findet immer dienstags von 14 Uhr 30 bis 16 Uhr 30 und donnerstags von 9 bis 11 Uhr statt. Wer Interesse hat, kann sich telefonisch erkundigen: 02302 22075. Weitere Infos unter www.waldorf-familienzentrum.de.
Der fünfjährige Platon präsentiert seiner Mutter Anna Levchenko das Bild, das er gemalt hat. Mit ihrem Sohn kam die Ukrainerin im April aus Kiew nach Witten. „Für Platon ist das super hier, er kann spielen und neue Freunde finden“, sagt Anna Levchenko. Platon verbringt seine Zeit vor allem mit Theodor, einem anderen ukrainischen Jungen.
Erzieherin aus Kasachstan übersetzt für die Kinder
Erzieherin Ludmila Alimov, die seit zwölf Jahren im Waldorfkindergarten arbeitet, ist in der Eltern-Kind-Gruppe die Dolmetscherin für Ukrainisch und Russisch. Die 48-Jährige kommt gebürtig aus Kasachstan, hat aber auch Wurzeln in der Ukraine. Stefania und Polina wollen eine Kissenschlacht machen, die Erzieherin sagt ihnen auf Ukrainisch, dass sie lieber etwas anderes spielen sollen.
Noch sei es so, dass die ukrainischen Kinder viel zusammen sind, weil die neue Umgebung und ihre Menschen fremd sind. „Es passiert aber auch immer öfter, dass ukrainische Kinder mit Kindern aus anderen Ländern spielen, dabei brauchen sie keine Sprache, denn Kinder haben ihre eigene Art zu kommunizieren“, sagt Ludmila Alimov, während sie immer ein Auge auf Polina und Stefania hat.
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Sie muss lächeln, als die beiden ukrainischen Mädchen zum Regal gehen und die Spiele begutachten. Kinder seien Meister darin, das beste aus der Situation zu machen, sagt Ludmila Alimov: „Kinder leben im Hier und Jetzt, sie sind ohne Vorurteile. Deswegen sind sie meist zufrieden.“