Witten. Die Zahl der in Witten gemeldeten Flüchtlinge aus der Ukraine steigt rapide. Doch bisher gibt es nur wenige Anfragen nach Schulplätzen. Warum?
In den letzten Tagen haben deutlich mehr Geflüchtete Witten erreicht als in der Vorwoche. Bislang haben sich bei der Ausländerbehörde 432 Ukrainer und Ukrainerinnen gemeldet. Etwa ein gutes Drittel davon, so Schuldezernent Frank Schweppe, seien Kinder. Tatsächlich besuchen aber erst drei Kinder eine Wittener Schule. Das hat Gründe.
Die Flüchtlingswelle hat Witten erst am Montag voll erfasst. Fast stündlich ändere sich die Zahl der Hilfesuchenden aus der Ukraine. „Am Montag und Dienstag standen jeweils etwa 100 Leute in den Rathausfluren, um sich registrieren zu lassen“, sagte Frank Schweppe im Schulausschuss am Dienstagabend (22.3.). „Noch befinden wir uns in der Chaos-Phase.“
EN-Kreis mit Witten sucht passende Schule für Flüchtlingskinder aus
Dabei sei die Situation anders als 2015 im Syrienkrieg. Damals kamen vor allem junge Männer nach Witten, um Asyl zu beantragen. Aus der Ukraine treffen vor allem Frauen mit Kindern ein. Das Ausländeramt nennt diese Zahlen: 205 Frauen und 59 Männer hätten Witten inzwischen erreicht, außerdem 168 Kinder zwischen 0 und 18 Jahren. Ein Drittel davon sei im schulpflichtigen Alter.
Laut Landesschulministerium müssen die Kinder aber erst eine Schule besuchen, wenn die Familien einen Wohnsitz in Witten beantragen – und sich damit dazu entschließen, hier leben zu wollen. Daraufhin meldet die Stadt das Kind an das Kommunale Integrationszentrum des EN-Kreises, was wiederum die passende Schule aussucht.
Schulleiter haben bislang kaum Anfragen
Die wenigsten der ukrainischen Geflüchteten haben aber bislang einen Wohnsitz in Witten beantragt. Vielleicht hoffen viele, zeitnah in die Ukraine zurückkehren zu können. Solange haben sie – salopp gesagt – eine Art Touristenstatus.
Trotzdem müssen sich Land und Stadt auf die Aufnahme von ukrainischen Kindern und Jugendlichen vorbereiten. Das Ministerium hat angekündigt, zusätzliches Lehrpersonal für die Ukraine-Kinder bereitstellen zu wollen. Dabei sollen pensionierte Pädagogen, Deutsch sprechende Lehrkräfte aus der Ukraine und Studierende aushelfen.
Noch sei den Wittenern seitens des Ministeriums keine konkrete Hilfe angekündigt worden, erklärte Schweppe. Sie ist offenbar auch noch nicht notwendig. Schulleiter Andreas Strätling von der Baedekerschule etwa berichtet, dass sich lediglich eine Wittener Familie bei ihm nach einem Schulplatz erkundigt hätte. Die Familie hat Geflüchtete aufgenommen.
Erst ein ukrainisches Kind besucht Wittener Grundschule
Diese Tendenz kann das Kommunale Integrationszentrum bestätigen. Allerdings: „Derzeit gehen zahlreiche Meldungen ein“, so Kreissprecherin Lisa Radtke. Bis Mittwochnachmittag (23.3.) wurden dort 31 Kinder für die Schulplatzsuche in Witten angemeldet, davon 17 Kinder für die Grundschule und 14 für weiterführende Schulen. Zwei Kinder wurden bereits in eine Grundschule vermittelt, eins in eine weiterführende. Die restlichen seien noch in der Beratung und Vermittlung.
Bereits 200 Geflüchtete in der Unterkunft Brauckstraße
In der städtischen Flüchtlingsunterkunft an der Brauckstraße in Witten leben – Stand 23.3. – 200 Geflüchtete, darunter 81 Menschen aus der Ukraine. Anfang März (3.3.) waren abends die ersten gut 20 Kriegsflüchtlinge offiziell in der Ruhrstadt angekommen. Noch sind in den ehemaligen Siemens-Hallen städtische Büros für die Dauer der Rathaussanierung untergebracht. Die städtischen Mitarbeiter sollen bis Mai nach und nach ausziehen.
Von allen Geflüchteten werden die Personendaten erfasst, laut Sozialdezernent Frank Schweppe, dauert jede Erfassung etwa eine dreiviertel Stunde. Außerdem gibt es einen Gesundheitscheck. Die Bereitschaft, sich gegen Corona impfen zu lassen, sei dabei bemerkenswert hoch.
Noch ist völlig offen, wie viele ukrainische Kinder demnächst in den Wittener Schulen unterkommen werden. Experte Heinfried Habeck hat gerade den Schulentwicklungsplan für Witten erstellt. Er rechnet mit einer stabilen Schülerzahl zwischen 780 und 830 Kindern pro Jahrgang. Genau darauf sind auch Gebäude und die Zahl der Lehrkräfte ausgelegt. Habeck: „Es kann aber gut sein, dass Klassengrößen bald hochschwappen und wir neu planen müssen.“