Witten. Der Personalmangel in der Kita Vormholz ist laut Elternrat dramatisch. Viele Familien sind am Limit. Ein Wittener Vater schildert die Situation.
Die Situation in der Kita Vormholz hat sich wegen des Personalmangels in den letzten Wochen derart zugespitzt, dass nun ein Treffen zwischen Stadt Witten, Kita-Leitung und Elternrat stattgefunden hat. „Unsere Vorschläge sind wohlwollend aufgenommen worden“, zieht der beteiligte Vater Felix Kaufhold ein erstes Fazit. Doch viele Eltern seien am Limit. Deshalb sei schnelles Handeln gefragt.
29 Tage sei die Kita Vormholz allein in diesem Jahr im Notbetrieb gewesen, sagt Kaufhold. Fehlen Erzieherinnen, greife ein Stufenplan. Zunächst werde die Betreuungszeit von 45 auf 35 Stunden reduziert. Eltern müssen ihre Kinder dann um 14.30 Uhr statt erst um 16 Uhr abholen. „Jede Minute zählt“, hätten die Beschäftigten stets gebeten. Wenn das nicht reicht, werde eine Notgruppe eingerichtet. Das heißt: Gruppen werden rotierend zusammengelegt und den Eltern werde nahegelegt, ihr Kind möglichst zu Hause zu betreuen. Kaufhold: „Das ist freiwillig, erzeugt aber viel Druck.“
Wittener Familien: Können keine Woche zuverlässig planen
Reicht auch das nicht, wird die Notgruppe geschlossen, um keine Familie zu übervorteilen. Das sei nicht selten vorgekommen. „Manchmal haben wir morgens erst erfahren, wie viele Erzieherinnen fehlten, und hätten die Kinder dann gegebenenfalls wieder abholen müssen“, sagt Felix Kaufhold, der zwei Sprösslinge in der Kita hat.
Für die Familien bedeutet dies: „Wir können keine Woche mehr zuverlässig planen.“ Das gehe zulasten der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Alltägliche Erledigungen würden in den Abend verlegt, Freizeit finde kaum noch statt. Im schlimmsten Fall schlage sich dies langfristig auf die Gesundheit nieder. Vor allem Frauen, die in den meisten Fällen zu Hause blieben, Alleinerziehende und Selbstständige seien betroffen.
Wittener Vater: Kita-Personal leistet Großartiges
Doch auch manche Kinder kämen zu kurz, jene etwa mit Inklusionsbedarf. „Für einen Autisten ist es ein riesiges Problem, wenn ständig die Erzieherinnen wechseln“, nennt Kaufhold ein Beispiel. Auch Kinder mit Migrationshintergrund oder aus bildungsfernen Familien blieben auf der Strecke. Aktuell sei auch die sonst so tolle Vorschularbeit kaum möglich.
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Der Elternrat kreidet die Probleme keineswegs dem Personal an. „Die halten uns, so gut sie können, den Rücken frei, haben stets ein Lächeln auf den Lippen und gute Laune. Sie leisten Großartiges.“ Die Eltern sehen die Stadt in der Pflicht – zumal mindestens die Kitas in Durchholz und Buchholz ähnliche Probleme hätten, wie Kaufhold weiß. Zudem seien jetzt schon die Ablehnerlisten „riesig lang“, müssten selbst Geschwisterkinder andere Kitas besuchen. „Und der Bedarf an Kita-Plätzen steigt ja noch.“
Wittener Eltern wollen selbst einspringen
Um die akute Lage zu entspannen, haben die Eltern Vorschläge auf Lager. Da die Stadt beispielsweise nur zwei Springer für Engpässe in Kitas habe, könne man etwa Pädagogikstudenten oder auch verrentetes Personal auf Honorarbasis beschäftigen. „Langfristig müssten natürlich mehr Profis eingestellt werden.“
Zwei Standorte mit sechs Gruppen
Der Hauptstandort der Kita Vormholz mit drei Gruppen befindet sich an der Karl-Legien-Straße. Im ehemaligen Edeka-Markt am Vormholzer Ring sind seit 2018 bereits 65 Kinder in zwei Gruppen untergebracht. Im vergangenen Sommer wurde dort eine dritte Gruppe eröffnet. Insgesamt betreut die Kita rund 160 Kinder.
„Auf dem Papier“ sei die Stadt laut Heiko Müller vom Jugendamt gar nicht so sehr unterbesetzt, was die Situation bei den Erzieherinnen angeht. Zum neuen Kindergartenjahr habe man außerdem fünf Neue eingestellt.
Ausschreibungen der Stadt seien in der Regel befristet. „Sich darauf zu bewerben, ist für viele nicht attraktiv.“ Dass diese laut Stadt nach der Einstellung „schnell entfristet“ würden, sei für Bewerber nicht ersichtlich. „Wir haben auch angeboten, im Notfall selbst einzuspringen und bestimmte nichtpädagogische Arbeiten zu erledigen“, sagt Kaufhold. Die Eltern denken auch an einen Ausbau der Quartiersarbeit, etwa Kooperationen mit Sportvereinen. „Wir wollen einfach neue Impulse setzen.“ Denn Corona könne im dritten Jahr nicht mehr als Ausrede herhalten.
All diese Anregungen seien, das betont der Vater auch, „keine höfliche Bitte“ an die Stadt. Diese sei als Träger in der Pflicht und habe ja auch vermittelt, sich kümmern zu wollen. „Wir als Elternrat werden dranbleiben.“