Witten. Das sonnige Osterwetter hat die Wittener ins Muttental gelockt. Ein Ziel: das Zechenhaus Herberholz. Dort staunten die Besucher über den Anblick.

Blauer Himmel, Sonnenschein ohne Ende – bei bestem Osterwetter hat es die Wittener in die Natur gedrängt. Spaziergänge im Muttental waren besonders begehrt. Und da lockte vor allem das Zechenhaus Herberholz zum Besuch. Denn es hat nach dem Juli-Hochwasser und einer langen Renovierungsphase endlich wieder geöffnet.

Alles wieder fast wie neu: Heinz Eberle freut sich, dass er das Zechenhaus Herberholz in Witten wieder eröffnen konnte. Die Flut wird er jedoch nicht so schnell vergessen: Er hat alle Schäden in einem Album dokumentiert.
Alles wieder fast wie neu: Heinz Eberle freut sich, dass er das Zechenhaus Herberholz in Witten wieder eröffnen konnte. Die Flut wird er jedoch nicht so schnell vergessen: Er hat alle Schäden in einem Album dokumentiert. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

„Das waren harte neun Monate. Noch mal könnten wir das nicht machen“, sagt Angelika Eberle. Am 15. Juli 2021, das Datum kennen sie noch ganz genau, wurde das Zechenhaus von großen Wassermengen überflutet. Damals hatte es gerade erst wieder geöffnet, nachdem es eineinhalb Jahre lang wegen der Pandemie geschlossen war. 80 Zentimeter hoch stand das Wasser im Haus. Glück im Unglück für die Pächter: Niemand wurde verletzt.

Wittener Pächterpaar wollte Ostern auf jeden Fall wieder öffnen

Anfang Oktober 2021: Angelika Eberle im von der Flut arg betroffenen Zechenhaus Herberholz. Sie feuert den Ofen an, damit die Räume besser trocknen.
Anfang Oktober 2021: Angelika Eberle im von der Flut arg betroffenen Zechenhaus Herberholz. Sie feuert den Ofen an, damit die Räume besser trocknen. © FUNKE Foto Services | Barbara Zabka

Als das Ehepaar, das in Bochum wohnt, am nächsten Morgen dort ankam, war zwar das Wasser abgelaufen, doch der Schaden blieb. Fußböden, Tische, Stühle, Schränke und Wände waren von Wasser und Schlamm beschädigt. Den Kopf in den Sand zu stecken, kam für den 70-jährigen Eberle nicht in Frage. „Wir haben von Anfang an gesagt, zu Ostern machen wir wieder auf.“ Karsamstag war es tatsächlich so weit.

Das Zechenhaus und die dazugehörige Bergbau-Ausstellung sind seine große Leidenschaft. Seit 2015 haben die Eberles das Grundstück gepachtet, bieten dort Ausflüglern einen Rastplatz mit Kaffee und Kuchen. Eine Ausstellung mit großen und kleinen Bergbaurelikten erzählt die Geschichte des alten Zechenhauses nach.

Wittener Zechenhaus musste vollständig entkernt werden

Einiges, etwa die alte Theke und Flözkarten von 1907 aus der Sammlung von Heinz Eberle, sind den Wassermassen zum Opfer gefallen. Auch die Brücke über den Muttentalbach ist bei dem Hochwasser unterspült worden und später eingestürzt. Ein Wiederaufbau wäre sehr teuer und ist daher vorerst nicht in Sicht, so Eberle. Dabei bräuchte er die Brücke dringend, um große Bergbaurelikte für die Ausstellung auf das Gelände zu bringen.

Anderes konnte dagegen gerettet und erneuert werden, zum Beispiel eine maßgefertigte Vitrine mit einem Bergbaumodell. Tische und Stühle hat Heinz Eberle von Hand abgeschliffen und geölt. „Die passen hier so gut rein, deshalb wollte ich sie unbedingt wieder herrichten“, sagt er.

Gäste sind im Zechenhaus Herberholz in Witten wieder willkommen. Nur die Brücke über den Muttentalbach konnte noch nicht wieder aufgebaut werden.
Gäste sind im Zechenhaus Herberholz in Witten wieder willkommen. Nur die Brücke über den Muttentalbach konnte noch nicht wieder aufgebaut werden. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Nach der Überschwemmung musste das gesamte Haus entkernt werden. „An den Wänden hat sich schon nach zwei Tagen Schimmel gebildet“, erinnert sich Heinz Eberle. Er hat den Putz abgeschlagen, das alte Laminat rausgerissen und die Elektrik neu verlegt. Bis Anfang Februar waren durchgehend Bautrocknungsgeräte im Einsatz und über den Winter brannte zusätzlich der Kachelofen, um die Feuchtigkeit aus dem Haus zu verbannen. Etwa 30.000 Euro seien insgesamt in die Renovierung des Zechenhauses geflossen, schätzt Eberle.

Wiederaufbau des Wittener Zechenhauses war nur dank Spenden möglich

Die Ausstellung im Zechenhaus Herberholz in Witten zeigt ein Stück Bergbaugeschichte.
Die Ausstellung im Zechenhaus Herberholz in Witten zeigt ein Stück Bergbaugeschichte. © FUNKE Foto Services | Bastian Haumann

Allein hätten sie das alles nicht geschafft, sind sich die Eheleute sicher. Nur mit vielen fleißigen Helfer und durch großzügige Spenden konnten sie das Zechenhaus wieder auf Vordermann bringen. Von der großen Hilfsbereitschaft ist Heinz Eberle noch immer gerührt. Die Menschen seien auf Fahrrädern vorbeigekommen und hätten Hilfe angeboten. Viele Bergleute aus den Knappenvereinen, mit denen der 70-Jährige vernetzt ist, und aus dem Arbeitskreis Witten des Fördervereins bergbauhistorischer Stätten, dem ein Teil des Grundstücks gehört, packten mit an.

Am Karsamstag feiern viele von ihnen nun gemeinsam mit den Eberles die Wiedereröffnung. Staunend betrachten die Besucher die renovierten Räume, in denen nichts mehr die Überschwemmung erahnen lässt. „Hier war alles voller Schlamm“, erinnert sich eine Frau, die beim Aufräumen geholfen hatte. „Man muss wirklich Idealist sein, um das alles so wieder aufzubauen“, sagt eine andere bewundernd.

Heinz Eberle will in Zukunft alle Erinnerungsstücke digitalisieren

Die Pächter genießen es, wieder Gäste begrüßen zu dürfen – und sind sichtlich stolz auf ihre Arbeit. „Endlich ist hier wieder Leben“, sagt Heinz Eberle. Normalerweise steht er die meiste Zeit in der Küche oder am Grill. Doch an diesem besonderen Tag begrüßt er seine Gäste persönlich und führt alle durch die renovierten Räume.

Immer am Wochenende geöffnet

Das Zechenhaus Herberholz an der Muttentalstraße 32 öffnet seine Türen samstags, sonntags und an Feiertagen zwischen 10 und 18 Uhr.

Es gibt dann frische Waffeln, selbst gebackenen Kuchen und Kaffee sowie Grillwurst. Mit dem Verkauf decken die Pächter des Hauses die Nebenkosten für den Betrieb ab.

Für die Zukunft haben die Eberles einige Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Der neue Fußboden besteht aus wasserabweisendem Vinyl, die Holzvitrinen wurden durch solche aus Blech ersetzt. „Wir hoffen, dass wir das hier noch lange machen können“, sagt Angelika Eberle. Ein großes Ziel hat sich Heinz Eberle noch gesetzt: Er will alle Bilder, Fotos und Karten digitalisieren – damit niemals mehr ein Hochwasser dieses Stück Bergbaugeschichte im Muttental zerstören kann.