Witten. Alle Schulen in Witten müssen umgebaut werden. Es braucht mehr OGS-Räume, die Aula kann zur Mensa werden. Das schlägt ein Gutachter vor.
Die gute Nachricht: Die Zahl und Größe der Wittener Schulen reichen, um auch künftig gut vor Ort unterrichten zu können. Die schlechte: Witten muss viel Geld in die Hand nehmen, damit der Schulbesuch den heutigen Anforderungen entspricht.
Das ist das Fazit des neuen Schulentwicklungsplans des Dortmunder Wissenschaftler Heinfried Habeck. Seine Prognosen geben die Marschrichtung vor, wie Schulgebäude in den nächsten Jahren aus- oder umgebaut werden müssen. In den 500 Seiten sind Ideen für jede einzelne Wittener Schule aufgelistet.
Schülerzahlen fallen nicht
Auf den letzten, im Sommer auslaufenden Schulentwicklungsplan von 2013, gehen Entscheidungen wie das Aus für die beiden Hauptschulen (Overberg und Freiligrath) zurück, auch wurde die Hardenstein-Gesamtschule infrage gestellt. Solche gravierenden Einschnitte sind im neuen Plan nicht enthalten. Allerdings diese Erkenntnis: „Fast alle Schulen müssen baulich deutlich angepasst werden.“ Eine eigene Mensa solle zum Beispiel jede Schule haben – es gibt sie bislang kaum.
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Heinfried Habeck geht von stabilen, wenn nicht gar steigenden Schülerzahlen aus. Bis zur Einschulung 2027 belegen dies die Geburtenzahlen. Zuletzt stiegen diese: von 710 Erstklässlern im Sommer 2016 zu 813 im Sommer 2022. In den Folgejahren pendeln sie zwischen 777 und 830. Trotzdem werden die Raumbedarfe steigen.
Klassenräume auch nachmittags für die OGS nutzen
Wichtigster Punkt: Ab 2026 gilt ein Rechtsanspruch auf die Nachmittagsbetreuung (OGS). Habeck geht davon aus, dass 80 Prozent aller Eltern die OGS nutzen möchten, es also deutlich mehr Betreuungsräume bräuchte. Außerdem braucht zum Beispiel eine zweizügige Schule mit acht Klassen nicht nur acht Klassenräume, sondern auch Differenzierungsräume, in den Kinder mit Behinderungen oder mit Sprachschwierigkeiten unterrichtet werden. „Das ist kein Luxus, sondern Teil einer heutigen Grundschule“, sagt Habeck. Ähnliches gilt für die Verwaltung: ein einziges Lehrerzimmer reicht nicht mehr an Schulen, an denen inzwischen auch Sonderpädagogen oder Schulbegleiter tätig sind.
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Schulentwickler Habeck schlägt als Lösung multifunktionale Räume vor. Es brauche zwar „echte“ OGS-Räume, zum Spielen, Lesen, Basteln oder Matschen. Ansonsten müssen Klassenräume doppelt, also auch nachmittags, genutzt werden. Und: Die Aula kann gleichzeitig Mensa sein. Er empfiehlt auch, auf Lärmdämmung zu setzen: „Kinder sind heute lauter als früher. Der Lehrergesundheit und der Konzentrationsfähigkeit ist das nur förderlich.“
Reihenfolge der sechs dringendsten Gebäudeumbauten
Kommen wir zu den weiterführenden Schulen. Sie reichen – und zwar auch in der aktuellen Größe. Weiterhin wird es fünf Realschulklassen pro Jahrgang geben, 13 Gesamtschulklassen mit gut ausgelasteten Oberstufen und elf Klassen an den Gymnasien. Wobei: „AMG und Ruhr-Gymnasien sind vierzügig geplant, können aber zur Fünfzügigkeit kippen.“ Heinfried Habeck sieht reichlichen Sanierungs- und Umbauarbeiten. Dabei hat er eine Reihenfolge der sechs dringendsten Gebäudeumbauten erstellt.
Erstens: die neue Otto-Schott-Gesamtschule, die im August 2022 eröffnet, muss ein eigenes Gebäude bekommen. Zweite Priorität habe das Albert-Martmöller-Gymnasium, das zurzeit einen neuen Fachanbau erhält. „Das heißt aber auch, dass weitergebaut werden muss.“ Dritter Punkt: Das Ruhr-Gymnasium: „Es ist in Teilen völlig desolat, die Raumaufteilung muss neu sortiert werden, etwa indem man Fachräume zusammenführt.“
Grundsatzbeschluss für Hardenstein erforderlich
Zur Hardenstein-Gesamtschule bemerkt der Experte, dass es „dringend notwendig ist, dass die Politik einen Grundsatzbeschluss fasst, ob das Gebäude saniert oder neu gebaut wird. Diese aktuelle Hängepartie ist ganz schlecht für das Kollegium.“ Weiteren Bedarf sieht Habeck im Mensabereich der Holzkamp-Gesamtschule und in der Aula der Helene-Lohmann-Realschule.
„Alles, was ich vorschlage, ist natürlich teuer“, sagt der Experte. Er möchte nicht von Bildungsausgaben sprechen, sondern von „Bildungsinvestitionen“. Schließlich: „Jedes Kind, was ordentlich ausgebildet ist, wird in Witten auch mal ein Steuerzahler.“