Witten. Am AMG in Witten wird umgebaut. Die Schule bekommt einen Fachraumtrakt als Anbau. Es gibt auch einen Abriss – und bald neue Unterrichtenformen.
Jahrelang ist eher wenig in Wittens Schulen investiert worden. Nun geschieht das aber im großen Stil. Nachdem die Hardenstein-Gesamtschule mit einem innovativen naturwissenschaftlichen Trakt punkten kann, wird das Albert-Martmöller-Gymnasium (AMG) komplett umgebaut. Vom neuen Anbau, der später Fachräume, Selbstlernzentren und sogar einen Dach-Schulgarten beherbergen wird, sieht man schon die Bodenplatte.
Für die Schüler und das Kollegium des AMG ist im Sommer, nach drei Jahren Vorbereitung, eine spannende Zeit angebrochen. Nie etwa waren die Lehrer und Lehrerinnen so sportlich! Sie müssen zwischen zwei Schulstandorten pendeln. Denn die fünften und sechsten Klassen sind während des Umbaus in die eigentlich geschlossene Overberg-Hauptschule umgezogen. Bei Schulleiter Johannes Rienäcker steht daher ein E-Scooter im Büro. Während der Hofpausen düst er damit vom Rhienischen Berg ins Oberdorf.
Für G 9 ziehen 120 zusätzliche Schüler ein
Bereits im Sommer wird das neue Gebäude fertig auf dem Schulhof stehen. Die Bauarbeiten freilich werden sich noch lange ziehen. Denn wenn, wie erhofft, nach den Herbstferien 2022 der neue Trakt in Betrieb geht, gehen die Umbauten der anderen Gebäude weiter.
Teilweise sind sie richtig marode, der beigefarbene „Neubau“ aus den 80er Jahren muss komplett abgerissen werden. Der Altbau, ein geklinkertes Gebäude aus dem Gründungsjahr des AMG 1967, ist am besten in Schuss und wird künftig der Oberstufe vorbehalten sein.
Auch das heutige Hauptgebäude muss komplett umgebaut werden, um künftig neben den 886 Schülern etwa 120 weitere beherbergen zu können. das ist der eine Jahrgang mehr, den die Rückkehr zu G 9 den Gymnasien beschert. Dazu kann man nicht aus einstigen Chemie- oder Physikräumen Klassenräumen machen. „Wir hätten dann sechs Klassenräume zu wenig, das geht nicht auf“, erklärt Johannes Rienäcker.
Ausweichquartier Overbergschule
Aus der Not wird eine Tugend. Im Konzept möchte sich das AMG vom Konzept der „Flurschule“ verabschieden. Aktuell führt ein Gang rund um das Atrium, von dem die Klassenräume abzweigen. Demnächst gibt es „Cluster“. Das heißt, jede Jahrgangsstufe hat einen eigenen Bereich, mit mehr Platz vor den Klassenräumen und sogar eigenen Toiletten. Die Cluster können über zwei Haupttreppenhäuser erschlossen werden. Der viele Platz, der aktuell durch den umlaufenden Gang verloren geht, wird aber anders genutzt.
Der Umbau des Hauptgebäudes ist aber im Gegensatz zum Anbau noch Zukunftsmusik. Denn den Umbau der Bestandsgebäude hat die Politik noch nicht beschlossen. Dabei ist es höchste Zeit. „Unser Ausweichquartier, die Overbergschule, können wir nicht ewig nutzen. Dort startet im Sommer 2022 der erste Jahrgang der neuen Otto-Schott-Gesamtschule“, sagt Rienäcker. „Dieser Schritt ist also dringend notwendig.“
Ideen des Kollegiums umgesetzt
Das AMG und die Toiletten
Das Thema Toiletten ist beim AMG unfreiwillig ein wichtiges. Schließlich ist das Wittener Gymnasium mit den „Pinkelprotokollen“ berühmt geworden: Im Sommer 2018 hat das AMG ein Chipkarten-System eingeführt, um im Falle von Vandalismus oder grober Verschmutzung auf den Schultoiletten die Schuldigen finden zu können. Das System funktionierte – und musste 2020 nach einer Empfehlung der Landesdatenschutzbeauftragten wieder eingestellt werden. Vorab hatte die Piraten-Datei Alarm geschlagen, sie fürchtete Überwachung.
Besser sind die Toiletten am AMG seitdem nicht geworden, zumal es auch weniger sind. Das Toilettengebäude auf dem Schulhof wurde für den Neubau abgerissen. Stattdessen gibt es „Klocontainer“ neben der Turnhalle. Wenn das AMG komplett saniert ist, wird es auf jeder Etage Toiletten geben, auch behindertengerechte. Das ist dann an Wittens Schulen einmalig.
Doch mit Blick auf die Baustelle für den 7,5-Millionen-Trakt, den Anbau, muss sich der Direktor meist selbst kneifen. „Wir sind total stolz und freuen uns, dass uns die Stadt Witten die Möglichkeit gegeben hat, das Gebäude selbst zu entwickeln. Da hat sich nicht irgendein Architekt ausgetobt“, sagt er. „Wir haben uns Gedanken darüber gemacht, wie wir in Zukunft unterrichten wollen. Und diese Ideen werden umgesetzt.“
In dem neuen dreistöckigen Fachraumzentrum gilt nämlich: weg vom Frontalunterricht hin zum selbstständigen Lernen. Ob in Naturwissenschaften, Musik oder Kunst: Die Schüler sollen selbst aktiv werden und selbst forschen. Dazu werden großzügige Vorräume genutzt. Diese Selbstlernzentren sind mit Tischen und Stühlen möbliert. Es wird zum Beispiel auch Vorräume für Musik mit Schallschutzkabinen und Maltische geben. Die Lehrer können ihre Schüler durch großzügige Fensterflächen beobachten. Im Fach Biologie geht der Blick dabei auf einen Dachgarten, der beackert werden darf. Genug Raum zum Träumen.