Bürgerforum kritisiert „mathematische“ Bewertung bei der Planung der Schullandschaft. Seit fast einem Jahr beschäftigen sich die Fraktionen damit.

Verwaltung und Politik arbeiten seit geraumer Zeit am Schulentwicklungsplan. Vor dem nächsten Unterausschuss, der sich damit am Dienstag beschäftigt, macht jetzt das Bürgerforum seinem Unmut Luft: „Wir sind seit fast einem Jahr damit zugange und noch kein Stück weiter.“ Die Begründung: Die Herangehensweise sei „ungeeignet“.

Das sagen die sachkundigen Bürgerinnen Andrea Stempelmann und Sabine Schmelzer, auch Ulla Weiß (Die Linke) unterstützt die beiden. Sie kritisieren, dass nicht messbare Faktoren in ein mathematisches Modell gepresst werden. Die Schulausschuss-Mitglieder sollen sechs Szenarien nach Punkten bewerten. Es geht darum, den Bereich der Sekundarstufe I neu zu gestalten. Im Mittelpunkt der Diskussion: die Hardenstein-Gesamtschule und die Frage nach Sanierung oder einem Neubau in der City.

Erst pädagogisches Konzept

„Dabei müsste man doch erst ein pädagogisches Konzept haben, bevor man sich um Standort oder Gebäude kümmert“, sagt Schmelzer. Eine Gesamtschule zu errichten, deren Konzept auf einen größeren Prozentanteil schwächerer Schüler zugeschnitten ist, weil Eltern ihre Kinder immer weniger an Hauptschulen anmelden, wünscht sich Andrea Stempelmann. Die steigenden Flüchtlingszahlen etwa seien im Plan nicht berücksichtigt. „Langes, gemeinsames Lernen“, wie es sich die Eltern in einer Befragung durch die Stadt wünschen, sei auch Ziel des Bürgerforums. Nicht verstehen können dessen Mitglieder außerdem, dass die Stadt Schüler aus anderen Kommunen nicht gern in Witten aufnehmen möchte. „Viele Schulen liegen aber an den Stadtgrenzen“, so Stempelmann. Die Hardenstein-Gesamtschule wäre deshalb ideal als „Kreisschule“ zu nutzen – ein Vorschlag, der bereits abgelehnt sei, wenn auch nicht offiziell schriftlich. Überhaupt habe man das Gefühl, nur Kämpfe auszufechten, statt gemeinsam das Optimale erreichen zu wollen.

Überrascht zeigt sich Schuldezernent Frank Schweppe von den Vorwürfen. „Wir haben uns auf diese Vorgehensweise verständigt.“ So sieht das auch Simon Nowack (CDU), dessen Fraktion zwei Szenarien bevorzugt. Tendenz: Der Standort in Herbede müsse bleiben. Birte Güting (SPD) betont: „Pädagogische Konzepte bestimmen die Schulen, wir können nur die Rahmenbedingungen liefern.“ Unsinnige Vorschläge enthalte die Tabelle, sagt dagegen Maren Terbeck von den Piraten. „Wir haben deshalb unsere eigene Bewertung gemacht.“

Kopf- statt Bauchentscheidung nötig

Die vor allem von den kleinen Fraktionen kritisierte Nutzwertanalyse sei ideal, um von Bauch- hin zu Kopfentscheidungen zu kommen – mit objektiven Sachverhalten, so Dezernent Schweppe. „Wir haben das auch bewusst abgekoppelt von der Frage, was das Ganze kostet.“ Doch die Überlegungen müssten schon realitätsbezogen sein: „Wir können nicht alle Schulen schön ausbauen“, entgegnet er dem Vorschlag des Bürgerforums, bestehende Substanz an mehreren Orten zu renovieren statt eine Schule neu zu bauen. Schweppe: „Es gibt keine Beziehung zwischen schicken Räumen und pädagogischer Arbeit.“

Das sieht Helmut Kunstmann (FDP) anders: „Moderne Konzepte sind in alten Gebäuden schwer umzusetzen, etwa wenn es um Barrierefreiheit geht.“ Das Bewertungsverfahren sei in der Tat kompliziert. „Doch wir müssen das durchziehen und eine Entscheidung treffen.“