Witten. Benny Philip Lehmann und Daniel Schütt aus Witten haben das Digitalunternehmen Ekko gegründet – und wollen die Arbeitswelt revolutionieren.
Die Arbeitswelt hat sich, beschleunigt durch die Corona-Pandemie, grundlegend gewandelt. In Witten ist jetzt ein Unternehmen gegründet worden, das komplett „remote“ arbeitet – also ortsunabhängig. Die Mitarbeiter haben keinen Schreibtisch mehr, sie brauchen ja nur PC und Online-Zugang. Die Firma „Ekko“ hat eine Software entwickelt, die Montage- und Logistikprozesse vereinfacht. Das Digitalunternehmen von Benny Philip Lehmann und Daniel Schütt ging mit zwei Millionen Euro Investorengeld an den Start. Und hat das Potenzial, die deutsche Arbeitswelt noch mehr auf den Kopf zu stellen.
Wo treffen wir uns? Ein Chefbüro gibt es bei Ekko natürlich nicht, die beiden Gründer nutzen aber oft den Co-Working-Space in der Villa Ruhrtal in Herbede. So eine „Schreibtischvermietung“ gibt es häufig im Ruhrgebiet, auch die nun zum Verkauf stehende alte Feuerwehrwache in der Wittener Innenstadt will solche Arbeitsplätze anbieten.
Gründer bereits mit zwei Ideen erfolgreich
Die beiden Gründer von Ekko sind in puncto Selbstständigkeit schon alte Hasen. Benny Philip Lehmann hat die Firma Crosscan gegründet, die bereits seit über 20 Jahren über 3D-Sensoren Besucherströme im Einzelhandel analysiert – und einen „echten“ Standort in der ehemaligen Stadtbücherei an der Ruhrstraße hat. Der 41-Jährige und Daniel Schütt kennen sich von der Uni Witten/Herdecke – und von gemeinsamen Mittagessen im Knut’s.
Der Bochumer hatte 2011 die Firma Employour mitgegründet, die mehrere Websites zum Thema Karriere und Berufsplanung betreibt, etwa „ausbildung.de“ oder „meinpraktikum.de“. 2015 verkaufte er Employour zum guten Kurs an den Medienkonzern Bertelsmann. 2020 folgte die Gründung des Start-ups „Masterplan“, das Weiterbildung über spielerische Lernvideos online anbietet.
Entwicklungspotenzial beim Mittelstand
Neugründung Ekko dagegen richtet sich an den deutschen Mittelstand. Genau dort sehen die beiden einen Riesenbedarf und Entwicklungspotenzial: „Bei der digitalen Transformation hat Deutschland viele Kompetenzen ans Ausland verloren. Etwa Social Network oder Suchmaschinen“, sagt Daniel Schütt. „Die Industriebetriebe sind der große Player in Deutschland, das ist die Chance, bedeutsame Lösungen zu entwickeln und Arbeitsplätze zu sichern.“ Dabei haben die Gründer diese Erfahrung gemacht: „Wir haben Ekko bewusst so entwickelt, dass die Software ohne ausländische Cloud-Dienstleister auskommt. Den Leuten ist es wichtig, dass ihre Daten im Besitz des Unternehmens bleiben.“ Ohne großen Aufwand könnten Betriebe mit Ekko ihre Produktionsabläufe digitalisieren.
Digitale Hilfe minimiert Fehler
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Beispiel Montage: Eine mögliche Anwendung ist für die Arbeit der Picker (früher: Kommissionierer) in Industriebetrieben bestimmt. Diese Mitarbeiter stellen Material für die Fertigung zusammen – bislang mit Handzetteln. Im Arbeitsalltag mit Ekko wählt der Mitarbeiter am Anfang des Lagers auf einem Tablet das zu fertigende Bauteil aus. Alle Regal haben an ihren Fächern Displays angebracht, die benötigten Fächer leuchten dann auf. Der Mitarbeiter trägt einen Handscanner, nach Entnahme der Teile schaltet dieser das jeweilige Fach wieder aus. Das spart nicht nur Papier, auch Zeit – denn die digitale Hilfe minimiert Fehler.
Namensfindung: So kam es zu Ekko
Digitalunternehmen benennen sich gern mit Kunstwörtern, möglichst in Englisch, damit sie international gut funktionieren. Wie kommt man also auf Ekko? Wegen ecologic (ökologisch), da die Anwendung doch Papier und damit CO2 spart?Die Antwort ist nicht ganz so hintergründig. „Ekko heißt eine Figur in dem Videospiel League of Legends“, sagt Gründer Philip Lehmann. Er sei „der Zeitbrecher“. Passt ja irgendwie.
Beispiel Logistik: Die Ekko-Plattform kann verschiedene Softwareprozesse, die auf vielen verschiedenen Maschinen laufen, zusammenführen. So muss der Mitarbeiter nicht beispielsweise acht Monitore überwachen, sondern nur auf das Ekko-Tablet schauen, wo die für ihn relevanten Informationen gebündelt angezeigt werden. „Die Arbeit in der Industrie wird immer individueller, das heißt, es gibt immer mehr Infos. Das überfordert die Leute“, erklärt Lehmann. Man kann über die Plattform per Klick Ware nachordern, einen Roboter anfordern oder mehrere Produktionsstandorte vernetzen.
Ekko in sieben Werken von BMW im Einsatz
Kurzum: Die Software bietet viele Möglichkeiten, die für den jeweiligen Betrieb angepasst werden kann. Bislang ist Ekko in sieben Werken von BMW im Einsatz, die BMW-Group und die Dräxlmaier Group sind Hauptkunden. Überzeugt hat die Anwendung schon andere: Als Start-up hatte Ekko Investoren gesucht, die die Entwicklung vorfinanzierten. Drei Jahre tüftelten Lehmann und Schütt an ihrem Konzept, einen zwei Millionen-Vorschuss erhielten sie dafür. Einer der Investoren, Peter Richarz von DvH Ventures: „Wir sehen aufgrund des großen Nachholbedarfs in der Industrie auch enormes Wachstumspotenzial für das junge Unternehmen.”