Witten. Künstler und Therapeuten wollten das leerstehende Haus Bommerholz in Witten kaufen, um dort zu leben und zu arbeiten. Ihr Traum ist geplatzt.

Es hätte ein in Witten bislang einmaliges Wohn-, Arbeits- und Lebensprojekt werden können – doch daraus wird jetzt nichts. Das seit mittlerweile sechs Jahren leerstehende Haus Bommerholz, früher Gästehaus der Technischen Universität Dortmund, wird vom Land nicht an eine „Genossenschaft in Gründung“ um den Wittener Künstler Harald Kahl verkauft.

Der Bildhauer und zehn Mitstreiterinnen und Mitstreiter wollten in Bommerholz am Waldrand ein Mehrgenerationen-Projekt verwirklichen. Aus dem idyllisch gelegenen Anwesen sollte ein Ort für Künstler und Therapeuten werden, die im Anwesen gemeinsam leben und arbeiten, ihre Ateliers, Praxen und Seminarräume betreiben. Aus der Traum. Der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB) als Eigentümer von Haus Bommerholz hat die Verhandlungen für beendet erklärt.

Gemeinschaft hatte über 600.000 Euro für das Anwesen in Witten-Bommerholz geboten

Das Haus Bommerholz war das frühere Gästehaus der TU Dortmund.
Das Haus Bommerholz war das frühere Gästehaus der TU Dortmund. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald

Im Bieterverfahren hatten die Künstler und Therapeuten das höchste Gebot abgegeben – in Höhe von über 600.000 Euro, so Kahl. Der Bau- und Liegenschaftsbetrieb hatte das Anwesen mit einem Mindestverkaufspreis von 320.000 Euro angeboten.

Doch die Kaufverhandlungen mit dem Höchstbietenden hätten nicht erfolgreich abgeschlossen werden können, sagt BLB-Sprecher Nick Westerhelweg. Daher habe man jetzt Kontakt mit dem Nächst-Höchstbietenden aufgenommen. Künstler Harald Kahl und seine Mitstreiter sind frustriert, fühlen sich vor den Kopf gestoßen.

Die Gemeinschaft hatte schon rund 25.000 Euro in ihren Lebenstraum investiert, Kosten unter anderem für einen Architekten und einen Rechtsanwalt. Die Stadt Witten habe eine Bauvoranfrage bereits positiv beschieden, so Kahl, der noch nicht glauben mag, dass all dies für die Katz gewesen sein soll.

„Genossenschaft in Gründung“ sagte Notartermin für den Kauf der Immobilie ab

Das Haus Bommerholz wurde von der Stadt vorübergehend auch als Flüchtlingsunterkunft genutzt. Das Foto zeigt den geflüchteten Vater Karim mit Tochter Klara im Juli 2016 bei einem Sommerfest im Haus.
Das Haus Bommerholz wurde von der Stadt vorübergehend auch als Flüchtlingsunterkunft genutzt. Das Foto zeigt den geflüchteten Vater Karim mit Tochter Klara im Juli 2016 bei einem Sommerfest im Haus. © FUNKE Foto Services | Jürgen Theobald (theo)

Fest steht: Das Land hat einen Rückzieher aus zwei Gründen gemacht: Zum einen hatte es erwartet, dass aus der bisherigen „Genossenschaft in Gründung“ der Kaufinteressenten eine eingetragene Genossenschaft wird. Zum anderen hatte die Gruppe um Harald Kahl den auf den 7. November 2021 festgesetzten Notartermin für den Kauf abgesagt.

Der Bildhauer erklärt, warum: Die „Genossenschaft in Gründung“ habe keine vollständige Finanzplanung aufstellen können. Dies sei die Voraussetzung für den Eintrag ins Genossenschaftsregister. Aus verlässlicher Quelle habe man erfahren, dass die Wasserrechnung im Haus Bommerholz sehr hoch ausfalle, eventuell liege dort ein Wasserschaden vor. Ob es einen solchen Schaden gibt, sei vom BLB nicht beantwortet worden.

Gesprächsbedarf sahen Kahl und seine Mitstreiter mit dem Land auch noch in anderen Punkten. So seien etwa großflächige Putzarbeiten in den Kellerräumen notwendig. Es gebe mit Asbest-Verbundmaterial umwickelte Rohre in der Dachspitze des Haupthauses, so Kahl. Außerdem weise die Gebäudefassade Risse und Abplatzungen auf. Ein Gespräch darüber habe mit dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb nicht stattgefunden. Stattdessen habe der dort zuständige Ansprechpartner per Mail Mitte Januar mitgeteilt, man sehe die Verhandlungen als gescheitert an.

Künstler wollte sein bisheriges Zuhause in Witten-Heven verkaufen

Leerstand seit Ende 2016

Haus Bommerholz wurde in den 1950er Jahren gebaut und als Schwesternheim des Roten Kreuzes genutzt. Die Stadt hat das spätere Gästehaus der TU Dortmund seit Mitte September 2015 zur Unterbringung von Flüchtlingen genutzt.

In dieser Zeit gab es auch einen nie geklärten Brandanschlag. Im November 2016 zogen die letzten Geflüchteten aus. Seither steht die Immobilie leer.

Harald Kahl (70) und seine Frau Marlies Cramer, Heilpraktikerin und Yogalehrerin, wollten mit Gleichgesinnten im Haus Bommerholz noch einmal Neues wagen und dafür auch ihr bisheriges Zuhause in Heven verkaufen, Atelier und Praxis nach Bommerholz verlegen. Dieser Traum sei jetzt geplatzt, sagt Kahl.

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Aufgeben wollen er und die Gemeinschaft der Interessierten die Sache aber noch nicht. „Wir haben das Geld für den Kauf von Haus Bommerholz und haben immer noch Interesse.“ Es bleibe abzuwarten, ob der Bieter, auf den das Land jetzt zugehe, die Immobilie überhaupt noch erwerben wolle.